How to: Bewegte Timelapse mit Canon 5D Mark IV von Tag zu Nacht

Januar 18, 2018
Timelapse mit Canon: Checkliste und Tutorial

Timelapse mit Canon:
Zeitraffer-Aufnahmen, speziell die „Holy-Grale“-Aufnahmen zwischen Tag und Nacht sind das undankbarste und beeindruckendste zugleich. Sie sind unverhältnismäßig aufwändig, beanspruchen unendlich viel Zeit  und bergen ebenso unendlich viele Möglichkeiten für irreparable Fehler. Damit Du zumindest nicht alle Fehler selbst machen musst, gibt es diesen Artikel.

Irgendwas ist immer

Unsere fünfwöchige Reise nach Amerika nutzte ich, um mich in das Thema weiter reinzufuchsen. Sprich: Möglichst viele Fehler zu machen, um später potenziellen Kunden gute Arbeit liefern zu können. Zeit hatten wir ja. So viel sei verraten: Das mit den Fehlern hat erstklassig funktioniert: Der Stativkopf, der sich nach drei Stunden exakt während des Sonnenuntergangs dreht. Die App, die unbemerkt kapituliert. Der zu lange Intervall, der für rasende Wolken sorgt. Der zu kurze Intervall, der wegen falscher Kopfrechnerei die Speicherkarte zu schnell füllt. Der Nachbar, der mit seinem Jeep exakt in die Kamera leuchtet… Die Liste könnte noch ewig so weitergehen.

»Das fällt bestimmt nicht auf…«

Weil die rund 5.000 Bilder nicht ganz umsonst geschossen sein sollten, habe ich dennoch einen Film daraus geschnitten, allein schon, um mich die Software LRTimelapse einzuarbeiten. Letzte Lerneinheit dabei: Den Akku zu wechseln, „weil man das doch bestimmt im Ergebnis nicht sieht“, ist naiv. Eine externe Stromversorgung ist Pflicht, die Ruckler entfernt auch kein Verkrümmungsstabilisator in After Effects mehr vernünftig.

#Fail I: „Nur kurz mal eben den Akku wechseln“…?

Ausrüstung: Timelapse mit Canon 5D Mark IV

Eins vorweg: Hier handelt es sich um keine Low-Budget-Version. Wo möglich, greife ich auf günstige Ausrüstung zurück, wo nötig aber auch auf professionelle. (Folgendes sind Affiliate-Links)

  • Canon 5D Mark IV: Habe ich mir direkt vor der Reise gekauft und ich liebe diese Kamera. Ja, sie ist schwer, aber sie halt auch einfach sensationell. Dazu aber in einem anderen Artikel mehr. (Und ja, ich habe auch eine A6500, von der ja alle so schwärmen aber nein, das ist einfach kein Vergleich.)
  • qDSLR-App: korrigiert die Belichtung schrittweise von Nacht zu Tag bzw Tag zu Nacht. Kann abseits dessen noch viel, viel mehr.
  • SYRP Genie: Seitwärtsbewegung auf Slider bzw. auf Stativ drehen. Gleichzeitig Fernauslöser.
  • SYRP Genie Mini: Drehbewegung auf Stativ. Löst Kamera aus und kann mit SYRP Genie gekoppelt werden, sodass man a) eine Seitwärtsbewegung mit b) einer Drehung kombinieren kann. Gibt’s auch noch in der Ausführung, dass zwei Genie Minis eine horizontale und getrennt eine vertikale Drehbewegung vollführen – in Kombination mit dem Syrp Genie ergibt das dann sogar drei Bewegungsachsen.
  • Neweer Slider: Weil Bewegung einfach cool ist.
  • Stabiles Stativ mit Kugelkopf: Weil Verwackeln einfach uncool ist.
  • PowerBank: Achtung, ist ab 20.000mAh nicht mehr so einfach im Flugzeug zu transportieren.
  • Externe Stromversorgung inkl Akku-Dummy: Weil Akku-Wechseln während der Aufnahme wirklich nicht geht.
  • Heizmanschette: Um Beschlagen der Linse zu vermeiden. In der Wüste (bei uns zumindest) nicht das Thema gewesen, hier im Allgäu aber unersetzbar.

