Alpiner Spaß (Il cuore d’oro, Arco)

März 22, 2016

Wenn es nicht der Sicherheit dient, solle man sich das Platzieren von Keilen und Friends sparen und weiterklettern. Der Satz schießt mir durch den Kopf, während ich ein paar Meter über – oder viel mehr neben – der letzten Sicherung stehe und einen eher fragwürdigen Friend aufwändig in einen Riss fummle. Aber für den Kopf hilfts. Geht scho, basst scho. Was soll das Geraffel denn auch am Gurt baumeln.

Arco wie ich es kenneArco ist ja für mich der Inbegriff für Laissez-Faire. Für Eis essen, Kaffee trinken und Pizza essen. Mit dem Sonnenaufgang aufwachen, gemeinsam mit tollen Menschen an sonnenbeschienenem Fels einfach das Leben genießen. Entspannt. Gemütlich. Alles easy. Das stimmt auch, so lange man nicht mit einer Wilden aus München loszieht.

Alles ganz entspannt

Zwei Tage Sportklettern, ein Tag eine Mehrseillänge. Sie kenne da was, war da auch schon mal. 6+, nicht schwer! Ja gut, 6+ klingt entspannt, machen wir. Und danach schön ins Café. Am Abend zuvor spickel ich noch kurz ins Topo und lese was von „alpiner Absicherung“, denke aber irgendwie nicht weiter darüber nach. Wir sind doch in Arco. Während wir am nächsten Tag zum Fels zusteigen, frage ich nochmal nach. Sie druckst rum und meint dann nur: „Ja, also alpin ist es schon„.

Scheiße.

Oder eben nicht

Da oben kommt bestimmt noch ein anderer Haken... oder...?! Nein? Nein... © Kerstin H.Ich bin angespannt, hatte irgendwie mit was anderem gerechnet. Kenne die Lady nicht, weiß nicht, was sie normalerweise für Kaliber klettert. Aber gut, erstmal rein, 6+ sollte eigentlich immer gehen. Andererseits: Wie gesagt, wir sind in Arco, da ist eine 6 gern auch mal schnell eine 7.  Am Einstieg sehe ich weit oben den ersten Haken, klettere in naiver Zuversicht los, dass sich da ganz sicher davor noch irgendwo ein Haken auftut. Nope. Alles klar, das wird ein Abenteuer! Ich freue mich über einen der drei Friends, die eher zufällig am Gurt hängen, komme nur mit Ach und Krach an den bereits verlängerten Haken ran und finde, dass UIAA 6 manchmal eben doch auch ganz schön knifflig sein kann.

Die Cuore d’oro

In einem der zahlreichen Quergänge © Kerstin H.Die Tour durch das goldene Herz ist vielen wohl ein Begriff. Wer es weiß, kann an der südseitigen Wand kurz vor Arco durchaus ein orangenes Herz erahnen in dieser teils doch etwas botanischen Wand. Die Tour führt am untersten Teil hinein und anschließend mittels multipler Quergänge oben wieder raus. Insgesamt 12 Seillängen, alles bis 6+ (oder 7-, je nach Angabe). Der Fels ist gut geputzt, insgesamt überraschend fest. Wer Keile und Friends mittlerer Größe dabei hat, findet durchaus einige Platzierungsmöglichkeiten, die ich auch gerne verwendet habe – ganz im Gegensatz zu Kerstin, der Wilden aus München.

Routinier vs. Hibbeldi

Im großen Quergang, der Schlüssellänge der Tour Cuoro d'oro in Arco im Sarcatal.Wir krabbeln Seillänge um Seillänge weiter, Kerstin völlig routiniert, ich hibbelig und aufgeregt. Super professionell, Frau Ulligunde. In einem der Quergänge entfährt mir einige Meter neben der letzten Sicherung ein ganz kurzer Fluch, weil das alles so gar nicht meinen Erwartungen entsprach. Aber Mann, eigentlich ist’s nicht so schwer. Gruseln kann man sich dennoch ganz famos.

