Hin und wieder überrasche selbst ich mich mit meiner Gutgläubigkeit. Zum Beispiel wenn ich Anfang Dezember einfach mal meine vier Lieblings-Alpin-Blogs auf ein Skitourenwochenende einlade, ohne zu bedenken, dass dabei nicht nur Österreicher auf Deutsche treffen könnten, sondern gar Salzburger auf Wiener, Diven auf Schneefräsen, Ausdauertiere auf Mainzer oder der Frau/Mann-Schnitt bei 1:6 liegen könnte. Was habe ich mir dabei gedacht!?
Als ich im Dezember die Mail an meine Favorit-Alpin-Blogs rausschickte, hätte ich niemals damit gerechnet, dass alle zusagen würden. Im Januar reservierte ich tatsächlich für insgesamt sieben Leute auf der Jamtalhütte und schloss damit das Darüber-Nachdenken ab. Verrückt dass es klappt. Aber wird schon! Drei Monate später saß ich direkt nach meinem letzten Arbeitstag im Bus auf dem Weg nach Lermoos, um mit einem der Blogger gemeinsam nach Galtür zu fahren. Während der Fahrt kamen mir recht unvermittelt drei Gedanken:
1. Moment mal. Ich kenne bisher KEINEN von den Jungs.
2. Ich bin unter den sieben Teilnehmern das einzige Mädel und Welten entfernt von deren Können.
3. Ich treffe mich gleich mit einem Typ, steige in sein Auto und fahre mit ihm in ein entlegenes Tal. Ist das nicht etwas arg naiv?
Virtuelle bekannt
So ganz unbekannt waren die Leute dann aber doch nicht. Zumindest drei der vier Blogs schreiben mehrmals im Monat von Aktionen in den Bergen – seien es Hoch-, Ski- oder Klettertouren. Beim treuen Lesen und Verfolgen der sozialen Kanäle bekommt man doch ein gewisses Bild von den Autoren. Aber stimmt es mit der Realität überein? Das herauszufinden, darauf freute ich mich zunächst am meisten. Und natürlich auf ein lässiges Wochenende in den Bergen mit erfahrenen, fitten Bergsteigern.
Als mich Christian an einem einsamen Parkplatz am Fernpass abholte, war klar: Das wird ein lustiges Wochenende. Mit ersten Ansätzen von Bauch- und Lachmuskelkater schafften wir bei herrlichem Sternenhimmel den etwas zähen, knapp dreistündigen Zustieg zur Hütte und lernten dort die anderen kennen. Eine lässige, entspannte Truppe saß da am Tisch. Wild zusammengewürfelt, aber auf einer Wellenlänge – zumindest größtenteils 😉
Jamspitzen
Am Samstag starteten wir zu einer Rundtour über die Jamspitzen – oder versuchten es zumindest. Die Sicht wurde mit jedem Höhenmeter schlechter, die Temperaturen und der Wind taten ihr übriges, sodass wir, als wir endlich an der Scharte zwischen Vorderer und Hinterer Jamspitze waren, nur noch möglichst zügig die Felle abzogen und im kompletten Blindflug über den Gletscher abfuhren. Erst einige 100 Höhenmeter weiter unten lichtete sich der Nebel und ermöglichte doch noch einige entspannte Schwünge in prächtigstem Powder. Durchgefroren und mit Blasen an den Füßen ließ ich unsere stärksten Jungs noch zum nächsten Gipfel aufbrechen und fuhr gemeinsam mit dem anderen Teil zurück zur Hütte. Das ersehnte Sonnenbad blieb leider aus, obwohl hier unten deutlich angenehmere Temperaturen herrschten als oben auf dem schroffen Dreitausender.
Ochsenkopf
Für den nächsten Tag sagte der Wetterbericht nur geringfügig besseres Wetter voraus. Für mich als Schönwetterfotograf eine denkbar demotivierende Prognose. Aber der Blick am nächsten Morgen aus dem Fenster weckte sämtliche Lebensgeister. Raus, jetzt, sofort! Die Sonne schien, der weitläufige Gletscher lag unter einem komplett blauen Himmel. Hochmotiviert gings wieder hoch – diesmal in Richtung Ochsenkopf, weil ein Teil unserer Gruppe von dort direkt zum Auto abfahren konnte. Die 1.000 Höhenmeter Aufstieg machte mächtig Spaß, im Vergleich zum Vortag hätte ich tatsächlich gerne noch einen weiteren Gipfel drangehängt. Aber auch kein Wunder, immerhin hatte ich heute keine Gletscherausrüstung im Rucksack. Die letzten 100 Höhenmeter ging es in leichter Kletterei zum höchsten Punkt – unglaublicher Traumaussicht inklusive. Wahnsinn.
