Bloggertreffen deluxe (auf dem Grenzgänger)

September 17, 2019

Teil 1 unserer Grenzgänger-Wanderung.
Hier geht es zu Teil 2: Zum Sonnenaufgang auf den Hochvogel.

Selten sitze ich vor meinem Schreibprogramm und lösche immer wieder die erste Zeile. Wo bloß anfangen? Bei den tollen Leuten? Der sagenhaften Landschaft? Den wilden Wetterphänomenen? Dem völlig unerwarteten Gipfelerfolg? Oder doch ganz ulligundig bei dem sensationell guten Essen, auf der Hütte wie im Tal?

»Ihr könnt da gerne rauf, ich bleib am Vorgipfel«. Das hatte ich am Freitag mehrmals bei der Besprechung erwähnt, als ich die Gipfeloption »Schneck« vorstellte. Ich erinnere mich an das Entsetzen im Bauch, als ich das erste Mal den messerscharfen Verbindungsgrat am Schneck-Hauptgipfel gesehen hatte.
NEVER.
EVER.
DA.
DRÜBER.

Ich war überzeugt, den Grat nicht zu gehen. Diese Klarheit fühlte sich gut an. Vernünftig! Und dann tauchte im Kopf plötzlich das Teufelchen auf der Schulter auf und flüsterte: »Aber du kannst das doch!«.

Schneck Hauptgipfel mit Reitergrat Verbindungsgrat

 

Zeitsprung

Freitag Abend. Bloggertreffen. Unser Plan war, ein paar Etappen des »Grenzgängers« zu gehen. Eine Mehrtagestour, die erst letztes Jahr beschildert wurde und für die ich den Rother Wanderführer erarbeitet hatte.

Ich hatte die Tour vorgeschlagen, wohl wissend, dass sie grenzwertig anspruchsvoll war, aber andererseits eben (deshalb?) auch ein wirkliches Erlebnis. Unser Ziel war eine Umrundung samt Ersteigung des Hochvogels. Bot sich schließlich an, so lange er überhaupt noch steht.

Für die meisten der Angemeldeten genau das Richtige, denn fit waren sie alle. Erfahrungsgemäß bekommt man mit so einer Truppe dann auch etwas weniger Routinierte über die anspruchsvolleren Stellen, immerhin hatten wir eine ganze Reihe an Fachübungs-, Hochtouren- und Wanderleitern dabei.

Vollmond Strahlen Schatten Berge Silhouette

 

 


Tag 1 auf dem Grenzgänger:

Am Ende der Welt

Dank des überraschend guten Frühstücks im Hotel ging es bereits mit Verspätung los. Wir durchwanderten in purem Sonnenschein das Jochbachtal, bei dem in mir immer wieder Alaska-Feeling auftaucht. Ein breites, wildes Bachbett, Fichtenwälder drumrum, kein Mensch zu sehen. Fehlen nur noch die Bären.

Wie das Tal aussehen wird, wenn der Hochvogel auseinander bricht? Sein Fels wird sich in dieses Tal entleeren und es wohl nachhaltig umgestalten. Gefährdet ist hier – bis auf den unglücklichen Wanderer, der zu diesem Moment womöglich hier steht – niemand. Ja, wir sind tatsächlich am Ende der Welt.

Das ist kein Berg.

Erst wenn man den langen Aufstieg hinauf zum Joch geschafft hat, wird klar, dass die heimische Zivilisation doch direkt um die Ecke liegt: Die Höfats steht plötzlich zum Greifen nah vor einem und streckt ihre felsige Südostwand entgegen. Die Grate: Messerscharf. Was für ein Berg. Mein Vater würde sagen: Das ist kein Berg. Das ist die Höfats!

Nur noch zu viert

Den längsten Aufstieg hatten wir da in der Tasche. Es fehlte »nur« noch: Ein Abstieg, eine Querung, ein Aufstieg, potenziell der Schneck, dann wieder runter, rüber und hoch zum Prinz-Luitpold-Haus.

Einer von uns entschloss sich noch am Joch bei einer steilen Passage zum Umdrehen. Der Weg führte für einige Meter über abschüssigen Mergel. Es ist immer eine unschöne Situation, wenn die Gruppe zerbricht und einer alleine absteigen muss. Aber bei erwachsenen, bergerfahrenen Leuten auch irgendwo okey: Jeder ist selbst verantwortlich. Zu viert ging es weiter.

Zum Himmelecksattel

Die Beine trugen gut, wir liefen wirklich schnell. Angenehm! Wir quatschten uns zum Himmelecksattel hinauf. Plötzlich verschwanden einzelne Gipfel in Wolken. Was ist denn jetzt los?! Die Pause verschoben wir und sprangen stattdessen in Richtung Schneck Vorgipfel.

Ein weiterer Teil unserer Truppe blieb am Himmeleck zufrieden zurück, 1.500 Höhenmeter reichen manchmal einfach. Zu dritt ging es weiter, die Wolkenstimmung wurde immer genialer. Unbedenklich, einfach nur spannend.

Schneck Vorgipfel

Oben angekommen blieb nur ein kurzer Blick auf den Grat: »Äh, nö.«, dachte ich noch. Das Teufelchen auf der Schulter schaute skeptisch. »Sehn wir ja noch, ne?«.

Während ich die Höfats mitten im brodelnden Wolkenkessel fotografierte, hüpfte Dennis auf den Hauptgipfel. Im Augenwinkel sah ich ihn, es wirkte einfach und dauerte nicht lang, bis er oben stand. Was für ein Gipfel!

