Eine ulligundsche Zusammenfassung fürs Rissklettern in Indian Creek/Moab – inklusive Informationen zum Camping, Einkaufen, Unternehmungen an Pausetagen, Ausrüstung und beste Jahreszeit. Holt Euch nen Kaffee, der Artikel ist laaang!
Die Bewertungsskala im Kletterführer Indian Creek (siehe Absatz »Kletterführer«) kennt insgesamt drei Sterne, wobei die Beschreibung für die zwei Sterne-Kategorie schon alles über die Qualität dieses Risskletter-Epizentrums sagt: »**: Good to excellent – most of the routes at the Creek fall into this catergory. Usually btter than the best cracks somewhere else«. Rissklettern in Indian Creek ist (zumindest nachdem man die ersten zwei Watschen-Wochen überstanden hat) schlichtweg brutal gut.
Schmerzhaft, ungewohnt, genial!
Rissklettern ist ein wenig wie Eisklettern – betrachtet man es objektiv, ist es ein ziemlicher Murks. Während man beim Eisklettern den ganzen (sonnigen) Tag im Schatten, im Kalten und im Nassen verbringt, stopft man beim Rissklettern alle erdenklichen Körperteile in Felsspalte, verdreht sie dann so lange bis sie sich wortwörtlich verkeilen. Tritte oder Reibung gibt’s im roten Sandstein Utahs kaum, es stecken also zusätzlich auch noch die Füße verdreht im Riss. Klingt schmerzhaft? Ist es auch!
Allein schon durch diese – für uns Europäer meist ungewohnte – Kletterei ist jede Route ein kleines Abenteuer. Garniert wird der Spaß mit der Abstinenz von Bohrhaken – abgesichert wird selbst, was in den parallelen Rissen perfekt möglich ist. Vorausgesetzt, man reist mit vielen – sehr vielen – Friends an.
Die ersten Versuche sind egal für wen meist wirklich frustrierend, man beginnt wieder komplett als Anfänger. Hat man den Dreh erstmal raus, macht es einfach nur noch süchtig.
Die besten Routen für den Anfang
Ein vielversprechender Faktor, auf den man bei der Suche nach anfängertauglichen Rissen achten sollte, ist neben dem Schwierigkeitsgrad die Angabe zu den Friends im Kletterführer (siehe unten, Kapitel »Kletterführer«). Das sind natürlich Richtwerte, geben aber einen guten Eindruck von der Breite des Risses.
Was liegt wem?
Muss man nur noch wissen, was einem persönlich „leicht“ fällt: Mit schmalen Frauenhänden liegen einem meist Routen zwischen #1er und #2er Cam (rot und gelb), eventuell noch #3 (blau, große Hände) oder #0.75 (grün, sehr kleine Hände). Ist etwas Größeres nötig, kommt man in den seltsam zu kletternden Bereich des Offwidth, wird es schmaler, ist es erstmal schwer, weil die Hand nur noch bis zu den Knöcheln reinpassen (die sogenannte A*lochgröße).
Interessant wird es dann erst wieder in Richtung #.03, #0.2, weil dann die Fingerspitzen gut reinpassen und sich gut verdrehen lassen (Niemand hat gesagt, dass das nicht gruselig ist). Für den Anfang sind Hand- und Faustklemmer am einfachsten, um erstmal ein Gefühl für das alles zu bekommen.
Die meisten dieser leichten (5.8, 5,9 etwa) Kletterrouten in Indian Creek haben keinen Namen, aber Sektoren mit meiner Meinung nach schönen (und eher kurzen) leichten Routen sind u.a.:
- Supercrack Buttress (chronisch überlaufen)
- Donnelly Canyon (u.a. Binou’s Crack!!)