Nachbearbeitung:

  • LRTimelapse:  Sorgt dafür, dass die Übergänge sanft sind und wichtige Parameter aus Lightroom  (Belichtung, Verläufe, Radialfilter, Temperatur etc.) über die gesamte Aufnahme automatisch angepasst werden. Unersetzlich für diesen Zweck.
  • AfterEffects und PremierePro

#Fail 2: Gut gedacht, schief gelaufen

 

Planung

Timelapsen bedeutet, im Vorhinein sämtliche Entscheidungen richtig zu treffen. Läuft die Aufnahme erstmal, gibt es keine Möglichkeit mehr, irgendwie einzugreifen. Für mich war also bald klar: Ich muss mindestens (!) eine Stunde vor Beginn dort sein, wenn es nur eine einfache, unbewegte Timelapse sein soll. Und selbst da überlege ich mir bereits auf der Anfahrt, was für ein Intervall es sein muss, wann der Start- und Endpunkt sein soll und in welcher Richtung Sonne, Mond und Milchstraße exakt auf/untergeht. Soll es eine aufwändige TL mit Slider und Co sein, bin ich mindestens zwei, eher drei Stunden vor Beginn dort.

Start-/Endzeit

Für meine Zeitraffer möchte ich Material haben, das noch vor Beginn der ersten Farbänderung am Himmel beginnt und erst mit vollständiger Dunkelheit endet. Dafür nutze ich die SunPositionApp, die nicht nur Infos zu Sonnen/Mondaufgang und -untergang und Beginn/Ende der astronomischen Dämmerung exakt nach beliebigem Standort beinhaltet, sondern auch den Stand aller Himmelskörper auf einer Karte darstellt. Ergänzend hilft der PeakFinder, weil der auch noch die Höhe der umliegenden Berge berücksichtigt.

Rechenbeispiel:
Die TL startet eine Stunde vor Dämmerung und stoppt frühestens eine Stunde nach deren Ende, so bleibt noch etwas Schnittmaterial. Ist der Sonnenuntergang also um 18 Uhr und die astronomische Dämmerung um 22 Uhr beendet, wird meine Timelapse spätestens um 17 Uhr starten und frühestens um 22 Uhr enden, eher 22.30 Uhr. Wenn ich das sich drehende Himmelszelt auch noch haben will, entsprechend länger. Entscheidend für »wie viel länger« ist die Länge der Sequenz, die ich am Ende benötige. Das sind mindestens 24 Bilder für eine Sekunde Film. Bei einem Intervall von 10-15 Sekunden bedeutet das: Pro Sekunde Film muss ich rund 5 Minuten zusätzlich draußen stehen bleiben.

Für eine geplante Startzeit um 17 Uhr und eine Slideraufnahme an einem Ort, den ich vorher noch nicht ganz exakt ausgecheckt habe, werde ich spätestens um 15 Uhr da sein, denn irgendwas ist immer 😉

Bewegung

Ebenfalls mit der SunPostionApp entscheide ich mich für die Blickrichtung. Wo geht die Sonne unter? Wo die Milchstraße auf? Was ist mit dem Mond? Die Abschätzung, wie schnell sich die Kamera drehen darf, damit sie die Sonne/Mond nicht aus dem Bild verliert, ist knifflig. Für den Hinterkopf gilt: Die Sonne wandert pro Stunde 15 Grad. Hier würde ich mir wünschen, dass die App von Syrp dabei einen etwas unterstützt (zu welcher Zeit ist die Kamera-Richtung wo?). Ebenfalls knifflig ist die Einschätzung, wie viel Grad die Kamera über die Gesamtzeit drehen darf, ohne dass das Video am Ende ruckelt – hier ist Vorsichtig geboten, denn dreht sich die Kamera zu schnell in einer bestimmten Zeit, ruckelt der Schwenk und die Timelapse ist unbrauchbar (siehe Video #3). Weniger ist hier mehr.

Grundsätzlich gilt:
Je kürzer der Intervall, desto schneller/weiter kann sich die Kamera drehen. Trotzdem sollte der Schwenk nicht zu ambitioniert sein. Einerseits wirkt das Ergebnis dann hektisch, auf der anderen Seite verliert sich – gerade bei ziehenden Wolken – der Wow-Effekt einer Timelapse.

Generell ist es auch sinnvoll, tendenziell eher viele Aufnahmen (kurzer Intervall) zu machen, da man so das Problem von rasenden Wolken vermindert und die TL am Ende nicht hektisch wirkt. Meist gibt den kleinsten Intervall aber ohnehin leider die Technik vor (Verschlusszeit, Speicherkapazität der Karte).

Tipp für die SYRP-App:
Die App ziert sich manchmal, sich mit dem Genie Mini zu verbinden. Oft hilft es, den Flugmodus einzuschalten. Hat man ihn von Anfang an eingeschalten und funktioniert trotzdem nichts, half es auch schon mal, ihn auszuschalten. It’s magic.

#Fail 3: Zu schneller Schwenk für die Anzahl der Bilder

Vor Ort

Aufbau

Unbedingt darauf achten, dass der Slider fest steht. Und zwar unabhängig davon, ob die Kamera am Anfang, in der Mitte oder am Ende steht.  Das erfordert Gewissenhaftigkeit, denn da kommt mit Kamera und Syrp Genie ein schwerer Turm zusammen. Sind die Schienen frei von Sand, ragt irgendwo Gras hinein?