»Das sah nicht schwer aus«, flüsterte das Teufelchen.
»Das sah wirklich nicht so schwer aus«, bestätigte das Engelchen auf der anderen Schulter.
Hm.

Hm, hm…

Schritt für Schritt

Reitergrat Schneck Allgäu Steilgras»Ich schau mir das mal an«, sagte ich noch zu Thomas und stieg hinunter. So löst man gruselige Stellen, sagt zumindest meine Erfahrung. Zu oft steht man davor und ist im ersten Moment überzeugt: »Das kann ich nicht!«. Schaut man es sich aber erst einmal genauer an, macht einen Schritt nach dem anderen und prüft immer wieder, ob Rückweg und Kopf noch okey sind, dann haben sich bisher noch fast alle Stellen gut gelöst.  »War gar nicht so schwer!«, sagt man dann.

Auf Messers Schneide

Und ja, das erste Gras-Grat-Stück ging gut. Wirklich gut. Ein steiles Felsstück, das auf den Bildern brachial ausgesetzt und senkrecht aussieht, löste sich dank sehr guter, fester Griffe ebenfalls überraschend gut. Ausgesetzt? Ich denke schon. Ich weiß es nicht, denn Runterschauen habe ich mir inzwischen abgewöhnt.

Es folgte ein schmaler Grat, den man mit den Händen am Schopf begeht. Atmen. Ruhig Atmen. Schritt für Schritt. Ganz langsam. Die Beine zitterten. Ja, das war grenzwertig. Aber irgendwie doch noch okey, man fällt ja nicht einfach um.

Schlüsselstelle

Gipfel Schneck HauptgipfelIrgendwann muss man die Seite der Felsrippe wechseln. Für mich die Schlüsselstelle, aber irgendwie auch wieder gutmütig, weil man oben drauf sitzt. Und nein, man fällt erfahrungsgemäß eigentlich auch im Sitzen nicht einfach um.

Der Rest war dann nur noch Kür und ich krabbelte komplett euphorisch hinauf zu Dennis mit Gipfelkreuz. Whaaaat!!!! WAAAAH!!!! Ich! Am Schneck!! WHAAAAT!!!

Absolute Euphorie

Die Wolken hatten uns inzwischen noch mehr eingehüllt und schossen die senkrechten Flanken hinauf. Was für eine Stimmung. Irre! Wahnsinn!

Wir feierten für einige Minuten meinen Mutausbruch und die spannende Szenerie.

Aber es fehlte noch der Rückweg zurück auf »festen Boden«. Irgendwoher kam seltsamerweise Selbstvertrauen, dass ich das Ding auch gut wieder zurück kommen würde. Langsam. Schritt für Schritt.

Und so war es auch.

Was für Gefühle im Bauch. Adrenalin von eben. Ungläubigkeit. Ehrlicher Stolz. Dankbarkeit für den Mut, es probiert zu haben. Und eine große Portion Sprachlosigkeit.

 

Endspurt

Wir sammelten alle verbliebenen Tourenpartner wieder ein und machten erstmal Pause. Kraft tanken für den Endspurt, ein weiterer Abstieg und nochmals 300 Höhenmeter zum Prinz Luitpold Haus, wo wir am Ende 1.800 hm im Aufstieg, 1.000 im Abstieg und 17 Kilometer in den Beinen haben würden. Ja, es reichte langsam für heute.

 

Prinz Luitpold Haus, Halleluja!

Pünktlich zum Abendessen liefen wir in die voll ausgebuchte Hütte (260 Betten!) ein und erwarteten ein entsprechend gestresstes Personal. Nach der ersten Stärkung und mit abendlichen Sonnenstrahlen im Gesicht bemerkte Thomas etwas perplex: »Irgendwas stimmt hier doch nicht. Die sind ja alle voll nett?!«.

Er hatte Recht, das gesamte Personal – von der Chefin bis zum Springer – war unheimlich freundlich, effizient und in der vollen Ruhe, obwohl mitten im Abendservice immer wieder der Strom ausfiel. Noch dazu war das Essen sensationell gut und selbst für Veganer fand sich etwas auf der Hütten-Speisekarte. Sechs von fünf Sternen! Richtig gut!

 

 

Warum am nächsten Tag drei grinsende Wanderer und eine extrem grinsende Gunde zurück ins Tal zum VitaminBerge-Robert stolperten, gibt’s hier im zweiten Teil des Artikels. Nur so viel: Der Wecker klingelte früh und die Kamera lief heiß!

 

 

Hier noch einige Links zum Grenzgänger:

Der Wanderweg: Grenzgänger (sechs (mit Hochvogel sieben) Etappen zwischen Allgäu, Tannheimer Tal und Lechtal)

Meine Packliste für Hüttenwanderungen

Mit dabei waren: Robert und Dennis von abenteuersuechtig.de, Thomas von mehr-berge.de und anfangs Robert von vitaminberge.de

Werbung: Die Projektleitung des Grenzgängers übernahm unsere Übernachtungskosten, die Idee den Weg zu gehen, stammt von mir.

Unsere Unterkünfte am Grenzgänger: Prinz-Luitpold-Haus (Ausgangspunkt für den Hochvogel, erstklassiger, professioneller Service und wirklich sehr, sehr gutes Essen. Auch vegan! Hotel Alpenrose in Vorderhornbach (gutes Frühstück, nette Leute. Oft noch Zimmer verfügbar, wenn in Hinterhornbach selbst alles ausgebucht ist), Landgasthof Adler (sensationell gutes Essen!!), )

 

Das Video haben wir übrigens letztes Jahr für den Grenzgänger produziert. Er erzählt eigentlich genau die Geschichte vom Schneck wieder 😉

 

 

 

 

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