- Power Wall (oft einsam, kurze Routen)
Meine persönlichen Risskletter-Highlights für schmale Hände im Bereich von ca. 5.10:
- Railroad Tracks (kurz, aber hübsch) | 5.10- | Battle of the Bulge
- The Cave Route (ideal für kleine Hände und sehr pittoresk in einer kleinen „Höhle“. Bild rechts) | 5.10+ | Battle of the Bulge
- Scarface (perfekt für schmale Hände! Die Männer werden’s hassen 😉 ) | 5.11- | Scarface Wall
- Three Strikes You’re Out (perfekte Rissverschneidung. Ausdauer!) | 5.11 | Battle of the Bulge
- Power Play (Piazen an sehr schmalem Riss, eher kurz) | 5.11 | Power Wall
- Coyne Crack (leichter für kleine Hände, aber „leicht“ bleibt relativ) | 5.11+ | Supercrack Buttress
- Digital Readout (sehr kurz, sehr fies, je kleiner die Fingerspitzen, desto besser!) | 5.12 | Battle of the Bulge
Es gibt natürlich noch eine Zillion andere Touren, aber diese kann ich empfehlen 🙂
Indian Creek Reiseführer
Und hier nun noch einige Tipps zum Leben abseits des Kletterns in Indian Creek: Wann ist Indian Creek am besten, wo ihr Euren Nachschub an Friends kauft, wo ihr auf einen Kaffee vorbeischauen solltet, wo es Duschen gibt und natürlich, was man sonst noch so am Pausetag anstellen kann:
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Wetter / Saison fürs Klettern in Indian Creek
Generell kann das ganze Jahr über geklettert werden, wobei Frühling und Herbst am angenehmsten ist. Wir waren Ende Oktober dort und hatten einige Tage, an denen wir lieber im Schatten klettern gingen und andere, in denen nachts das Wasser gefroren war. Daunenjacke ist allein für die kalten Nächte (Wüste!) obligatorisch.
Frühling: Gut, aber eventuell windig.
Sommer: Sehr heiß. Die meisten Wände in Indian Creek sind südseitig!
Herbst: Gut, obwohl der Oktober laut Statistik der nasseste Monat ist)
Winter: Kalt, vor allem natürlich nachts.
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Ausrüstung fürs Rissklettern
Kletterführer
Es gibt derzeit zwei reine Gebietsführer über das Rissklettern im Indian Creek. Einen von Karl Kelley und einen von David Bloom. Letzterer ist älter (2013) und beschreibt daher weniger Routen, hat dafür aber Richtwerte für die Anzahl benötigter Cams. Der von Kelley hat dafür Fototopos, deckt mehr Routen ab und ist von 2018.
Absicherung
Einfach gesagt: so viele Cams wie möglich! Speziell die langen, homogenen Risse erfordern oft viele Klemmgeräte der gleichen Größe. Insbesondere natürlich jene Größen, die einem liegen, sollten möglichst zahlreich vorhanden sein. Es macht zudem Sinn, sich vorher seine Cams so zu pimpen, dass man sie auch noch rausbekommt, wenn sie sich reingefressen haben.
Konkret: Von den Lieblingsgrößen sind vier Cams ein guter Richtwert, von den anderen sollten mindestens zwei, eher drei im Gepäck sein. Das ist eine individuelle Erfahrung, wir hatten am Ende von #1 ganze sechs Stück, was einem Angsthasen wie mir sehr recht war. Keile kommen wegen der parallen Risse und des weichen Gesteins nicht zum Einsatz.
Schuhe
Es bieten sich Schuhe mit Schnürung an, weil sich der Klettverschluss sonst manchmal etwas löst. Stört aber nur manchmal. Wichtig ist eher, einen einigermaßen gemütlichen Schuh mitzunehmen, Vorspannung bringt einem nichts (es gibt keine Tritte) und tut nur beim Verdrehen noch zusätzlich weh. Wer es ganz genau haben möchte, könnte über Kletterschuhe mit höherem Schaft nachdenken, um die Knöchel zu schonen. Sieht man aber selbst dort eher selten. Notfalls hilft es, die Hose an den Knöchel zu tapen 😉
Kneepad
Kann man mitnehmen, macht aber vor allem beim Offwidth-Klettern Sinn und wer das im Sinn hat, wird diesen Artikel hier nicht brauchen.
Handschuhe
Wer nicht einige Rollen Tape verbrauchen möchte, kann über Risskletterhandschuhe nachdenken. Sie machen wegen der Polsterung und dem zusätzlichen Grip (auf dem Handrücken ist Schuhsohlengummi verbaut) vieles sehr viel leichter (weniger Schmerzen, mehr Halt, weniger Müll, schnell an/ausgezogen), entsprechen aber natürlich nicht den Vorstellungen der Traditionalisten.
