Immer wieder werde ich gefragt, wir das Klettern in Norwegen während unseres dreimonatigen Aufenthalts dort war. Speziell die Frage nach dem Setesdal und den Lofoten erreicht mich häufig. Hier gibt es deshalb einen Erfahrungsbericht über die Möglichkeiten im hohen Norden, sich die Finger lang zu ziehen:
[Mehr Infos über’s Zelten, Trekken und die Sache mit dem Geld gibt es in dem Artikel „mit dem VW-Bus nach Norwegen„]
Mehrseillängen und Sportklettern im Nissedal und Setesdal
Wir haben im Nissedal angefangen und haben dort ein paar Mehrseillängentouren gemacht. Der Haegefjell bietet Granitgekrabbel für Fortgeschrittene, teils auch zum selbst Absichern. Eine ganz großartige Landschaft, allerdings mit unendlich vielen kleinen Biestermücken. Die sind aber nach der ersten Seillänge weg 😉
Weiter ging es ins Setesdal, wo wir uns Urdviki angeschaut haben, einen ziemlich imposanten Sportklettergarten, allerdings war es bei uns zu heiß (das Ding ist ab Mittag in der Sonne und ja, auch in Norwegen ist es in der Sonne manchmal zu heiß zum klettern, das mussten wir da aber erst lernen 😉 ). Insgesamt fand ich das Setesdal nicht sonderlich reizvoll – extrem touristisch, kaum Möglichkeiten, irgendwo den Bus über Nacht abzustellen und die MSL laden so gar nicht zum klettern ein, wenn man nicht gerade begnadeter Plattenschleicher ist. Da fand ich das ruhige Nissedal viel, viel angenehmer.
Klettern in Norwegen: Trondheim
Weiter ging es dann über Hardangervidda, Jotunheimen, Rondane und Dovrefjäll nach Trondheim, wo ich das erste Mal Trad-klettern in einem kleinen Sportklettergarten (Tikneppen) ausprobiert habe – sehr, sehr, sehr genial und eine herrliche Landschaft. Das Klettergebiet ist im Naherholungsgebiet von Trondheim, ein großer Park im Südosten der Stadt. Sehr famos. Und der Klettergarten „Hell“ – direkt am Flughafen – ist ein Konglomeratriegel, in dem ich dann auch endlich mal wieder vorsteigen konnte. Super gebohrt, kurze Touren, kräftige Züge, das war damals genau mein Ding. Übernachten auf dem Parkplatz vom Sportplatz ist scheinbar auch kein Problem, ToiToi gibt’s sogar auch. Und frische Himbeeren jeden Morgen vom Feldrand. Herrlich.
Ekne und Flatanger
Über Ekne (schickes Klettergebiet, aber sehr gewöhnungsbedürftig, wenn ich mich recht erinnere war das Sandstein und eher ab 6b oder so lohnenswert) ging es dann nach Flatanger, wieder zum Klettern. Die riesige Grotte ist spätestens seit Mitbö, Ondra und Woods bekannt und bietet überraschenderweise auch für nicht Elite-Kletterer ziemlich viel – es geht so ab 6b los. Unten am Campingplatz finden sich auch noch leichtere Touren (nicht lohnenswert, meiner Meinung nach), noch viel mehr schweres Zeug und auch noch einen ganzen Riegel zum selbst Absichern. Alles leider für mich damals zu wild… Der Campingplatz wird von einer hinreißenden Familie betrieben, sehr freundlich, sehr zuvorkommend und voll auf Kletterer abgestimmt. Der Wagen mit Toiletten und kleiner Küche ist immer sauber, Waschmaschine gibts im Haus und überhaupt kann man dort wirklich hervorragend seine Zeit verbringen. Ein Rad oder Kajak für die Pausetage lohnt sich.
Klettern auf den Lofoten!