Ist das Stativ konstruktionsbedingt (gerade Reisestative) nicht sehr stabil, unbedingt kompakt eingefahren lassen. Zum Sonnenauf- und -untergang entsteht oft Thermik, die für unruhige Bilder sorgt.

Zusätzlich zu Motion Control und Kamera kommen jetzt noch die Gimmicks: Kamera per Akku-Dummy und Case Relay an eine externe Stromversorgung hängen. Heizmanschette und Smartphone ebenfalls. Am besten Smartphone und PowerBank in lichtdichte, isolierte Taschen stecken, an die man aber während der Aufnahme noch gut rankommt, ohne Slider und Co zu berühren.

Kamera mit qDSLR-App verbinden (Flugmodus vorher einschalten, und nur WLAN, Bluethooth und Standort zulassen. Letzteres ist für die Verbindung zu den SYRP-Geräten nötig) und

Tipp für Abergläubige:
Sicherheitshalber das Smartphone nicht direkt auf die PowerBank legen. Mir ist es passiert, dass ich nach rund einer Stunde die Aufnahmen kontrollieren wollte und das Handy lag mit eingeschalteter Taschenlampe und abgeschalteter qDSLR-App auf dem Akku. Vielleicht auch nur Pech gewesen, aber seither halte ich beides getrennt.

Bildausschnitt

Vordergrund macht Bild gesund. Am besten etwas, das nicht wackelt, so etwas macht den Zeitraffer sonst schnell unruhig. Darauf achten, dass kein Display oder noch so eine kleine Lampe (z.B. vom externen Akku) die Umgebung anstrahlt. Bei längere Belichtungszeit sieht man das sofort.

Vorsicht übrigens auch mit der Stirnlampe, wenn man „nur mal schnell kontrollieren will“, ob das Bild noch passt. Sieht man alles. Ja, wirklich. Sei da gewissenhaft. Noch schlimmer sind natürlich vorbeifahrende Autos oder sonstige Lichtquellen. Im Film ergibt das ein unausstehliches Flackern, das der Timelapse die ganze Ruhe nimmt. Übrigens: Die einzelnen überbelichteten Bilder rauszulöschen, ist auch eine bescheuerte Idee 😉

#Fail 4: Flackernde Lichter

Einstellungen

Alle Kamera-Einstellungen müssen auf »manuell« stehen – ist das nicht der Fall, meckert die qDSLR-App aber ohnehin. Sprich: Iso, Belichtung und Blende manuell, ebenfalls den Weißabgleich manuell einstellen und den Autofokus aus (vorher gut fokussieren und bedenken, dass die Kamera später auf sehr geringe Blendenwerte runterregeln wird!).

Belichtungszeit:

Es macht grundsätzlich Sinn, eine möglichst lange Belichtungszeit zu wählen, denn einerseits verschwinden dadurch z.B. Fliegen und Vögel, die im Ergebnis als schwarze Flecken auftauchen. Zudem verwischen die Wolken etwas, was einen »sanfteren« Film ergibt.

Intervall:

Der kleinste mögliche Wert für den Intervall ergibt sich aus Deiner maximalen Belichtungszeit (stellt man in der App ein) plus Puffer, in dem die Daten auf die Speicherkarte geschrieben werden. Der sollte bei einer schnellen Karte mindestens eine Sekunde betragen, wenn möglich etwas mehr. Ist der Puffer zu kurz gewählt, verpasst die Kamera den nächsten Auslöser und setzt eine Runde aus. Das Ergebnis ist dann mit höchster Wahrscheinlichkeit für die Tonne.

Passen alle Einstellungen werden Display und Rückschauzeit ausgeschalten, um den Akku zu schonen und die Gegend nicht unnötig anzuleuchten.

Potenzielle Probleme mit der qDSLR-App und der 5D:

1. Man muss den LiveView in der qDSLR-App ausschalten, damit die SYRP-Geräte die Kamera auslösen können.

2. Wichtig, dass qDSLR mit der Canon 5D Mark IV funtioniert: Karte 1 ist in meinem Fall die CF-Karte. Auf der sollen meine RAW-Dateien gespeichert werden. Karte 2 ist eine SD-Karte, auf der die jpgs gespeichert werden, die an die App geschickt werden. Eigentlich sollte hier laut Entwickler Größe S genügen, allerdings funktioniert bei mir dann qDSLR nicht. Stellt man aber Größe L ein, funktionierts. Wichtig allerdings: Wiedergabe muss auf Karte 2 sein!