Helm
Wie immer beim Tradklettern ist der Helm obligatorisch!
Anreise
Von Deutschland aus machen die Zielflughäfen San Fransisco (gut zu verbinden mit einem Besuch im Yosemite Valley), Denver oder Las Vegas (gut zu verbinden mit Zion) an. Wir sind damals nach San Fransisco geflogen und weiter übers Valley (ggf. Lake Tahoe oder High Sierra) nach Indian Creek und Zion National Park gereist und von Las Vegas wieder heim. Wer keinen Stress haben möchte, legt beim Hinflug einige Taler drauf und bucht sich einen Direktflug, damit fällt der Stress mit »Einreise« vs. »Anschlussflug verpassen« weg.
Brauche ich für die USA ein Visum oder ESTA? Ein ESTA. Das gilt zwei Jahre, ist kostenpflichtig und muss vor der Reise beantragt werden – am besten mit großzügigem zeitlichen Vorlauf, denn ohne Visum gibt’s keine Einreise. Wer beim Ausfüllen des Esta Formular Fragen hat, unsicher ist oder es sehr eilig hat, kann bei den einschlägigen E-Visum-Plattformen das ESTA online beantragen. Die Agenturen prüfen zunächst die Angaben und bemühen sich um eine Lieferung des Visums innerhalb von 24 Stunden.
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Camping in Indian Creek
Es gibt keine Hostels oder andere Unterkünfte im gesamten Indian Creek, geschlafen wird auf einfachen, unbewirtschafteten Campingplätzen ohne fließend Wasser, ohne Internet und ohne Strom, dafür mit gepflegten Toilettenhäuschen, Tischgarnituren und herrlichem Ambiente. Wasser muss selbst mitgebracht werden, ebenso wie Feuerholz, Kocher und die gesamte Verpflegung. Bezahlt wird bar und im Voraus direkt vor Ort in fest installierte Kassen. Wildcampen ist verboten, was allein schon wegen der sensiblen Wüstenvegetation beachtet werden sollte.
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Die nächste Stadt: Moab
Wasser, Gas, Reinbenzin: gibt es beim Gearheads gleich zu Beginn von Moab.
Dusche, WLAN, Strom: Das Hostel »Lazy Lizzard« ist gemütlich, alternativ und offen für Kletterer: Hier gibt’s für ein paar Taler Nachschub an Sauberkeit, Internet und Strom.
Kaffee: Unbedingt das Café »Moab Garage« besuchen und am besten einmal quer durchs Angebot futtern: Nitrogen-Kaffee, selbstgemachtes Eis, Street Taco, Donuts… Internet, selbstgemachte Souvenirs und sensationöses Ambiente gibt’s oben drauf.
Burger: Milts! Ein kleiner Burgerladen, wie er typischer für die USA nicht sein könnte.
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Ideen für Pausetage
South Six Shooter
Eine tagesfüllende Unternehmung für all jene, die mal Abwechslung brauchen: Der South Six Shooter ist einer der zwei turmartigen Gipfel, die schon von Weitem gut erkennbar sind. Im Gegensatz zu seinem Nachbarn (North Six Shooter) ist der South Six Shooter allerdings recht einfach zu erklettern, das größere Problem ist da wohl eher der Zustieg: Wer nicht gerade einen Allradwagen besitzt, den erwartet ein mehrstündiger Marsch zum eigentlichen Parkplatz, anschließend dann der Aufstieg zum Einstieg und dort dann eine verwinkelte, spaßige, sehr leichte Kraxelei in offiziell drei Seillängen. Einzig die letzten zwei Meter zum Gipfel brauchen etwas Mut, denn mit der letzten, etwas windigen Sicherung an den Füßen muss ein wackliger Mantle gewagt werden. Ich hab’s im Vorstieg geschafft, so schwer ist’s also nicht 😉 Am Rucksack ist man dann mit einem Mal Abseilen – das offenbart die Dimensionen, von denen wir hier sprechen 😉
Bildergalerie:
Arches National Park
Die Nationalparks in den USA sind ein zuverlässiger Garant für permanent runtergeklappte Kinnladen. Der Arches National Park ist da keine Ausnahme. Verrückte Felsbrücken und Türme, die aller Gravitationslogik widersprechen. Ein Besuch ist es Wert, auch wenn man es nach dem drölzfigsten Torbogen dann auch irgendwann gesehen hat.