Und dann ging es final nach Norden! Lofoten! Oh mein Gott! Meine Traumdestination für soo lange. Wir waren dort etwas über vier Wochen und fingen im Gebiet „Paradiset“ in der Nähe von Svolvaer an. Trad-Touren, sowohl MSL als auch kurze Touren an Blöcken sowie Boulder – alles da und auch der Parkplatz mit Strand, Toilette, fließend Wasser und viel Platz lädt ein, lange da zu bleiben. Wir sind aber dann um den großen Vagakallen herum auf die andere Seite nach Henningsvaer – DER Stützupunkt für Kletterer. Ein herrliches Dorf auf einer kleinen vorgelagerten Insel, nur erreichbar über mehrere Brücken. Mit Supermarkt, schönen kleinen Lädelchen und alles, was man eben so braucht. Und in 10 Minuten ist man auch einmal quer durchspaziert 😉
Dort finden sich vorwiegend Mehrseillängentouren, die komplett trad sind – also auch keine gebohrten Stände. Alles sehr geil! Das fängt so ab 4c (z.B. Pianokraken) oder sowas an – aber bisschen Graniterfahrung braucht es schon. Um Henningsvaer gibt es nicht ganz so viele Stellplätze, aber man findet schon was. Der Festvagtinden ist ein schöner Sonnenuntergangsberg, auf den man in einer Dreiviertelstunde hochgekraxelt ist. Die Aussicht ist phänomenal. Der Glomtinden ist auch schön und etwas leichter. Die größten Klassiker sind neben Gollum und Gandalf (ca. 5c?) am Presten die Route „Vestpillaren“ (endlose Platten) und die etwas leichtere Bare Blobaer (Bare blåbær)- haben wir aber beide nicht gemacht. Ein anderes Schmankerl ist sicher der Nordryggen (Nordgrat) auf den Vagakallen. 12 Seillängen etwa, bis 4c, alles am Grat. Haben wir wegen des abenteuerlichen Abstiegs leider auch nicht gemacht. Verdammt. Ich muss da nochmal hoch. Das ist sicher eine großartige Tour. Bouldern kann man bei Henningsvaer übrigens dort auch, direkt am Wasser. Sehr schön.
Eggum hingegen bietet lustige Sportkletterei an ausgefressenen Löchern – ja, das gibts auch im Granit. Leider fängt da der Spaß auch frühestens bei 6b+ an, eher schwerer. Noch weiter in Richtung „A“, dem westlichsten Dorf auf den Lofoten wartet noch die Sea Breeze, die man wirklich nicht gemacht haben muss. Bescheidene Absicherung, die Haken zum Abseilen wurden rausgeschlagen oder sind verostet, die Abseilpiste durch einen steilen, nassen Gully macht keinen Spaß. Viel schöner ist die Wanderung auf den Reinebringen – unbedingt (!!) Kamera mitnehmen. Besser nicht machen, wenn es feucht ist, der Weg ist brutal steil und sehr matschig.
Noch Fragen? Hinterlasst mir einfach einen Kommentar, ich gebe bereitwillig Antworten.
Noch mehr Infos rund um unsere Reise durch Norwegen, wie teuer es war, was wir an Unternehmungen empfehlen und noch viel mehr Bilder gibt es in dem Artikel „Mit dem VW-Bus nach Norwegen„. Und wer noch weiter zum Thema „Klettern in Norwegen“ lesen will, findet im Bergzeit noch weitere Tipps.
5 Comments
Juhu, cooler Bericht, der wird gleich gespeichert. Eine Kletter-Tour gen Norwegen steht schon lange auf der Liste. Habe einige Führer für Süd-Norwegen in der Hand gehabt, was kannst du empfehlen als Literatur?
Hi Bonnie!
Wir hatten drei Führer:
Ga Telemark fürs Klettern im Setesdal und Nissedal
TronderRock für die Gegend um Trondheim
Lofoten Rock für die Lofoten
Der erste ist etwas in die Jahre gekommen, reicht aber völlig aus. TronderRock ist liebevoll gemacht, genauso wie der von Rockfax für die Lofoten. Ein gutes Teil, das sein Geld wert ist! Aber wichtig: Unbedingt vorher die Aktualisierungen auf der Website checken 😉
Super, danke, die haben wir noch nicht 🙂 Werden gleich in die „Berg-Literaturliste“ aufgenommen. Liebe Grüße
Hallöchen 🙂
Wir werden Mitte August für sechs Wochen mit dem VW-Bus nach Norwegen fahren und würden gerne viel klettern gehen. Wir wissen noch nicht bis wohin genau im Norden wir fahren werden, weil wir uns eher treiben lassen wollen.
Gibt es denn in Norwegen auch viel Sportkletterei für Anfänger eher? Also wir klettern seit ca. einem Jahr und steigen 4er und 5er Routen vor und im Nachstieg gehen auch 6er und manche 7-.
Freue mich über eure Erfahrung!
Hi Lea,
wir waren eher in etwas schwereren Gebieten unterwegs – zu leichteren Routen kann ich wenig sagen, außer dass es oft schnell plattig wird, wenn es „leichter“ wird – zumindest im Süden… Rund um Trondheim gibt es – wenn ich mich recht erinnere – einige Felsen, die auch leichtere Routen hatten. Kenne mich aber wie gesagt damit kaum noch aus…
LG!
Erika