Wie soll man etwas in Worte fassen, das rundum perfekt war?
Allein in einer Tour, in der vor dem vielen Verkehr gewarnt wurde. An einem strahlenden Sonnentag mit Aussicht, wie selbst der Südtirolnerd sie schon lange nicht mehr erlebt hat. Rundum perfekte Verhältnisse, kein Wind, nicht zu kalt, Eis an den richtigen Stellen, wenig und fester Schnee im Zustieg. Und dann auch noch als erste Gully-Tour souverän in Wechselführung. Besser geht’s einfach nicht!
Immer wieder Simon Gietl
Silvester. Der Freund warf eine wirklich wilde Tour in den Felbertauern in den Ring, ich suchte ziemlich hochtourig nach einer leichteren Alternative. Mal wieder war es Facebook, das letztendlich die Idee brachte. Ein Gully, erst vor wenigen Wochen von Simon Gietl erstbegangen, sollte angeblich nicht schwerer als WI4 werden, trotzdem acht Seillängen haben und noch dazu auf einem aussichtsreichem Plateau enden. Als ein „klingt auch gut“ vom Meister kam, war es mal wieder im Kopf. Dieses ambivalente Gefühl zwischen „Scheiße, da musst du vorsteigen!“ und „Geil, da kann ich vorsteigen!!!“.
Achtung, oberer Teil vereist
Südtirol also. Mal wieder. Der Routine von letztem Jahr folgend gab es einen Tag für ihn in seinem neuen Mixed-Projekt und einen für mich. Oder kann ich gar inzwischen sagen: „Für uns beide?“. Silvester verschliefen wir jedenfalls, der Wecker klingelte zu einer nahezu würdigen Uhrzeit: 5.15 Uhr. Tee mit Müsli, Zähneputzen, Stirnlampe an.
Um sechs gings los, um sieben zogen wir das erste Mal die Steigeisen an. Nicht etwa für den Gully, sondern für den komplett zugefrorenen Weg. Eine dicker Eispanzer überdeckte die gesamte Aufstiegsrinne. Das Warnschild im Tal „Oberer Teil vereist“ kam mir irgendwie untertrieben vor.
Hatsch, schnauf, staun
Im gedankenverlorenen Trott ging’s weiter, die Dämmerung brachte vorsichtig Licht ins malerische Mittagstal, die ersten Sonnenstrahlen ließen die Spitzen orange leuchten. Photoshop könnte es nicht besser. Diesen Anblick wird man einfach niemals müde…
Glück muss Gunde haben!
Um halb neun standen wir am Einstieg und wieder war ich es, die sich die Eisschrauben schnappte. In mir wieder nur Vorfreude, keine Angst. Wo ist sie nur hin? Nicht so flink wie er, aber immerhin souverän ging’s über den ersten Aufschwung. Der Zufall schenkte dem Meister eine etwas knifflige Felspassage, mir in der darauffolgenden wieder herrliches Eis.
Wie die Großen!
Viel hauen musste man in diesem ausgepickelten Gully zwar nicht, aber doch war da ein gutes Gefühl der Einschätzung bei jedem Platzieren der Geräte: Hält. Hält. Stopp, nochmal, hält nicht.
Er bekam wieder eine eher knifflige Eislänge, hing die nächste, ebenso knifflige gleich noch dran und ich bekam wieder was Leichtes mit kurzem steilen Aufschwung zum Freuen. Exakt so ging es weiter, bis mir plötzlich Sonne ins Gesicht strahlte. Bis ich ein ordentliches Köpfl gefunden hatte, stand er auch schon neben mir.
Klassiker.
Wie ich diesen Typ liebe!
Gipfel? Man weiß ja nie!
Das Ende kam auch gerade recht, langsam waren die Arme müde. Diesmal war gar er es, der noch auf das Plateau etwas weiter oben steigen wollte, um die andere Seite hinunter schauen zu können.
Ich war kurz skeptisch, denn auch am Fernerkogel sah der Gipfel total nah aus. Aber gut, diesmal sah es wirklich nah aus. Und kaum gruselig. Aber man weiß ja nie?!
Ein perfektektekter Tag
Ein paar Minuten später standen wir oben und schnappten beide kurz nach Luft. Was ist denn das bitte für eine fantastische Aussicht! Der Blick reichte von Glockner bis Möseler, von Civetta bis wiesieallehießen.
Es war kaum kalt, weit und breit war kein Mensch zu sehen, nur ein violettes Mädchen, das wie verrückt herumhüpfte. Was für ein toller Tag! Hüpf, hüpf, hüpf. MICHI, WAS FÜR EIN TOLLER TAG!!
Runter, rüber, runter, grinsen.
Ratzfatz abgeseilt, im Galopp ging es raus aus dem Tal, der Eispanzer gefiel mir im Runter-Modus noch weniger und der Gegenanstieg zum Auto (mindestens 30 Höhenmeter!) war eine noch viel blödere Kuh. Und dann: Auto, High-Five, Ulligunde schon wieder ultrafröhlich. Kann dieses Dauergrinsen der vergangenen Wochen eigentlich bleibende Schäden hinterlassen? Ich bin ja schon gespannt, was wir am nächsten Neujahr machen 🙂
Tour:
Nähere Infos auf der Facebook-Seite von Simon Gietl.
Diese Ausrüstung war dabei:
Die ganze Übersicht gibt’s wie immer hier.
2 Comments
Ich mag Deine Fotos und lese gern Dein Blog.
Deses Eisklettern, das würde ich mir echt nicht trauen.
Respekt!
Liebe Grinsegunde, das war ja garnet gruselig ?. So muss das. Mach weiter so. Deine Entwicklung ist super. Wo ist die Angst geblieben? Respekt, cool! Das motiviert ungemein. Lass aber Routine nie über das Gefühl kommen. Respekt vor der Sache muss sein. Das hast du, das ist richtig so. Und komm immer heil zurück.
LG Joe