Kraxelei im Nebel: Gaißhorn – Rauhorn – Schrecksee, Allgäuer Alpen

Juli 3, 2012

Klettern ist schön – aber weder für Fotografie noch Bloggerei wirklich ertragreich. Weil ich einfach schon lange keine schönen Bergfotos gemacht habe und der Schnee sich inzwischen zumindest so weit zurückgezogen hat, dass wenigstens ein paar anspruchsvollere Bergtouren im Allgäu wieder möglich sind, überredete ich meinen Freund zu einer Tagestour in der Heimat. Südseitig sind die Berge bis 2.000 m inzwischen machbar, was zwar nicht für den Widderstein oder das Hohe Licht reicht, aber für das Gaißhorn allemal. Dieser Gipfel wurde mir kürzlich als „schönste Tour im Allgäu“ empfohlen, was mich natürlich hellhörig werden ließ, immerhin beanspruche ich diesen Titel schon seit langem für den Bäumenheimer Weg am Hochvogel.

Unsere Route sollte uns von Hinterstein zur Willersalpe bringen und anschließend auf dem Grat bis zum Gaißhorn. Bei guten Verhältnissen würden wir noch das Rauhorn und den Schrecksee dranhängen. Der Grat ist felsig und teilweise relativ schmal, weshalb ich diese Tour nur ungern allein gemacht hätte. Mit einem angehenden Fachübungsleiter im Alpinklettern an der Seite konnte ich mich aber entspannt auf die Tour freuen.

In Hinterstein hingen die Wolken tief, für den Vormittag waren sogar leichte Regenschauer gemeldet. Wir stiegen zügig hoch, ließen die meisten Samstagswanderer schnell hinter uns und machten die ersten 1.000 Höhenmeter gut. Die letzten 300m ging es teilweise etwas ausgesetzt bis zum Gaißhorn, wobei die meisten Stellen mit Drahtseilen entschärft waren. Schöne Ausblicke gab’s dank dem dichten Nebel allerdings keine, erst während unserer Gipfelbrotzeit rissen die Wolken hin und wieder kurz auf und gaben schöne Blicke ins Tal frei. Bei Sonnenschein muss der Ausblick atemberaubend  sein! Unten der blaugrüne Vilsalpsee, rundherum markante Gipfel wie Gimpel, Hochvogel, Widderstein, Schneck, Großer Daumen…

    

Wenigstens zeigte uns eine kleine Wolkenlücke, dass der Weiterweg auf dem Grat möglich sein müsste, weshalb wir uns für die lange Route entschlossen. Nach einer kurzen Schrecksekunde, als mein Partner ein steiles Schneefeld hinuntersegelte, ging es ans Eingemachte. Luftige Stellen folgten, manche Drahtseile baumelten an ausgerissenen Haken. Naja, immerhin verhinderte der dichte Nebel die meiste Zeit die Tiefblicke, so war die Höhenangst wenigstens nicht so präsent. Die letzten Meter aufs Rauhorn waren dann wirklich unangenehm exponiert und am Gipfel war mir nicht mal mehr nach Fotografieren zumute. Der Nebel hätte sowieso alles verschluckt.

   

Der Weiterweg auf dem Grat ist im Vergleich zum nordseitigen Teil weit weniger exponiert und so gelangten wir relativ schnell zur Weggabelung, an dem sich der Pfad vom Grat mit dem Jubiläumsweg und dem Via Alpina (schon wieder einer 😉 ) vereint. Auf breiten Pfaden ging es Richtung Schrecksee, der auch jetzt noch voll mit Schnee und Eis ist. Schnell wurde klar, dass es hier bei gutem Wetter menschenreich zugehen muss, ein frisch ausgebauter, erstaunlich breiter Pfad führte hinab ins Tal – zumindest der erste Teil. Die letzten Höhenmeter war es eher ein angestrengtes Hinuntergehopse, große lose Steine auf dem Weg machten jeden Schritt zum Balanceakt, besonders bei unserem Abstiegstempo. Wir verschmähten den Linienbus, der uns die letzte Stunde Hatsch erspart hätte und spazierten inzwischen bei Sonnenschein zurück zu unserem kleinen Golf.

  

Die Kletterei auf dem Grat hat wirklich Spaß gemacht, bei gutem Wetter könnte man die Wanderung noch um den Ponten (Aufstieg von Hinterstein auf die Zipfelsalpe, insgesamt dann 2.000hm und ca. 23km) ergänzen um eine ordentliche Tour zusammenzubekommen. Das Prädikat „schönste Tour im Allgäu“ bleibt meiner Meinung nach aber weiterhin beim Hochvogel, mitsamt seiner grandiosen Kletterei, der fordernden Länge der Tour und natürlich mit dem grandiosen Tief- und Ausblick.

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4 Comments

  • Reply Mama Juli 3, 2012 at 2:16 pm

    Sport ist, wenn man trotzdem lacht…(wenn man’s bei schlechtem Wetter macht)
    Kompliment, ihr zwei „Gemsen“…eure Kommilitonen schmoren im Tal über Examensvorbereitung und Bachelorarbeit, und ihr beiden fordert jeden Muskel zum Klettern und Aufsteigen und …Abrutschen…Mit viel Sauerstoff im Hirn geht’s jetzt munter voran Richtung Prüfung (S.) und Abgabe Bachelor (E.) Viel Erfolg und keinen Aufschub. Schöne Reportage, tolle Fotos. Die Mama

  • Reply Testbericht: Ultra Distance Trekkingstöcke (Black Diamond) « ulligunde Juli 29, 2012 at 5:26 pm

    […] steht noch aus: Brechen die nicht total schnell? Jain. Ich persönlich habe mich während einer längeren Tour im Allgäu wirklich bemüht, sie voll zu belasten – so gut das mit meinen 60kg halt geht. Sie hielten alles […]

  • Reply Ein atemberaubendes Panorama: Kleiner und Großer Daumen « ulligunde August 3, 2012 at 2:30 pm

    […] diese (ihre) Tour noch schöner wäre. Da ich ja offen für Neues bin, bestieg ich deshalb das Gaishorn/Gaißhorn/Geishorn, war nochmal auf dem Iseler (naja, fast) und machte vergangengen Mittwoch an einem völlig […]

  • Reply Von Oberstdorf nach Tannheim (Via Alpina, Jubiläumsweg, Adlerweg, Saalfelder Höhenweg) « ulligunde Oktober 8, 2012 at 6:57 pm

    […] Schneck und Co. schlugen wir den Weg zur Landsberger Hütte ein und hatten ab nun ständig das Gaiß- und Rauhorn im Blick. Der Weg zog sich, führte immer wieder bergab, nur um kurz später wieder bergauf zu […]

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