Der zweite Tag auf unserer Grenzgänger-Tour führte uns vom Prinz-Luitpold-Haus zum Sonnenaufgang auf den Hochvogel. Hier geht’s zum ersten Tag, an dem wir uns am Schneck Hauptgipfel von Hinterhornbach aus versuchten.
Tag 2 auf dem Grenzgänger:
Hochvogel zum Sonnenaufgang
Der Gedanke war schon am Vortag aufgetaucht. Vier fähige, routinierte Berggeher. Und eigentlich ja schon so »nah« am Gipfel! Da müsste man eigentlich… Ja, da müsste man eigentlich zum Sonnenaufgang auf den Hochvogel steigen. Die Idee wurde ohne ein einziges Murren sofort aufgenommen und so stiefelten wir morgens um fünf im Schein des Vollmonds in Richtung Kreuzspitze.
Schon wieder so eine irre Stimmung. Die kleinen Lichtkegel der Tourenpartner mitten im Fels, dahinter das erste zarte Orange am Horizont, unten die heimelig beleuchtete Hütte, in der alles noch schlief. Wir kamen super voran, die Kletterei machte offensichtlich niemandem etwas aus. Freude machte sich im Herzen breit.
Poah!
Eine Stunde später: »Woaaaaaah, kraaass!« hörte ich Dennis von oben. Wenig später Thomas: »Wooooooow«. Robert, nochmals einige Augenblicke später: »Haaaammeeer!«. Ich schloss auf, war gespannt, was sie gesehen hatten. Alle standen in einer schmalen Scharte, der Wind pfiff hindurch. Der Blick fiel hinunter ins Schwarzwassertal, hinaus in ein Meer aus Gipfeln und direkt darüber auf einen orange glühenden Horizont.
Es geht los, dachte ich im Stillen. Dieses Spektakel des Sonnenaufgangs, das kein Photoshop so schön nachmachen kann, denn es sind die echten Farben der Natur. Nicht übertrieben an irgendwelchen Reglern gezogen, sondern real. Unsere Natur ist einfach einmalig! Wir blieben stehen. Staunten. Und folgten dann den Stahlseilen hinüber zum Kalten Winkel.
Aufstieg zum Hochvogel
Im »Schatten« ging es weiter hinauf, nach und nach färbte sich der Himmel hinter uns violett. Die Gipfel begannen zu Glühen, der Vollmond leuchtete darüber in absoluter Ruhe. Wir waren allein unterwegs, die Natur erwachte, der Wind begleitete uns auf dem Weg hinauf.
Oben am Grat dann dieser Moment, wenn man das erste Mal in die Sonne blickt, die Wärme der Strahlen im Gesicht spürt… Und einen gleichzeitig nur noch wenige Meter vom Gipfelkreuz trennen. Was für ein Moment. Schon wieder. Einfach unfassbar schön.
Gipfelfreude
Wir blieben lang, genossen ausgiebig. Wussten aber auch, was nun folgen würde: Ein langer Abstieg. 1.700 Höhenmeter, um genau zu sein. Grausig. Jeder von uns zögerte.
Irgendwann machte es keinen Sinn mehr zu warten. Wir stiegen hinab und blickten in respektvolle Gesichter: »Da seid ihr aber früh aufgestanden!« bemerkten einige.
Langer Weg zurück
Über die letzten Reste des ewigen Schneefeld ging es hinunter in das endlose Geröllmeer unterhalb der Nordwand des Hochvogels. Lange, wackliges Queren, erste Müdigkeit vom frühen Aufstehen. Wieder Aufsteigen zum Fuchsensattel, endlich mal wieder die Sonne im Gesicht. Warm war es bereits, erste Thermikwinde strichen behutsam die Hänge hinauf.
Wieder steil hunter, rüber, dort wieder hoch. Puh. Hier warteten noch immer knapp 1.000 Höhenmeter bis ins Tal. Ach, Abstiege sind einfach Saubären.
Oh, look what I just found in my backpack!
Und dann kam, worauf ich hoffte, es aber nur kurz beim Loslaufen einmal ausgesprochen hatte. Wofür ich damals meine Lizenz gemacht hatte und auch heute diese Gunst des Sports am meisten schätze: Ich zupfte meinen Gleitschirm aus dem Rucksack. Legte aus, entschuldigte mich noch ein weiteres Mal bei meinen Freunden, machte drei Schritte und flog einfach davon.
Ja, das ist definitiv die Seite, die ich am Gleitschirm am allermeisten schätze: Aufsteigen, ohne absteigen zu müssen. Die Schönheit der Natur genießen zu können, ohne jedes Mal schmerzende Knie zu kassieren.
Voller Dankbarkeit landete ich wenige Minuten später im Tal. Lachte laut auf, freute mich, dass dieser geheime Plan so perfekt aufging.
Pure Dankbarkeit.
Pure Freude.
Und ja, die erste Runde im Tal ging auf mich.
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Hier noch das Video, das wir letztes Jahr für den GRENZGÄNGER produziert haben:
Und hier noch einige Links:
Blogartikel: Zu Tag 1 unserer Wanderung
Der Wanderweg: Grenzgänger (sechs, bzw. sieben Etappen zwischen Allgäu, Tannheimer Tal und Lechtal)
Meine Packliste für Hüttenwanderungen
Mit dabei waren: Robert und Dennis von abenteuersuechtig.de, Thomas von mehr-berge.de und anfangs Robert von vitaminberge.de
Werbung: Die Projektleitung des Grenzgängers übernahm unsere Übernachtungskosten, jegliche Berichterstattung ist jedoch freiwillig.
Unterkünfte am Grenzgänger: Hotel Alpenrose in Vorderhornbach (gutes Frühstück, oft noch Zimmer verfügbar, wenn in Hinterhornbach selbst alles ausgebucht ist), Landgasthof Adler (sensationell gutes Essen!!), Prinz-Luitpold-Haus (Ausgangspunkt für den Hochvogel, erstklassiger, professioneller Service und wirklich sehr, sehr gutes Essen. Auch vegan!)
4 Comments
Erika!
Also ehrlich, schon wieder diese schrecklichen Rechtschreibfehler: Das heißt „Boah“ :-)! Da tut man sich schon schwer, weiterzulesen :-).
Hab’s trotzdem gemacht. Sooo schön, ist wie ein kleiner Urlaubsausflug am Bildschirm 🙂
Oder mit den Worten meiner 4-jährigen Tochter: „Haste ordentlich geschreibt.“
VG,
Christian
Hi Christian,
spricht man „Boah“ mit entsprechender Begeisterung laut aus, wird daraus „Poah“. Manchmal fast schon ein „Pffooooaaah!“ Ganz eindeutig! 🙂
LG!
Erika
Mir kribbeln schon die Beine – deine Artikel und Bilder machen definitiv Lust, den Grenzgänger-Weg selbst per pedes zu erleben!
Hi Claudia,
mit der entsprechenden Trittsicherheit und Kondition ist das definitiv eine richtig coole Hüttentour-Empfehlung. Gerade die anspruchsvollen Passagen machen ja oft den Reiz aus!
Liebe Grüße!
Erika