Zwei Jahre. Zwei Jahreszeiten. Eine Woche.

Januar 4, 2014

Zwei Wochen Urlaub. Im Dezember. Da stellt sich eigentlich nur noch eine Frage: Alpennord- oder Alpensüdseite? Skifahren im Powder oder Klettern am warmen Fels? Beides! Vier Tage Skitouren mit den Brüdern, den Rest Klettern im Süden.

Das Problem mit großen Terminen wie Weihnachten oder Silvester sind die hohen Erwartungen. Alles muss perfekt sein, alle müssen sich gut verstehen, alles sollte am besten so sein wie früher. Bei einer Familie mit fünf starken Charakteren, die sich nicht allzu oft sehen, weil in ganz Europa verstreut, nicht ganz leicht. Mitten im Sommer kam uns drei „Kindern“ die Idee, die Weihnachtsfeiertage auf „dem Hüttle“ zu verbringen – fernab von Computerproblemen, Erwartungen und Routinen. Dafür mit viel Powder, extremer Abgeschiedenheit und hörbarer Stille. 

Gamshüttle in Fideris„S Hüttle“ ist eine kleine Blockhütte ohne Strom, ohne fließend Wasser und nur mit Holzofen, dafür aber perfekt in einem weiten, baumlosen Kessel gelegen, der skitouren- und freeridetechnisch absolut gar – GAR – keine Wünsche offen lässt. Wir kommen schon seit Jahrzehnten hier ins Gebiet und ich erinnere mich noch ganz genau an den Moment, in dem ich als kleines Mädel draußen stand, ganz angespannt horchte und einfach nichts hörte. Ich war vielleicht zehn, aber diese Ruhe – kein Verkehrslärm, kein Flugzeug, nicht einmal ein Vogel – hatte mich schon damals fasziniert. Bisher habe ich diese Stille ausschließlich in den Bergen wiedergefunden. Sicher auch ein Grund, weshalb ich sie so liebe.

Auch die Hoffnung stirbt irgendwann

Am ersten Weihnachtsfeiertage verließen wir gemeinsam mit dem schlechten Gewissen die Eltern und fuhren nach Graubünden. Der Sturm der vergangenen Tage und die insgesamt recht karge Schneedecke hatten ihre Spuren hinterlassen und sorgten bei uns für lange Gesichter. Normalerweise erwartet einen auf den letzten Metern der Shuttle-Auffahrt schneeweiße Hänge ohne Makel. Diesmal sahen wir Bäume und Büsche, die wir an diesen Stellen nicht kannten.

Bei dem Nebel sieht man wenigstens die vielen Grasflecken nicht.

Naja, erstmal abwarten und „heim“kommen. Mit feinem Pferdefleisch, fast noch besserem Bündnerkäse und Mamas gutem Brot, im Ofen das knisternde Feuer und der Hütte, die  sich langsam von frischen drei auf angenehme 15 Grad aufheizte. Während es den zweiten Tag schneite und stürmte, entdeckten mein Bruder und ich auf einer kleinen Tour mitten im Nebel plötzlich ein gruseliges Lawinenfeld auf einer Fläche, die deutlich unter 30 Grad Steigung hatte. Natürlich waren wir vorsichtig, aber dieses Feld mit massiven, über ein Meter dicken Anrisskanten erinnerte eindrucksvoll an die weiße Gefahr.

Bluebird

Freeriden in FiderisAm nächsten Tag zeigte sich das Gebiet genau so, wie wir es kennen. Weiße Berge, blauer Himmel, unendlich viele, unverfahrene Hänge. Nach einer gemeinsamen Sonnenaufgangstour starteten Martin und ich tagsüber zu einer ausgedehnten Freeride-Session im Gebiet. Herrliche Hänge, überraschend guter Schnee, ein paar tolle Fotos – einfach perfekt! Mit bereits etwas müden Beinen gings am frühen Nachmittag zur nächsten Tour – diesmal wieder zu dritt. Pünktlich zum Sonnenuntergang standen wir am Arflinafurgga. Unterwegs mit konditionsstarken Jungs, guten Skifahrern und Brüdern, mit denen selbst das Schweigen Spaß macht – ein wirklich wunderbarer Trip. Und wenn man am Ende vom großen Bruder auch noch hört, dass man ein vollwertiger Tourenpartner sei, kann das Jahr ja fast nicht besser enden.

Vom Winter in den Herbst. Von 2013 nach 2014.

Herrlicher Lago Maggiore!Ursprünglich war ein Silvester-Klettertrip nach Finale Ligure geplant. Aber dieses Gebiet am Mittelmeer scheint uns dieses Jahr einfach nicht zu wollen – jedes Mal, wenn wir überlegten, dorthin zu fahren, killte es alle Pläne mit einer miesen Wettervorhersage. So auch diesmal. Unglaublich! Von wegen sonniges Mittelmeer. Die Wahl fiel spontan mal wieder aufs Tessin – Plattengeschleiche, Lago Maggiore, sonnige Felsen. Die meisten fahren zu der Jahreszeit zwar zum Bouldern in die Region, aber so sind die (Kletter-)Felsen schon leerer.

Es waren wunderbare Tage mit durchweg gutem Wetter, gut erträglichen Temperaturen und einem großartigen Jahresausklang. Mit feinem Fleischfondue und Glühwein endete das eine Jahr, mit einer wunderbaren Aussicht über den ganzen Lago Maggiore begrüßten wir das neue. Was es wohl bringen wird? Fest steht: Endlich wieder mal eine längere Reise, hoffentlich zahlreiche fröhliche Gipfel- und Routenerfolge, tolle Bekanntschaften und hoffentlich ein ebenso erfolgreiches Jahr für ulligunde.com wie das zurückliegende. Vielen Dank an dieser Stelle dafür. Ihr seid unglaublich.

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3 Comments

  • Reply Fox Januar 5, 2014 at 4:31 pm

    Schön, Frau Kollegin. Wirklich sehr schön! 🙂

  • Reply Uta Januar 5, 2014 at 7:20 pm

    Sehr sehr toller Bericht !!!

    Wo seits ihr denn im Tessin gestanden ??

    Und die Hütte — is das Eure..?? Oder kann man diese Mieten ?

    Lieben Gruß

    Uta

    • Reply ulligunde Januar 10, 2014 at 3:24 pm

      Hallo Uta!

      Der Parkplatz mit den „ruhigen Nachbarn“ war am Friedhof in Ronco. Der zweite an einem Wanderparkplatz bei Monte Verità. Beides nix Offizielles, aber ok für eine Nacht. Bei letzterem sogar mit WC.

      Die Hütte ist nicht unsere, kann aber gemietet werden. Wenn du Interesse hast, kann ich Dir die Kontaktdaten geben. Schreib mir einfach ne Mail 😉

      Grüße!

      Erika

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