„Gesimsweg der Superlative“ ,„einzigartig“, „absolute Traumtour“, „berauschende Ausblicke“ … Allein die Einleitung im Wanderführer zu dieser Tour liest sich ziemlich spektakulär – andererseits klingt die Anforderungsliste wirklich abschreckend –da steht was von luftig, ausgesetzt, Querung im vertikalen Fels, enger Kamin… Und das, wo ich’s doch mit der Höhe nicht so habe. Aber bisher haben wir noch alles geschafft. Und was in einem Rother Wanderführer drin steht, kann doch nicht so schlimm sein. …oder doch?
Um die Felsen zu sehen, durch die der Weg verläuft, muss man vom Parkplatz den Kopf schon arg in den Nacken legen. Deutlich über 1.000 Meter weiter oben sieht man ganz klein die steilen Wände durch die scheinbar diese „Faja“, also ein Gesimsband im sonst vertikalen Fels, verläuft. Insgeheim hoffte ich schon beim Raufschauen, dass es nicht die ganz da oben sein würden – so weit oben! Das wird ja richtig anstrengend! Und vor allem schrecklich ausgesetzt!
Die Planung
Die Wettervorhersage für den nächsten Tag war mittelprächtig – Sonne bis zwölf, danach 75 prozentige Gewitterwahrscheinlichkeit. Zu dieser Uhrzeit mussten wir ganz klar sämtliche Gefahrenstellen hinter uns haben. Wecker also auf fünf, Start um sechs. Frühstück 900 Höhenmeter später auf dem unglaublich imposanten Felszacken „Tozal de Mallo“, der von unten völlig unbezwingbar aussieht. Danach auf die Faja und ganz am Ende der Tour dann noch die ominöse „Querung durch vertikalen Fels“. Und wenn alles gut geht, sind wir um eins wieder unten. So zumindest der Plan.
Im Schlaf den Berg hinauf
Die ersten 600 Höhenmeter gingen angenehm durch dichten Wald – genau das Richtige, um ganz gemächlich aufzuwachen. Als wir langsam die Baumgrenze erreichten, eröffnete sich aber schon der Blick auf einen abwehrenden Felskessel, durch den scheinbar ein einigermaßen leichter Weg durchgehen soll. Sah nicht so aus, aber die im Führer werden schon wissen, was sie schreiben! Und tatsächlich, der Aufstieg ging ganz gut – leichte Kletterei wechselte sich ab mit luftigen Querbändern. Der Tozal de Mallo, der von unten noch nach anspruchsvoller Kletterei aussah, verlor seine Wirkung mit jedem Höhenmeter – gerade als die ersten Sonnenstrahlen den Felszahn erreichten, legten wir das letzte Mal Hand an den Fels an und konnten oben auf einem Grasband ganz unkompliziert rüberqueren. Das ging ja schon mal gut! Und der Ausblick von hier war definitiv auch schon die ganze Mühe wert – absolut (ABSOLUT) beeindruckend!
Die Zeit im Nacken
Wir frühstückten kurz und machten uns bald wieder auf den Weg. Zwar war es gerade mal acht Uhr, aber wir wussten um die Gewittergefahr und wollten hier lieber keine Zeit verlieren. Der Einstieg zur Faja war schnell gefunden – und schon eröffnete sich uns eine neue Überraschung: Das Gesimsband war zwar nicht breit, aber unerwartet einfach zu gehen. Man musste nur aufpassen, dass einen die atemberaubende Aussicht nicht umhaut, das hätte fatale Folgen. Staunend spazierten wir inmitten dieser vertikalen Felswand, mussten immer wieder stehenbleiben, weil ich mit dem Fotografieren gar nicht mehr nachkam. Was für eine Aus-, Tief- und Fernsicht!!
Gemütlich durch vertikalen Fels
Nach gut einer Stunde sahen wir bereits unser nächstes Ziel: Ein idyllisches Hochtal mit einem breiten Gebirgsbach, der sich über zahllose Stufen hinab zum Felsabbruch schlängelte – und dort gut 400 Höhenmeter in die Tiefe stürzte. Und auch hier wieder der ungläubige Gedanke: Und da soll ein Wanderweg hinunterführen?! Dank einiger Steinmännchen, einer geschickten Wegführung und einigen hilfreichen Schneefeldern (surfen macht mehr Spaß als absteigen) gelangten wir aber ohne größere Probleme in das malerische Hochtal. Eigentlich ein idealer Ort für eine weitere Rast, aber inzwischen hatten sich schon erste dunkle Wolken gebildet und womöglich stand uns das anspruchsvollste Stück noch bevor. Also weiter und lieber nach dieser Stelle Pause machen. Die Querung und das dazugehörige Bild im Wanderführer hatte mir schon etwas Respekt eingeflößt.
Einfach gut festhalten?
Am Felsabbruch, wo der Bach in einem lauten Wasserfall nach unten rauschte, ging auch der Weg wieder enorm steil hinab. Und dann sah man sie, die Querung. Mit Stahlstiften entschärft, dazu noch ein lockeres Stahlseil. Und darunter: Viel Luft. Sehr viel Luft. Okay, geht schon. Einfach gut festhalten! Mehr als wohl nötig, krallte ich mich an die kleinen Stahlstifte. Aber was dann folgte, war im Führer nur mit einem kleinen Nebensatz erwähnt. Wahrscheinlich weil der steile Kamin im Sommer trockenen, griffigen Fels aufweist. In unserem Fall war es leider eher ein Bach. Yeah. Die wenigen Stahlstifte brachten nur wenig Erleichterung – klettern im nassen Fels war also angesagt. Ohne Sicherung. Unangenehm ausgesetzt. Genau mein Ding! Naja, auch dieser Teil ging vorbei und das ist ja alles gutes Training…
Perfekte Zeitplanung
Die letzten 800 Höhenmeter waren jedenfalls dann nur noch Kür und nach einem angenehmen Abstiegs-Trailrun erreichten wir Punkt ein Uhr unseren Freddy. Über uns zogen sich die Wolken zusammen, zwei Stunden später schüttete es wie aus Kübeln. Da lagen wir aber bereits entspannt in unserem Dachzelt und holten den Schlaf vom Morgen nach. Und träumten wohl beide von den absolut großartigen Aus- und Tiefblicken des heutigen Tages. Eine geniale Tour!
4 Comments
Wenn man genau hinschaut…. sieht man den Schatten des Flügelschlags eurer 2 Schutzengel. Denen wurde es schwindelig dabei. Gott Schütze euch, ihr 2 Bergfexe.
WOW, eine Wahsinns Tour. Da wird mir ja am PC schon Schwindelig. Denke aber, das Ihr diese Tour nicht so schnell vergessen werdet. Super tolle Bilder.
VG Thomas
Wunderschöne Bilder! Ward ihr ohne Sicherung unterwegs? Und würdest du die Rute auch für Menschen ohne Klettersteigerfahrung empfehlen?
Hallo Stefanie,
wir waren damals ohne Sicherung unterwegs, womöglich hatten wir ein sehr kurzes Seil für den Abstieg dabei. In der Faja selbst gibt es keine Möglichkeit zu sichern, es ist allerdings für jemanden, der nicht gerade große Höhenangst hat, auch nicht nötig, da es ein breiter Wanderweg ist. Im Abstieg warten allerdings ein paar luftige Kletterpassagen, die zwar durch (sehr weit entfernte) Stahlstifte entschärft wurden, aber wohl fast immer nass sind. Ob ein Klettersteigset dort überhaupt einsetzbar ist, weiß ich nicht mehr.
Viele Grüße!
Erika