Dead Horse Point
Die Geschichte dieser kleinen Felszunge »Dead Horse Point« ist traurig, der Ausblick hinunter auf den Canyonlands National Park und dem gewundenen Colorado River dafür wirklich atemberaubend. Ganz nach amerikanischer Manier kann man mit der Stoßstange bis an die Aussichtsplattform fahren, die vor allem zum Sonnenuntergang traumhaft schön ist. Viel mehr kann man dort oben allerdings nicht machen. Eine Idee wäre eventuell, mit dem (E-)Bike von Moab aus hochzufahren. Dann wird es eine tagesfüllende Unternehmung, auch wenn die Fahrt jetzt nicht unendlich spannend ist.
Canyonlands National Park
Für einen schönen Sundowner lohnt sich auch mal die Fahrt bis zum Ende der Indian-Creek-Straße in Richtung Coloardo River. Die Natur hat dort wieder eine ganz neue Charakteristik und einige Tafeln erklären schön, wie diese Landschaft geformt wurde.
Auf dem Weg nach Vegas
Für die meisten Kletterer führt der Weiterweg nach dem Aufenthalt im Indian Creek entweder in Richtung Yosemite Valley / San Fransisco oder in Richtung Las Vegas. Letzteres war unser Flughafen für den Heimflug, deshalb hier noch ein netter Wandertipp entlang dieser Reiseroute:
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Grand Staircase Escalante National Monument
Wer noch nicht genug von verrückt geformten Steinen hat, der sollte dem Grand Staircase Escalante einen Besuch abstatten. Im Gegensatz zum beschaulichen Arches NP geht es hier allerdings deutlich rühriger zu – für uns Grund genug gleich zu unserem Nächsten Ziel weiterzuziehen:
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Wanderung:
Zebra Slot Canyon und Tunnel Slot Canyon
Im Gegensatz zu den berühmten Slot Canyons (Litle Wild Horse, etwa 4h entfernt von Moab, Peekaboo, Spooky, Kanarra Creek, alle im vagen Bereich des Zebra Slot Canyons) ist man bei der Wanderung zum Zebra Slot Canyon (Link führt zur Tourenbeschreibung) ganz für sich allein. Die vielen Vorsichtsschilder mahnen, genügend Wasser und am besten einen GPX-Track dabei zu haben, die Orientierung wäre so ganz ohne Vorbereitung gar nicht so einfach.
Zebra Slot Canyon
Bei uns stand im Zebra Slot Canyon das Wasser, weshalb wir kurzerhand an dessen Seite über leichtes Gelände hinaufkletterten und von oben reinschauten. Das (Reinschauen) ging mittelmäßig. Weiter ging’s frei Schnauze zum Tunnel Canyon, über den wir wieder zurück zum Parkplatz kommen wollten.
.Verrückte Steine: Moqui Marbles
Auf dem Weg dorthin fanden wir uns plötzlich auf einem Plateau mit unzähligen kugelrunden Felsmurmeln – die Moqui-Marbles, die man vor lauter Staunen ewig begutachten könnte. Was für verrückte Gebilde! Mitnehmen darf man sie nicht, also nur gucken. Ganz viel gucken, denn finden wird man die wohl so schnell nicht nochmal: Die gibt’s nämlich nahezu nur dort.
Tunnel Slot Canyon
Den Tunnel Canyon findet man mit etwas Gespür hingegen recht schnell, wobei sich bei der Durchquerung des Slots entweder Mut oder Können bezahlt macht: Wer zu wenig Können, dafür genügend Mut mitbringt, kann durch das brackige Wasser waten. Hat funktioniert, aber vielleicht haben die Wasserschlangen auch nur gerade Siesta gemacht.
Wer’s kann stemmt sich besser zwischen den beiden rutschigen Felswänden vorwärts und kommt bestenfalls trockenen Fußes auf der anderen Seite an. Dort geht die gestreifte Felslandschaft weiter, bis man bald wieder auf den Pfad vom Hinweg trifft.
Eine schöne Unternehmung, die die riss-geschundenen Körperteile bestens schont.
Noch Fragen? Hinterlasst mir einfach einen Kommentar!
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