Flupp und Waaah! (Gleitschirmkurs im Allgäu)

April 8, 2018
Gleitschirmkurs im Allgäu

Spontane Geschichten sind ja häufig die besten. Sich an einem Dienstag dazu zu entscheiden, ab Mittwoch einen Gleitschirmkurs im Allgäu zu machen, fällt definitiv in diese Kategorie, sowohl was das »spontan« angeht, als auch vor allem das »das beste«. Flupp! Und los. Das Fazit? Was für eine goldrichtige Entscheidung, den Kurs zu machen! Pure Freude!

Eigentlich ist ja das Thema »Fliegen« ein fester Bestandteil des Kletterns. Bei vielen zwar eher in Form von hoher Motivation, eben diese zu vermeiden, manchmal – so wie in meinem Fall – aber auch die gezielte Herbeiführung. Wobei gezielt nicht mit »gewollt« gleichzusetzen ist und schon gar nicht mit genussvoll, denn selbst nach zwei Jahren exzessivem Sturztraining bin ich noch selten an den Punkt gelangt, an dem der Flug wirklich Spaß gemacht hat. Ganz im Gegensatz zum Meister, der kennt da ja auch bei Flügen in Schlaghaken nichts.

Fliegen? Nein Danke.

Gleitschirmkurs Allgäu, Rohrmeier Milz, Übungsgelände Hinang

Jetzt könnte man sagen: Fliegen ist nichts für mich. Dachte ich auch ziemlich lange, irgendwie kam mir die Sache, da einfach an einem Stück Tuch in der freien Luft zu hängen, suspekt vor. Beim Klettern hat man das Seil, das einem – sofern man ordentlich damit umgeht – eine ganz gute Lebensversicherung bietet. Aber in der Luft?! Ne, ich glaub ich bleib besser beim Klettern. Weniger gefährlich.

 

Gleitschirmkurs A-Schein Allgäu, Advance Gleitschirm

Aber praktisch wär’s schon!

Und dann steht man mal wieder an einem Gipfel, wahlweise an einem herrlichen Sommerabend daheim in den Allgäuer Alpen oder – noch bitterer – nach einer anstrengenden Hochtour, den stundenlangen, kniekillenden Abstieg und das noch sooo weit entfernte Bier vor Augen…  Und neben einem zieht einer seinen Schirm aus dem Rucksack, zupft hier, sortiert da und flupp: Ist weg.

Gleitschirmfliegen lernen im AllgäuGrinsen in seinem Gesicht, Grinsen in seinen Knie und noch breiteres Grinsen, wenn der Kellner ihm das Bier serviert, während wir hier oben noch so rein gar nichts zu Grinsen haben. Vielleicht also doch? Freier Fall ist ja vielleicht auch nicht gleichzusetzen mit genüsslichem Hinausgleiten in die Weite dieser ganz anderen Welt. Also… auch für uns irgendwann mal: Flupp und weg?

 

Gleitschirmkurs im Allgäu! Wir!

Flugschule Rohrmeier GleitschirmkursUnd dann kam alles, wie solche Sachen meistens passieren: Man lernt jemand kennen. Und der zeigt einem Bilder und man denkt sich: ALTER. Er schwärmt noch ein bisschen, erwähnt beiläufig, dass zufällig morgen ein Kurs beginnt und wie das eben unter Gleitschirmfliegern scheinbar so ist: Flupp, standen wir an einem sonnigen Frühlingsmorgen auf einer Wiese, hatten sowas wie Zeltplanen mit ungewöhnlich vielen Seil…, äh, Leinen in den Pfoten und lauschten den Erklärungen des Profis. Erste Erkenntnis: Die Kraft, die solch ein Stück Stoff entwickeln kann, ist irre.

Leinen sortieren im Gleitschirmkurs ©Adi Geisegger

Wir fliegen! (!!!)

Nach ein paar Einheiten Theorie dann der erste große Moment: Fliegen. Okey, nur für ein paar Augenblicke, aber hey, beide Füße weg vom Boden! Aaah! So beeindruckend, dass ich beim zweiten Mal vor lauter Faszination die Landung halb verpasste. Nochmal, nochmal! Die Flüge wurden höher, das Grinsen immer noch breiter. Die erste Kurve in der Luft, der erste gelungene Kontrollblick, die erste vollends sanfte Landung.

Fluglehrer Markus Milz erklärt wie es geht

Am Anfang noch Glücksgriffe, von Flug zu Flug dann irgendwann so ein Ansatz von Routine:

Kein Chaos mehr bei all den Leinen, keine blinden Laufaktionen, in der Hoffnung, dass der Schirm – »Kappe« nennen das die Großen, oder wollen die nur cool sein!? – schon ordentlich hochgekommen sein wird und auch ein Gefühl dafür, was man eigentlich am besten mit diesen Bremsleinen wann wie tun soll.

Fortschritt!

