Eigentlich hätte es ein so richtig alpiner Urlaub werden sollen. Angefangen mit einer Hochtour in den Hohen Tauern hätte es in den Dolomiten, im Val di Mello, im Rätikon oder in der Silvretta weitergehen können. Können – denn das Wetter hat uns da einen ziemlichen Strich durch die Rechnung gemacht. Es war so unbeständig, dass an die meisten wirklich alpinen Geschichten nicht recht zu denken war. In der zweiten Hälfte waren selbst Sonnengebiete wie der Gardasee oder sogar Finale Ligure mit schlechtem Wetter gesegnet. Macht aber nichts, die Berge laufen nicht weg und exzessives Sportklettern mit einigen Übungsstunden in Sachen mobile Sicherungsgeräte, Stand- und Flaschenzugbau sind ja auch mal eine schöne Sache.
Auftakt im Zillertal
Der Urlaub begann mit einem richtigen Pärchentrip. Zu sechst suchten wir die Wände und Grillstellen im Zillertal heim und hatten eine großartige Zeit. Trotzdem blieben offene Projekte zurück – ein zweiter Besuch war so natürlich unumgänglich. Zuerst waren aber zwei Pausetage nötig – da kann man schon mal auf Österreichs fünfthöchsten Berg steigen: den Großvenediger.
Ohne Plan auf den Großvenediger
Dank der Bergfreunde kamen wir in den Genuss einer geführten Hochtour. Ein seltsames Gefühl, ohne jeglichen Plan zum Startpunkt einer Tour zu fahren – kein Kartenstudium, kein Führerwälzen, nicht mal den Wetterbericht haben wir gecheckt. Einzig die Packliste, die uns von der Mammut Alpine School zugeschickt wurde, mussten wir erfüllen. Ungewohnt, aber an einem Pausetag ist das schon mal in Ordnung.
Weil das Nationalparktaxi (ja, wir fuhren mit dem Taxi 😉 ) erst in einigen Stunden fahren konnte, kaperten wir kurzerhand unseren quirligen Bergführer auf einen Kaffee (integraler Bestandteil und so) und lernten wenig später den Rest der Gruppe kennen. Zusätzlich zu zwei Heilbronnern waren überraschend noch zwei weitere Blogger (von gipfelmoshen.de) mit von der Partie. Zusammen mit David, dem Bergführer mit seiner wilden Mähne, waren wir so eine ziemlich bunt zusammengewürfelte Truppe.
Auf geht’s
Nach rund einer Stunde gemütlichen Aufstiegs hatten wir die Hütte mit ihrer großartigen Aussicht erreicht. Das Wetter war – wie sollte es auch anders sein – etwas unbeständig und durchziehende Wolken verdeckten immer wieder die Aussicht auf die umliegenden Gletscher. Die Vorhersage für den kommenden Tag reichte von „Gewitter morgens um neun“ bis „Gewitter ab Nachmittag“. So wählten wir eine frühe Startzeit, genossen morgens um vier ein hotelartiges Frühstücksbuffet, legten die Gurte an und marschierten mit Stirnlampen in Richtung Gletscher. Und so ging es weiter: mit marschieren. Erst im Dunkeln über steinigen Untergrund, dann weiter über den spaltendurchzogenen Gletscher, hoch auf den Rücken und im bereits ziemlich aufgeweichten Schnee weiter in Richtung Gipfelgrat. Einzige „Abwechslung“ war dabei ein waschechter Spaltensturz der Seilzweiten. Mit David als Moderator vorne am Seil und uns fünf anderen am anderen Ende war sie aber innerhalb weniger Minuten mit etwas bleichem Gesicht wieder herausgezogen.
Der Gipfelgrat selbst hatte es dann doch noch einmal in sich – auf einer schmalen Schneide, die zur einen Seite ziemlich ausgesetzt war, tippelten wir im Gänsemarsch die wenigen Meter zum Gipfelkreuz. Summit! Wir teilten uns den Gipfelsieg zwar mit rund 30 anderen Bergsteigern und mussten nach dem Gipfelfoto am Kreuz schnell wieder Platz machen, aber die Aussicht war doch wirklich großartig. Von Gewitter war noch keine Spur, dennoch starteten wir bald wieder den – recht unspektakulären – Abstieg.
