Einmal Selbstvertrauen, bitte. Danke! (XC-Seminar Paragliding Academy)

Juli 12, 2020

Wenn man eigentlich seinen Streckenschirm wieder verkaufen wollte und am Ende mit gutem Gefühl im Liegegurtzeug fliegt: XC-Seminar im Allgäu mit Chris Geist von der Paragliding Academy.

Gerät man in so manche Blasen, scheint es völlig normal zu sein, wenige Monate nach seinem A-Schein zumindest mal mit Liegergurtzeug zu fliegen. Und High-B-Schirm. Mindestens. Thermikfliegen? Nett, aber Strecke, Baby! Gedanken, ob ein Start womöglich kritisch sein könnte, macht man sich nicht und sonst war’s halt »little bumpy«. Aber vor allem ja #saugeil.

Und man selbst sitzt vor der Wetterprognose und fragt sich, ob »thermisch« nicht vielleicht zu viel sein könnte. Und es ist ja auch noch Frühjahr. Und abends gibt’s vielleicht Gewitter…! Naja, egal, dann lieber doch nicht. Ist ja nur ein Hobby, soll doch Spaß machen!

Fest steht aber: Dieser Brainfu** beim Wettercheck macht kein Spaß. Aufgeben also und einfach mit den ja sowieso wunderbaren Sonnenaufgangs-Flügen zufrieden sein? Oder doch mutig sein, Neues lernen und der ganzen Sache nochmal eine Chance geben?

Auf der Suche nach positiven Erfahrungen

»Es braucht einfach den richtigen Rahmen, um noch einmal in Ruhe in das Streckenfliegen einzutauchen«, so meine Vermutung. Abseits von scheinbar angstbefreiten Typen, die keine Zweifel zeigen und gemeinsam mit jemand, der sich auskennt. Und zwar nicht nur ein Kumpel, der einen »mal mitnimmt« und bei dem man immer latent ein schlechtes Gewissen hat, weil man ihm womöglich gerade einen wertvollen Streckenflugtag versaut, sondern einfach jemand, der das berufsmäßig und mit Erfahrung am Funkgerät macht.

XC-Seminar im Allgäu

Als die Allgäuer Flugschule Paragliding Academy kürzlich noch einen Platz für ein XC-Seminar im Allgäu frei hatte, nahm ich es einfach als Zeichen. Eine Woche lang die Flugentscheidung outsourcen und in Begleitung Erfahrungen sammeln. Ob ich meinen Thermikschirm danach immer noch verkaufen will oder ob ich doch noch Feuer für diese Art des Fliegens fange: Egal. Einfach mal schauen, was passiert.

Feuer!

Und was ist passiert?
Sechs Tage fliegen, das ist passiert! Talsprünge realisiert, an die ich bisher noch nicht mal gedacht hatte. Die gesamte Nagelfluhkette abgeritten, inklusive Rückflug zum Auto am Hochgrat. Mehrfaches Ausgraben von ein paar Meter über Grund bis hinauf zurück zur wachsamen Seele im Himmel: Fluglehrer auf dieser Reise war nämlich niemand Geringeres als der Chef persönlich.

Und auch wenn Chris Geist gefühlt immer etwa 3.000 Meter über uns war und uns von dort wahlweise mit aufmunternden (»Gib noch nicht auf, das schaffst du!!«) oder eher Geist-lich fröhlichen Worten (»Wo bleibt ihr denn, ihr Schnecken!!«) per Funk versorgte, hat dieser kleine, gut gelaunte Punkt am Himmel scheinbar gereicht, sämtliche Bedenken über Bord zu werfen und plötzlich Flüge zu realisieren, an die ich inzwischen schon längst nicht mehr geglaubt hatte. 

Dankbar

Mal wieder in diesem Sommer bin ich bis in die Haarspitzen dankbar für all die kleinen Wunder, die zur Zeit geschehen. Für all die Erlebnisse und Begegnungen, die Angst und Bedenken durch Selbstvertrauen und Wissen tauschen. Die Vermutung, dass es in meinem Fall nur eine Ladung positiver Erfahrungen in einem leistungsbefreiten, positiven Umfeld brauchte, war goldrichtig. Die Wahl der Paragliding Academy offensichtlich ebenso.

Die Crux ist nun sicher nur noch, dieses Selbstvertrauen mit in den eigenen Flug-Alltag zu nehmen. Am besten inklusive der guten Laune, die Chris Geist scheinbar flatrate-mäßig gebucht hat.

XC-Seminar im Allgäu bei der Paragliding Academy

Voraussetzungen: Selbstständiges Starten und Landen – auch abseits der offiziellen Landeplätze. Thermikerfahrung.

Für wen? Zu zweit teilten sich Chris Geist und Gleitschirm-Urgestein Fredegar Tommek die Gruppe und konnte sich so sowohl um ambitionierte(re) Piloten kümmern als auch jene, die es langsam angingen.

Die Fluggebiete wurden so ausgewählt, dass jeder in die Luft kam – auch jene, die noch nicht ganz so sicher bei starkem Wind waren. Überhaupt wurde sehr rücksichtsvoll auf jeden einzelnen Teilnehmer geachtet und das, obwohl der teils sehr starke Wind und die derzeit geschlossene Nebelhorn-Bahn die Gebietswahl sicher nicht einfach machte. Am Ende kamen wir trotz rot leuchtender Windprognose an fast allen Tagen in verschiedensten Fluggebieten wunderbar in die Luft.

Learnings?

Keine Magie: Chris Geist geht an Themen wie Wetter und Thermiktechnik angenehm pragmatisch ran. Keine Magie, sondern primär einfach Erfahrung und Vor-Ort-Schauen. »Thermikfliegen ist 80% Gefühl und 20% Technik«, sagt er. Das mag für Theoriefans womöglich etwas ernüchternd sein, entspricht aber dem, was ich in letzter Zeit auch immer häufiger merke: Fliegen lernt man durchs Fliegen. Und die Flugentscheidung fällt am Startplatz, nicht am heimischen PC.

Starttechnik: Schönes Add-On war die Groundhandling-Session bei starkem Wind. Da war definitiv für jeden einzelnen Teilnehmer etwas Neues dabei. Die Videoanalyse aller Starts war auch noch ein Ding, das man als Freiflieger selten bekommt. Sehr cool!

Be happy: Auch wenn gerade das Streckenfliegen zum Vergleich einlädt, geht es am Ende vor allem mal um eine gute Landung und eine gute Zeit in der Luft. Es ist ein Hobby – es soll Freude bringen. Abgesehen vom effizienten Kreisen und der pragmatischen Herangehensweise kann man sich vom Flugschulchef Chris Geist vor allem also noch eine ganz andere, große Scheibe abschneiden: Mit guter Laune durchs Leben hüpfen. Stay positive, ihr Schnecken!

Hier geht’s zur Seminar-Ausschreibung der Paragliding Academy.

 

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