Heimaturlaub: Vom Breitenberg zur Rotspitze

Juli 2, 2014

In Spanien hatten wir ja mächtig was geplant für diese Woche im Allgäu: Mal Sportklettern  mit Freunden, mal Bergsteigen gehen, mal an der Trettach klettern und vielleicht auf die Höfats… Nicht eine Sekunde dachten wir daran, dass das Wetter womöglich schlecht sein könnte. Und natürlich war es das auch zumindest die Hälfte der Zeit, aber für eine kleine (im Nachhinein vielleicht gar nicht ganz so kleine) Bergtour reichte das Wetter allemal. Über den eher unbekannten „ersten/letzten“ Teil des berühmten Hindelanger Klettersteig ging es an einem herrlichen Dienstag Vormittag vom Breithorn über die Hohen Gänge zur Rotspitze. Anders als in Spanien, vor allem anstrengender, aber ebenso schön. Das Allgäu toppt halt nix 😉

Sonntag 30 ml Regen, Montag 20. Dienstag Sonne, zumindest bis vier, danach vielleicht Schauer. An das eigentlich geplante Alpinklettern war nicht zu denken, ebenso nicht an die grasige Höfats. Aber wir wären nicht im Allgäu, wenn es nicht für jedes Wetter eine passende Tour gäbe. Ich hatte da was im Kopf und ein kurzer Blick in outdooractive.com bestätigte meinen Plan: „Die rassige Gratüberschreitung auf dem leichten Klettersteig Hohe Gänge ist eine der schönsten Touren im Allgäu und dennoch nicht überlaufen.“ stand da. Klingt gut, die machen wir.

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Die schönste im ganzen Land?

Rocktrip-6912Der Wecker klingelte für spanische Wanderverhältnisse fast schon spät, um sieben standen wir am Parkplatz. 2,50 Euro für ein Tagesticket, schon wieder was inzwischen einigermaßen Ungewohntes. Aber es muss alles seine Ordnung haben. Anfangs ging es ganz gemütlich erstmal entlang der Ostrach durch Weiden und Wälder, bevor es – überhaupt nicht gemütlich – auf breiten Schotterwegen steil nach oben ging. Schönste Tour im Allgäu? Für mich war bisher die „schönste“ im Allgäu eigentlich die Tour auf den Hochvogel über den Bäumenheimer Weg, aber inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Die Tour liegt schon viele Jahre zurück, vielleicht fände ich sie gar nicht mehr so einmalig. Da hält man natürlich dann immer gerne die Augen offen nach einer neuen „schönsten“. Um dieses Prädikat zu bekommen, müsste sich die Breitenbergroute aber doch noch etwas mausern. Und siehe da, der Weg wurde schmaler und bald richtig schön zu gehen. Nur nass war es ordentlich.

Gemütlich entlang der Drahtseile

Nach einer Stunde ließen wir den Wald unter uns und wanderten auf herrlichen Pfaden durch satt-grüne Weiden. Allgäu par excellence. Der Breitenberg, unser erster Gipfel heute, kam gerade noch rechtzeitig vor dem ersten Magenknurren und begeisterte mit einer einmaligen Aussicht. Von hier aus sollte sich ein leichter Klettersteig über den Grat bis zur Heubatspitze schlängeln. Nach unserer Faja-Tour im Ordesa-Nationalpark, wo wir ungesichert an Eisenstäben in der senkrechten Wand unterwegs waren, kann mich sowas eigentlich nicht mehr beunruhigen. Der Grat war wirklich schön zu gehen, die Geländer und Drahtseile waren nagelneu und perfekt in Schuss. Ein Klettersteigset vermisste ich nicht. Vor lauter Fotografieren brauchten wir aber doch fast so lang wie auf dem Wegweiser angegeben und standen „erst“ gegen zehn auf der Heubatspitze. Was für ein Panorama schon wieder! Die massigen Daumengipfel, das Gaißhorn, hinten sogar der schroffe Gimpel mit seinen Steilwänden. Und auf der anderen Seite die grüne Nagelfluhkette, der einmalige Ifen, der schneebedeckte Säntis… Wir habens schon schön hier.