Nach dem ein Teil vom Team in Richtung Wiesbadener Hütte abgefahren war, trieb uns die Vernunft zurück zur Hütte, anstatt auf einen weiteren Gipfel. Zu Recht, denn der Rückweg von der Hütte zum Auto war noch einmal mächtig zäh. Mit gut zwölf Kilo auf dem Rücken und einigen Höhenmetern in den Beinen skatet es sich halt eher schwerfällig. Aber auch das war irgendwann geschafft und so schloss sich ein insgesamt doch sehr geniales Wochenende wieder in WUs schicker Limousine.
Gut wars!
Bevor es jetzt sentimental wird: Es war ein rundum gelungenes Wochenende. Speziellen Dank an die Schneefräse fürs unermüdliche Spuren und für den Muskelkater in den Backen, an den Mann mit der GoPro, auf dessen epischen Film ich jetzt schon sehr gespannt bin, an die Diva, die tiefe Einblicke in die Ansichten eines echten Bergsteigers preisgab, an Mario fürs Lotsen im Whiteout und an den Florian, der mich gefälligst nach unserer Reise im Allgäu zum Klettern besuche.
Auf ein Neues!
PS: Welche Blogs waren dabei?
Christian von WUSA on the mountain: Sehr, sehr feiner Alpinblog, in dem es garantiert JEDE Woche eine neue Geschichte zu lesen gibt. Ob Mont Blanc Überschreitung, Großglockner, zahlreiche Bergläufe oder bald Pik Lenin – wenn man bedenkt, dass Sabrina, der zweite Teil von WUSA, erst vor drei Jahren mit dem Bergsteigen begonnen hat, sind diese Leistungen noch beeindruckender.
Casi (die Diva) von hochtourist.at: Ein sehr feiner, sehr schön gemachter Alpin-Blog mit spannenden Geschichten, tollen Bildern und immer einer gehörigen Portion Inspiration. Eigentlich sind sie zu dritt.
Florian von abenteuersuechtig.de: Zwar wegen der Homebase im Flachland nicht allzu oft in den Bergen, aber wenn, dann immer in/auf irgendwelchen Klassikern.
Mario von alpin-blog.com: Auch so einer, der jede Woche unterwegs ist. Da gibts immer was zu lesen.
10 Comments
Da wäre ich aber wirklich gerne dabei geweseN – DER Neid hat mich doch etwas zerfressen! Jetzt müssen wir einfach wieder etwas organisieren, aber dann wohl erst im kommenden Winter, wenn Du auch wieder da bist! Lg Sabrina
hallo
ich war eine Woche vorher da….hatten traumhafte Bedingungen. Das Wetter war auch etwas durchwachsen, mit Schneefall und dann wieder Sonne 🙂 Ich war sicher nicht das letzte mal in der Silvretta.
lg Reiner
Woah!
Das sind ja mal wieder phänomenalste Bilder, die du da mitgebracht hast. Bereit richtig Frohsinn, sich da durchzuklicken … 😉
Deine Bilder brauchen sich natürlich nicht zu verstecken! Bei schönem Wetter kann’s doch jede/r, Erika. Die Wolken machen die Bilder doch erst richtig gut! Und ja, die Jamtalhütte, da fing es bei mir in 2008 an.
Viele Grüße nach dem ersten Tiefschneefahrvesuch aus dem Kaunertal, Bernd
Ist das etwa dieser Schnee, von dem dieses Jahr alle geredet haben? 😉 Im Ernst: Ein bisschen neidisch bin ich Flachlandtiroler ja schon bei diesen tollen Bildern. Sieht aus, als hättet ihr mächtig Spaß gehabt.
Liebe Grüße
Axel
…das mit der Schneefräse ist gut…
Du hast den Links zu den Blog Kollegen ein „http/“ zu viel spendiert….so kriegen die ja nie traffic…
Geht doch nichts über ein Outdoor-Bloggertreffen! Tolle Aktion!
Sehr coole Aktion! Wenn auch nicht für jeden Blogger geeignet 🙂
liebe Grüsse,
Simon
[…] nahezu gleichzeitig einzutreffen. Umso besser, so konnten wir gleich gemeinsam aufsteigen, denn auch diesmal gerieten wir in die Dunkelheit. Aber mit solch einer Truppe fallen eineinhalb Stunden Zustieg […]
[…] von der Jamtalhütte im bitterkalten Nebel Richtung Jamtalspitze, bei herrlichstem Powder und Sonnenschein auf die umliegenden Dreitausender der Amberger Hütte […]