Allein mit dem Wind (Mt. Roy/Wanaka/Neuseeland)

November 16, 2010

Die Wettervorhersage für die kommenden drei Tage ist genau „so“: Regen, starker Wind, tief hängende Wolken…

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Am nächsten Morgen spielen sich spannende Szenarien über dem Lake Wanaka ab. Ich beobachte vom Frühstück aus, wie die dunklen Wolken immer wieder aufreissen, die Sonne kurz die schneebedeckten Gipfel und den sturmgepeitschten See bescheint, Regenbögen sich bilden und tief hängende Wolken zeitweise die ganze Sicht komplett rauben. Im gemütlichen Hostel, vor einer heißen Schokolade und einem erstaunlich guten Buch bin ich zu faul um zum Fotografieren vor die Türe zu gehen…

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Während des Vormittags reissen die Wolken immer mehr auf und ich entscheide mich zu einer „kleinen“ Tour. Ich lasse mich am See entlang treiben – hatte aber glaube ich schon beim ersten Schritt unterbewusst beschlossen auf den höchsten Berg der nahen Gebirgskette zu gehen: Mt. Roy bzw Mt. Alpha (knapp 1700m, ich starte auf 300m) – ich bin mir nicht sicher, welcher welcher ist, aber sie sehen so spannend aus und vom Gipfel aus könnte ich mal einen Blick „dahinter“ werfen. Bei gutem Wetter hat man angeblich freien Blick in den Mt. Aspiring-National Park inklusive dem markanten Mt. Aspiring, der auf Grund seiner Form anscheinend auch „das Matterhorn Neuseelands“ genannt wird.

Ohne Karte geht’s eine Stunde am Gebirgszug entlang. Ich entdecke einen markierten Pfad der quasi ohne Kurven den steilen Hang hinaufführt. Wohin er führt, steht nicht geschrieben – aber er führt nach oben und somit in meine Richtung.

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Ich gewinne schnell an Höhenmetern und mit jedem Schritt einen tolleren Blick über den riesigen Lake Wanaka. Während dem Aufstieg auf der losen Erde hoffe ich inständig, dass es entweder nicht anfängt zu regnen – oder ich einen anderen Weg nach unten finde. Sollte es hier richtig nass werden, verwandelt sich dieser kleine Pfad in eine gefährlich steile Schlammrutsche.

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Der Weg verliert sich bald und ich klettere über endloses Tussock-Grad einige Stunden nach oben. Anstrengende Stunden und der Gipfelgrat scheint einfach nicht näher zu kommen, dafür streifen die tiefen, regenreichen Wolken immer wieder den Hang.

Am Gipfel treffe ich einen netten Kalifornier, der – wie solle es auch anders sein – ursprünglich aus der Schweiz kommt. Seine Mutter und Großmutter wuchsen beide in Thun auf, dem Ort in deim mein Bruder wohnt. Die Welt ist so klein. Wir unterhalten uns im Nieselregen ziemlich lange und er würzt seine Reisetips immer wieder mit deutschen Worten in nettem amerikanisch-schweizerischem Akzent.

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Ursprünglich hatte ich geplant, am Gipfel eine Nacht zu verbringen. Mir rieten alle ab – es wäre viel zu windig, viel zu kalt und außerdem gäbe es dort oben nirgends einen ebenen Zeltplatz. Zu kalt? Kälter als in der tasmanischen Hütte wird’s schon nicht werden… Und dass es da oben keine ebene Stelle gibt? Mein Zelt ist wirklich klein!

Während des Aufstiegs bot sich tatsächlich kein guter Zeltplatz, aber am Gipfel – und vor allem beim Abstieg über einen anderen (richtigen) Weg eröffneten sich immer wieder herrliche Zeltplätze. Hätte ich dem Bauchgefühl und der Erfahrung doch einfach vertraut…!

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Die Wolken verschwinden immer mehr und ich entscheide mich während des Abstiegs, noch ein kleines Nickerchen im warmen Gras zu machen -vielleicht lichten sich die Wolken ja noch mehr!

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Die Sonne zeigte sich tatsächlich immer mehr, nur die höchsten Gipfel bleiben in den hartnäckigen Wolken verborgen. Inklusive dem „Matterhorn“-Mt. Aspiring. Schade, den hätte ich gerne gesehen!

Pünktlich mit der einsetzenden Dunkelheit gelange ich wieder zurück zum Hostel und merke erst als ich mich kurz aufs Bett setze, wie fertig ich eigentlich bin. Aus dem „kleinen“ Toürchen wurde eine 11h Tour – aber eine wirklich wunderschöne Tour!

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2 Comments

  • Reply eossegeltoern November 17, 2010 at 4:52 pm

    GRANDIOS, Deine Leistung, Deine Fotografien, die Gegend. <papa>

  • Reply Pure Freedom « ulligunde März 29, 2012 at 8:36 pm

    […] aufs Neue vorhergesagt war. Trotzdem – oder vielleicht gerade wegen der tiefen Wolken -war die Tour auf den Mt. Roy bei Wanaka ja so […]

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