Insgesamt waren es zwei entspannte Tage mit einem humorvollen Bergführer, der uns mit viel Charme und Professionalität auf den Gipfel und zurück brachte. Zu zweit hätte ich diese Tour über den spaltenreichen Gletscher ungern gemacht und so war das etwas langsamere Tempo einer großen Seilschaft in Ordnung. Und trotzdem ist so eine geführte Tour ein völlig anderes Erlebnis. Man hat diese „Vollkaskomentalität“, bei der man schnell mal den Kopf ausschaltet und alles dem Bergführer überlässt. Angenehm zwar, aber auch nur halb so spannend. Nächstes Mal dann gerne wieder auf eigene Faust – was wir uns drei Tage später gönnten. Aber zunächst:
Zurück ins Zillertal
Nach den kletterfreien Tagen waren wir richtig motiviert, im Zillertal noch einmal alles zu geben. Zwar gelangen uns beide – in den Regenpausen – noch ein paar schwere Routen, aber bei beiden blieben Projekte offen, die auf weitere Versuche warten. Dann aber mit komplett abgetapten Armen, denn von dem einen Riss habe ich auch jetzt noch – zwei Wochen später – tiefe Schrammen und ein schmerzendes Handgelenk 😉
Alpin in den Dolomiten
Die Wettervorhersage versprach noch einen sonnigen Tag, bevor das Wetter komplett umschlagen würde. Also schnell in die Dolomiten, um wenigstens noch eine Alpintour zu schaffen. Im Grödnertal hangelten wir uns eine schöne 7-SL-Tour nach oben, deren – eigentlich leichte – Abschlusslänge ungefähr die härteste 5b war, die ich seit langem geklettert bin. Aber so freut man sich umso mehr über das „Gipfelbier“ unten am Parkplatz – bei strahlendem Sonnenschein, wohlgemerkt. Nach vier Tagen ambitioniertem Klettern kam uns der vorhergesagte Regentag gerade recht. Für den schien dann zwar doch etwas überraschend lang die Sonne (bis nachmittags um drei), aber so chillt es sich umso schöner. Und das heftige Gewitter, das dann bis abends wütete, hatte auch was Gemütliches.
Das liebe Wetter…
Der eigentliche Plan war, über Arco ins Val di Mello und weiter ins Rätikon zu fahren, um jeweils alpinklettern zu gehen. Dieser Plan wurde durch die Wettervorhersage mal wieder komplett zunichte gemacht – nicht einmal in Finale Ligure war es zuverlässig sonnig. Schweiz, Österreich, Südtirol – alles verregnet. Wir entschieden uns gegen eine lange Fahrerei und saßen das schlechte Wetter in Arco aus. Dort trocknen die Felsen schnell und so kamen wir doch noch recht viel zum Sportklettern.
Am ersten durchwegs sonnigen Tag starteten wir morgens um halb sechs zu einer leichten 11-Seillängen-Tour, bei der wir nach lässigen 2,5 Stunden bereits oben am Ausstieg standen und beim Abstieg überraschte Blicke ernteten. Nach einem ausgiebigen Frühstück machten wir uns auf in Richtung Ötztal – noch einmal im Granit sportklettern und dann den Urlaub bei einer alpinen Gipfeltour im Lechtal ausklingen lassen – so der Plan. Pustekuchen. War ja auch naiv, vier Tage im Voraus zu planen. Die Wettervorhersage war natürlich wieder unbeständig und bei vier Stunden Zustieg für sowas alpines dann irgendwie doch zu unsicher. Also doch wieder sportklettern. So sind wir nach diesem Urlaub nun wenigstens gut trainiert für alpine Klettereien im Herbst, der dann ja vielleicht etwas beständiger sein wird. Genug Zeit die Führer zu wälzen hatten wir jetzt ja 😉
6 Comments
Ein Genuss deinen Text zu lesen und deine Fotos zu betrachten! Einfach klasse! 🙂
Auf euren Bus bin ich noch immer mehr als neidisch 😉
Coole Bilder – welche Tour ist das denn bei Arco?
Hi Vincent,
das war nur eine ganz leichte Arco-Auskletter-Tour. Amazonia, direkt bei Sarche. Ist normalerweise aber unglaublich überlaufen (dachte beim Vorbeifahren mal, dass das ein Klettersteig wär) und dann auch kriminell gefährlich wegen all des losen Gesteins. Aber als Sonnenaufgangstour ganz nett 🙂
Cool danke für die Info! Hach das ist jetzt eine Gelegenheit, so einen Bus oder Caddy oder sonstwas zu beneiden 😉
Merk ich mir mal für alle Fälle. Also das mit dem Bus ;D
[…] siegt bei solchen Klamotten ganz klar – also wanderte sie direkt in die Kiste für die Hochtour auf den Großvenediger Mitte August. Ansonsten machte die Hose nämlich einen soliden Eindruck: Das dreilagige Material […]
[…] dem Hatscher auf den Großvenediger Mitte August wären zwar solche festen Stiefel gar nicht unbedingt nötig gewesen, aber angenehm […]