Surfen im Geröll

Rocktrip-6975Von der Heubatspitze ging es auf einfachen Pfaden hinüber zur Rotspitze, die wie eine perfekte Pyramide über Hindelang thront. Ich war schon überraschend müde, dieses Geröllgewander schien mir anstrengender als die Kletterei in Spanien. Für den Abstieg musste aber nochmal die ganze Konzentration her, denn im Gegensatz zum bisherigen Weg waren hier keine Drahtversicherungen mehr angebracht. Trotzdem ist der Weg nie wirklich ausgesetzt und von dem her problemlos zu gehen. Stolpern kann man sich hier aber getrost trotzdem sparen. Gespart haben wir uns dann auch die endlosen Mini-Serpentinen ins Häbelesgund und wählten stattdessen das lange Geröllfeld. Surfend ging es hinab, was zwar nicht unbedingt weniger anstrengend ist, aber immerhin mal eine neue Belastung. Die größte Herausforderung wartete aber erst noch auf uns…

Kurve um Kurve um Kurve

Rocktrip-6981„Nur noch kurz runter ins Retterschwanger Tal und auf dem Forstweg gemütlich bis zum Parkplatz.“ – so dachte ich. In Wahrheit ging es gefühlt endlos erst über matschige Waldwege und anschließend – als hätten wir davon nicht schon genug gehabt – über geröllige Pfade hinab ins Tal. Dass wir die Forststraße irgendwann erreichen würden, hatte ich schon fast angefangen zu bezweifeln. Der Blick in die App (die gedruckten Allgäu-Karten sind irgendwo in den Umzugskisten…) sorgte dann noch vollends für Ernüchterung: Nicht die gedachten „paar hundert Meter“ waren es noch bis zum Auto, sondern offiziell eine ganze Stunde Fußmarsch. Eeeeineee Stuuuunde. Die Beine waren müde, die Knie taten weh, die Sonne war so hell, die Temperaturen so warm, die Schokolade schon aufgegessen und die Kamera so schwer. Und überhaupt, wer wandert schon gern auf Forstwegen durch Wälder….? Letztendlich war es natürlich keine Stunde, aber nie war ich in Spanien so demotiviert, noch vollends aus dem Tal rauszulaufen. Schwer zu sagen, was los war, aber am Ende hatten wir es geschafft und nach drei spanischen Orangen sah die Welt auch schon wieder viel besser aus. War eigentlich gar nicht so schlimm 😉

Fazit?

Sicher eine schöne Tour, wenn man die ersten und letzten Meter mal ausblendet. Es war herrlich, wieder in den Allgäuer Bergen unterwegs zu sein, wo man jeden Gipfel mit Namen kennt und zu einigen auch schon schöne Erlebnisse verbindet. Ob es eine der schönsten Touren im Allgäu ist? Die schönste (für mich) wohl nicht, dafür hat womöglich die Herausforderung gefehlt, aber empfehlenswert ist sie allemal! Ein tolles kleines Intermezzo, bevor es am Samstag in Richtung Norwegen geht.

 

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2 Comments

  • Reply Gerdi Juli 2, 2014 at 11:30 am

    Kompliment zur schönen Hoch-Tour. Und S. mit chorbubenkurzen Haaren nach 4 Monaten Pyrenäen:-) …Euer Schutzengle surfte mit im Geröllfeld, gell? Der ist euer bester Berg-Freund.

  • Reply Sabrina Juli 2, 2014 at 2:12 pm

    Hi Erika,

    klingt nach einer sehr schönen Tour! Fein! Und Deine Bilder sind halt einfach immer einfach nur schön! Freue mich schon, wenn wir dann auch mal persönlich was machen…. 🙂

    LG und gute Fahrt nach Norwegen! Sabrina

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