Gleitschirmkurs - die ersten Flüge

Wir lernten jedes Mal Neues dazu. Wurden besser. Ein intensives Glück an sich, ein ganz besonderes aber, wenn’s dem Partner ganz genauso geht. Während sich manch andere Kursteilnehmer konventionell im Stillen über die ersten Flüge freute, hüpften Team Michigunde mal wieder wild grinsend durch die Welt. Was für eine großartige Entscheidung, den Kurs zu machen!

Die dunkle Seite der Sache

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Der kommt tiefschwarz und mit fiesen Erinnerungen an Studienzeiten daher: Theorie. Prüfung. Gott sei Dank nur Multiple Choice, aber eigentlich hatte ich mir bei meiner Recht-Prüfung im Studium geschworen, nie wieder Paragraphen und Behörden auswendig zu lernen.

Übungsgelände Gleitschirm bei HinangAm Ende war’s dann aber doch auch gar nicht so schlimm und bei herrlichem Frühlingswetter wurde nicht nur die bestandene Prüfung gefeiert, sondern auch die erste absolvierte Flugeinheit auf dem Weg zum A-Schein: 15 mal waren wir die paar hundert Höhenmeter oberhalb von Hinang hinuntergesegelt, mal ruhig, mal ein bisschen wacklig und immer mit großartigem Panorama auf die Gegend, die für viele Urlaub und für uns Heimat bedeutet. Wir waren bereit für die höheren Flüge. Wäre da nicht…:

Zwangspause

Balkon Allgäu AussichtMit dieser Feier gab es aber auch gleichzeitig lange Gesichter, denn dank der Revision der Bergbahnen ist bis Anfang Mai jetzt erstmal Kurspause. Verdient für die Fluglehrer, hart für uns Schüler! Da werden wir wohl klettern gehen müssen, bis es endlich, endlich wieder heißt: »Aufziehen frei!«.

 

 

Bild 2, 5, 6, 8 sowie das Titelbild sind von © Adi Geisegger

 

Gleitschirmfliegen lernen

Welche Flugschule für einen geeignet ist, hängt ganz von der eigenen Persönlichkeit ab. Grundsätzlich kann ich nur empfehlen, nicht auf den Preis oder eine möglichst schnell erreichte Lizenz zu schauen, auch wenn das sehr verlockt. Je länger eine Ausbildung geht, desto wertvoller ist sie oft, denn dann lernt man gemeinsam mit Profis verschiedene Wettersituationen und Startplätze kennen. Wenn man nur „schnellschnell“ durchhastet, muss man das alles nach der Prüfung auf eigene Faust machen, was oft überfordert und schon auch gefährlich werden kann.  Achtet auch darauf, dass Euch der Ausbildungsleiter menschlich zusagt. Einen guten Eindruck vermitteln da vielleicht auch die Podcastfolgen, die ich mit Flugschulbesitzern immer wieder mal mache. Hier entlang.

 

 

 

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6 Comments

  • Reply Ariana April 9, 2018 at 12:10 pm

    Was für ein wunderbarer Bericht – der gleich selbst Lust darauf macht, sich in die Lüfte zu schwingen 🙂 Ich weiss noch, wie ich zu Beginn meiner Kletterzeit, dem Seil immer „Schnur“ gesagt habe (sehr zur Belustigung der anderen). Nun würde ich mit „Leinen“ wahrscheinlich vollends durcheinanderkommen 😀

    • Reply ulligunde April 10, 2018 at 8:02 am

      Guten Morgen Ariana,
      haha, das kann ich mir lebhaft vorstellen 😀 Wenn man’s aber eigentlich richtig weiß und sich einfach einen Spaß macht, sind die entsetzten Gesichter, in die man beim Wort „Schnur“ schaut, aber auch ein Spaß für sich 😉
      LG!
      Erika

  • Reply Sandra Berghammer April 10, 2018 at 9:16 pm

    ach cool! wir gehen heuer auch zu einem Schnupperkurs und dann schau ma mal weiter 😀

    • Reply ulligunde April 11, 2018 at 8:18 am

      Hi Sandra,
      genau so solls sein! Einfach mal schauen, ob’s einem überhaupt Freude bringt. Aber ich befürchte, aus dem Schnupperkurs wird auch bei Euch ziemlich schnell viel mehr 😉
      LG!
      Erika

  • Reply Jan April 18, 2018 at 4:06 pm

    Schöner Bericht und gratulation zur bestandenen Prüfung! Ab Mai geht es dann weiter bis zum A-Schein?

    Lg Jan

    • Reply ulligunde April 28, 2018 at 1:50 pm

      Hi Jan, danke danke! Wenn die nächste Prüfung dann auch noch so gut läuft, ist der A-Schein wohl bald in der Tasche… Und bis dahin hoffentlich auch die Weisheit, wie man den Wind richtig liest 😉
      LG!
      Erika

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