Im Stau

An der Schlüssellänge laufen wir auf eine leicht überforderte, deutlich mehr gegruselte Seilschaft auf. Der Johnny traut sich nicht über das Dach, probiert, kehrt um, probiert nochmal, fürchtet sich ernsthaft. Darf man so jemand eigentlich anfeuern oder fühlt er sich dann unter Druck gesetzt? Irgendwann schafft er es doch, sein Kumpel folgt ihm rasch und ebenso schnell ist auch Kerstin am nächsten Stand. Mit ausgekühltem Körper zittere ich mich den Quergang rüber.

Ganz leicht botanisch.Von nun an leicht

Ein beherzter Griff in die Exe an der Schlüsselstelle, weil ich keine Lust habe, da jetzt lang rumzuhampeln und wupp, bin ich am Stand und alle schweren Seillängen hinter uns. Ich werd entspannter, kann die folgenden Seillängen deutlich mehr genießen. Ganz oben wird nochmals eine schwere folgen, aber angeblich steil, direkt nach oben, kein Quergang. Eher mein Metier. Bis dahin warten aber noch einige botanische und viele sehr botanische Seillängen, aber unter uralten Eichen sichert es sich immerhin sehr gemütlich.

Spaßkletterei

Wir reisen durch graue Platten, weiße Platten, gängige Verschneidungen – Seillängen, die ich eindeutig als pure Spaßkletterei bezeichnen würde. Und auch die zweitletzte, die steile Verschneidung, strotzt nur so vor Griffen und irgendwann bleibt nur noch eine für mich. Den Blick ins Topo spar ich mir, ich hab Hunger und es ist klar, wo der letzte Stand ist. Irgendwie hoch. Alter Schwede, schwer! Egal, genug Mimimi heute. Mit einer letzten graziösen Robbe lande ich „auf“ dem Ende dieser Felswand – alles ist flach, drum herum ist gemütlicher Wald und Sonnenschein. Ende mit senkrecht. Hach, schön dieser Moment.

Spaßiges Klettern in der Cuoro d'oro im Sarcatal.Chill mal

Der Abstieg über eine Art Via Ferrata ist überraschend schön und geht wirklich fix. Keine 30 Minuten später stehen wir am Auto. Ich bin happy – eigentlich lief es ja alles wirklich gut. Ich bin halt einfach kein Fan von Quergängen. Und kein Fan davon, mit falschen Erwartungen irgendwo einzusteigen. Andererseits ist es inspirierend zu sehen, dass mit mehr Kletterjahren sicher auch noch deutlich mehr an Routine dazukommen wird – das hat mir die Tour mit Kerstin gezeigt. Schwierigkeitsgradtechnisch sind wir auf einem ähnlichen Niveau, aber was die Ruhe und Entspanntheit angeht, sind wir noch Welten entfernt. Das ist im Grunde motivierend zu sehen, denn: Wer viel macht, wird routinierter. Und damit besser. Und ich hör jetzt auf mir nen Kopf zu machen, nach zwei Jahren im Vorstieg muss man ja nicht gleich alles haben wollen müssen können. Chill einfach mal, Gunde.

 

 

 

Mit dabei war übrigens:

Helm von Skylotec und Thermoflasche von Hydro FlaskEine Thermoflasche/Getränkeflasche von Hydro flask, die sowohl kalte Getränke über 24h wirklich kalt und warme über 6h warm halten soll. Sie ist etwas weniger voluminös als herkömmliche Thermoskannen und kommt im Design von Kleen Kanteen daher. Auch die „Nicht-Inhaltsstoffe“ sind ähnlich: alles happy, alles ohne BPA und sonstigen Kram. Leider ist die Firmenwebsite so dermaßen langsam, dass man irgendwie schwer an Informationen rankommt.

Das Gipfel Hafer-Frühstück ist leider nicht mein Ding, es tut mir so leid. Gipfel Haferl ist ein kleines Startup aus Berlin, das Bircher Müsli für Expeditionen oder alpine Unternehmungen macht. Es ist alles happy, bio und eben ganz individuell ausgesucht. Ich mag aber einfach so Milchpulverzeugs nicht, es tut mir Leid 🙁

Nach der Überraschungs-Ausrüstungs-Versorgung von SKYLOTEC kann ich nach einem ersten Wochenende mit dem Material sagen:

Exen: Exen, sowohl alpin als auch die robusten fürs Sportklettern machen einen guten Eindruck. Obwohl die einen fürs Alpine sehr klein und leicht sind, bekommt man die Seile doch ganz gut rein – das ist bei manch anderen „Kinderexen“ wie ich sie nenne, häufig nicht der Fall. Die Sportkletterexen haben ein angenehm breites Band. Was mir besonders positiv aufgefallen ist: Die Karabiner für den Borhaken sind oben relativ flach, was das Abbauen in steilen Routen deutlich vereinfacht. Gefällt mir gut.

