Das Wetter hier in Neuseeland ist nicht schlecht, man muss sich nur damit abfinden, dass man schnell reagieren muss und nichts planen kann.
Die letzten Tage bevor ich nach Queenstown kam, war das Wetter tatsächlich nicht schlecht – auch wenn es nie völlig sonnig war, wie es eigentlich quasi für jeden Tag aufs Neue vorhergesagt war. Trotzdem – oder vielleicht gerade wegen der tiefen Wolken -war die Tour auf den Mt. Roy bei Wanaka ja so spannend.
Am ersten Tag in Queenstown schüttete es wie aus Kübeln – aber weil es ja kein schlechtes Wetter gibt, bin ich erst einmal auf die Suche nach meinem – mal wieder – verlorenen Geldbeutel und, nachdem ich ihn in dem umwerfenen „Patagonia“-Café wieder gefunden hatte, exzessiv shoppen gegangen.
Ich hatte für den Abend kein Bett gebucht, da ich auf dem „Ben Lomond“, einem knapp 1800m hohen Berg ganz in der Nähe übernachten wollte. Der Regen wollte und wollte nicht aufhören und am Nachmittag hatte ich mich schon fast damit abgefunden, in kompletter Regenmontur zu wandern… Oder vielleicht doch lieber einfach die ganze Tour verschieben!?
Das Bauchgefühl sagte mir aus irgend einem Grund, dass es noch aufreissen würde – und es sollte Recht behalten. Um drei Uhr lichteten sich die Wolken innerhalb weniger Minuten und gaben für mich den Startschuss für die Tour. Die Regenklamotten griffbereit, machte ich mich unter ungläubigen Blicken auf in Richtung Gipfel. Die Wolken hingen tief und es zog eine Regenfront nach der anderen durch – aber bis ich eine Stunde später die Waldgrenze erreichte, hatten sich die Wolken ausgeheult, verbargen jedoch hartnäckig jeglichen Ausblick auf den Gipfel.
Ursprünglich war der Plan, wenigstens am Sattel, also etwa 1h unterhalb des Gipfels zu übernachten. Die Wolken hatten sich an den Gipfelgrat geheftet und lange haderte ich mit mir, ob es möglicherweise auf der anderen Seite sonnig sei? Aber wenn nicht und ich es riskierte in die Wolken hinein zu laufen, würde ich möglicherweise im dichten Nebel überhaupt nichts vom Sonnenuntergang sehen… Aber zelten im Nebel kann auch sehr gemütlich sein… Andererseits würde es möglicherweise direkt am Sattel zu windig sein!? Aber sonst könnte ich am nächsten Morgen noch schneller auf dem Gipfel kommen…?
Letztendlich entschied ich mich für die größere Chance auf einen schönen Sonnenauf- und -untergang und schlug mein Zelt unterhalb der immer wieder aufreissenden Wolkendecke auf – dafür an einem unschlagbar spannenden Zeltplatz. Wenige Zentimeter hinter dem letzten Hering ging es mehrere hundert Meter steil nach unten – aber die Aussicht war dementsprechend atemberaubend, wenn auch immer wieder völlig verdeckt vom kurzzeitig aufziehenden Nebel.
Während des Kochens begann es zu tröpfeln…zu regnen… zu hageln. Machte mir gar nichts, mit einer heißen Limette (statt heißer Zitrone), Limetten-Couscous und eingemummt in den warmen Schlafsack waren auch die niedrigen Temperaturen nicht schlimm.
Sich dann allerdings nach einem kleinen Nickerchen nochmals aus dem warmen Nest herauszuschälen um den Sonnenuntergang zu fotografieren, bedurfte einiger Überwindung.
Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 5.40 Uhr, damit ich den Sonnenaufgang nicht verpassen würde. Beim ersten vorsichtigen Blick aus dem Schlafsack Richtung Himmel war ich enttäuscht. Grau…
…oder… …nicht?! Moment mal, nicht grau – BLAU! Und nur wenige Höhenmeter über mir waren die Gipfel mit einer dünnen Schneeschicht überzogen. Der Sonnenaufgang bei diesem fast völlig wolkenlosen Himmel war atemberaubend und eine halbe Stunde später befand ich mich in der wärmenden Morgensonne auf dem Weg zum Ben Lomond. Mir ging während des Aufstiegs lange ein Gedanke durch den Kopf: „Mit leichtem Gepäck in der aufgehenden Sonne zu wandern, während das Zelt hell leuchtend in der Morgensonne auftaut – das ist Freiheit!!“. Ich hatte vor meiner Reise oft gesagt, dass ich nach dem perfekten Moment suche: Hier hatte ich ihn mal wieder gefunden.
Am Gipfel bildeten sich schnell wieder die ersten Wolken, was den eiskalten Aufstieg nur umso spannender machte. Der Wind bließ kräftig, die Temperaturen waren weit unter null. Dennoch war die Aussicht so atemberaubend schön, dass ich den Abstieg so lange wie möglich hinauszögerte. Erst als die Zähne bereits klapperten und ich die Kamera kaum noch still halten konnte, verließ ich diesen magischen Ort.
Um halb zehn befand ich mich bereits wieder auf dem Weg zum Zelt und wurde etwas verwirrt von den zahlreichen aufsteigenden Wanderern angeschaut. Am Zelt angekommen, genoss ich in der Wärme mein Frühstück und wurde von den wenigen Besuchern, die sich auf diesen etwas entlegenen Grat verirrten, beglückwünscht, was für einen grandiosen Platz ich da ausgewählt hätte. Ob es nicht kalt gewesen wäre heute Nacht?? Nein, eigentlich gar nicht. Ich habe sogar besser geschlafen als in so manchen Hostelnächten. Wirklich??? Wirklich!
Um pünktlich zu einer Verarbredung mit einem Schweizer in Queenstown zu kommen, kürzte ich den Abstieg um eine Stunde ab und gönnte mir die Fahrt mit der Gondel. Der Mann am Ticketschalter meinte ganz überrascht, dass er ja noch von niemandem gehört hätte, der dort oben gezeltet habe! „Crazy Europeans!“. Eine Vergünstigung gabs aber trotzdem nicht, dafür aber einen entspannten restlichen Tag mit Eiscreme und Burger direkt am See.
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