In der Kamera sieht das dann so aus:

Karte 1: RAW
Karte 2: JPG (Größe L)
Wiedergabe: Karte 2

#Fail 5: Besser, wenn vor der Kamera keine Leute vorbeilaufen können…

Ein paar meiner Zahlen für die qDSLR-App

(Timelapse zwischen Tag und Nacht)

Maximale Belichtungszeit:
Bis etwa 10-15 Sekunden. 10 wenn der Fokus mehr auf Sonnenuntergang liegt, 15 wenn es mir um die Sterne geht. Je kürzer, desto ruhiger wird die Timelapse, was ich persönlich mehr mag.

Minimale/Maximale Blende:
Die komplette Bandbreite, also f2.8 bis f22. Bei hochwertigen Objektiven kann man die Sonnenstrahlen von f22 schon noch verkraften (ich persönlich bin da ansonsten eher ein Fan von Mäßigung, also irgendwas zwischen 11 und 16 etwa), die Lichtstärke von 2.8 ist nötig, weil ansonsten die Belichtungszeit und damit der Intervall zu lang wird.

Maximaler ISO:
In meinem Fall meist 6400, hängt aber natürlich stark von der Kamera ab.

Intervall:
Meist 15 Sekunden bei einer Belichtungszeit von 13 Sekunden, bzw 12 Sekunden bei einer Belichtungszeit von 10 Sekunden.

Dauer:
Grundsätzlich versuche ich Sequenzen von mindestens 20 Sekunden zu erreichen, damit man ein wenig Spielraum im Schnitt hat. Mehr ist natürlich besser, aber ein bisschen Realist muss man auch noch bleiben.

Finale Checkliste für Timelapse mit Canon, qDSLR und Syrp-Geräten:

  • Wackelt der Slider an irgendeiner Stelle? Testfahrt!
  • Fährt der Slider absolut reibungslos (Sand, Gras)?
  • Ist der Stativkopf wirklich fix?

 

  • Stimmt der Bildausschnitt am Anfang UND am Ende?
  • Wann wird die Sonne wo untergehen und werde ich sie dann ganz sicher im Ausschnitt haben?
  • Könnten Menschen oder Autoscheinwerfer mir ins Bild kommen?

 

  • Funktioniert der Fernauslöser wirklich?
  • Display und die Bild-Rückschau ausgeschaltet? Und wenn nicht, leuchtet das Display der Kamera (oder etwa des Smartphones!) evtl. die Umgebung an?
  • Auto-Holy-Grale wirklich eingeschalten? Sicher?
  • Sunrise/Sunset richtig eingestellt?
  • Ist der LiveView in der App ausgeschalten/funktioniert der Intervall wirklich richtig?
  • Stimmen minimale/maximale Belichtungszeit?
  • Stimmt die eingestellte Dauer mit der gewünschten Start- und Endzeit überein? Wirklich? 😉

Stimmt das alles, stehen die Chancen gut, dass zumindest ein Teil der möglichen Fehler nicht auftreten wird. Garantie gibt’s keine, ein böses Erwachen aber durchaus schon. Die einzige Lösung ist und bleibt: Üben, üben, üben. Viel Spaß!

Letzter Tipp: Läuft die Aufnahme erstmal: FINGER WEG.

You Might Also Like

4 Comments

  • Reply Soeren Oktober 1, 2018 at 10:19 am

    Hallo Ulligunde,
    schöner Bericht, ich war vor kurzem auf den Azoren und habe dort auch mal die Timelapse funktion der 5D ausprobiert. Ich habe allerdings nur die funktion im Film Modus genutzt, einfach weil es meine ersten Versuche waren und ich nur etwas probieren wollte. Jetzt bin ich aber infiziert und will auf jeden Fall mehr rausholen. Die Ergebnisse die die Kamera selber zusammen geschnitten haben, sind für mich auf jeden Fall nicht zufriedenstellend.

    Kannst du evtl. noch erläutern was für Einstellungen du an der Kamera vornimmst?

    Danke und Grüsse
    Soeren

    • Reply ulligunde Oktober 17, 2018 at 3:31 pm

      Hi Soeren,
      welche Einstellungen genau meinst du denn?
      LG!
      Erika

  • Reply Rob Bals Februar 3, 2019 at 4:10 pm

    Hallo Erika,
    wie hast Du denn das qDSLR mit der 5DIV verbunden ? Danke, viele Grüße, Rob

    • Reply ulligunde Februar 4, 2019 at 5:44 pm

      Hi!
      Die App verbindet sich per WLAN mit der Mark IV, ich weiß gar nicht, ob es da auch eine Kabellösung gibt…
      LG!
      Erika

    Schreibe einen Kommentar zu ulligunde Cancel Reply

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.