Rundschlinge: Sie ist innen aus Dyneema (Festigkeit) und außen aus  Polyamid, was sie wohl robust bei Seilreibung (Stichwort „Hitzebeständigkeit“) machen soll. Sie ist nahtlos, was das Fädeln von so mancher Sanduhr etwas erleichtert. Zumindest im neuen Zustand ist sie auch angenehm steif, was dafür ebenfalls praktisch ist.

Seil: 9,8mm zum Sportklettern. Sehr, sehr feines Teil. Angenehm zum Klippen und sichern. Es ist allerdings eher steif, was mich dazu bewogen hat, einen Sicherheitsschlag auf den Knoten zu bauen. Sicher ist sicher.

Fancy Schraubkarabiner: Ist ein Karabiner zum Sichern, nicht für den Standplatzbau, das habe ich aber erst auf Tour festgestellt. Er hat an der Seite einen Schnapper, der a) verhindern soll, dass der Schrauber aufgeht und/oder b) der Karabiner sich nicht dreht beim Sichern. Zum Bauen von Ständen taugt er nicht so sehr, weil dieser Schnapper immer wieder runterklappt und dadurch stört. Normalerweise verwende ich den Gridlock von Black Diamond, aber den von Skylotec werde ich wohl auch mal beim Sportklettern ausprobieren.

In der vorletzten Seillänge © Kerstin H.Gurt: Angeblich gibt es laut Skylotec nur zwei Größen an Gurten, „klein“ und „groß“. Ich habe spontan „klein“ gewählt – mit Konfektionsgröße 36 finde ich das jetzt nicht sonderlich „groß“. Aber Obacht, ich passe geraaade so in die Beinschlaufen und auch an der Hüfte ist das Teil beim Reinschlupfen ziemlich am Anschlag. Nach längerem Sitzen im Gurt wird es etwas unangenehm, was meiner Meinung nach aber dieser falschen Größe geschuldet ist. Ansonsten gefällt mir schon mal, dass der Gurt hinten nur EINE Plastischnalle hat, um die Gummistrapse zwischen Hüft- und Beinschlaufen zu verbinden. Die Mädels werden wissen, weshalb das so wichtig ist. Außerdem sind die Materialschlaufen angenehm angebracht, sodass man auch sieht, was hinten hängt. Also einfach beim Kauf auf die Größe achten.

Helm: Leider nicht so mein Fall, sorry Skylotec. Ich bin einfach das Hammerteil von Black Diamond gewohnt, das so angenehm weit runter geht und auch den Hinterkopf und weite Teile der Seite schützt – das hat mir womöglich schon mal einen heftigen Unfall erspart. Darauf möchte ich nicht verzichten. Zudem finde ich die Halterungen für die Stirnlampe doch arg labbrig – wenn man da mal den Helm inkl. Lampe abnimmt, fluppt womöglich gleich die Lampe weg. Finde ich nicht so schön. Noch dazu habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass Insekten bunte Helme furchtbar spannend finden und dann häufig um den Kopf kreisen – das ist bei neutral gefärbten Helmen nicht der Fall. Ob das bei lila aber auch so ist, weiß ich nicht, bei orange ist es so.

 

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1 Comment

  • Reply Sabrina März 23, 2016 at 4:19 pm

    UI – also das klingt ja ganz nach meinem Geschmack! Quergänge! Uaaaaaaaaah. Aber Arco ist toll – obwohl wir inzwischen wohl eher wegen dem Laufen hinfahren und weniger wegen dem Klettern! Allerdings gibt es dort auch so wahnsinnig tolle Klettersteige und Pizza und Gelato essen ein Muss! 🙂

    Bis ganz bald! Weiter so!

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