Testbericht: Earlylight 2 von Marmot (2-Mann-Zelt)

September 24, 2012

Eines Vorneweg: Ich liebe mein VauDe Hogan Ultralight, einfach weil es so leicht und schnell aufgebaut ist, auch alleine, und weil ich mit ihm schon so viel erlebt habe. Es ist toll, aber maximal für mich und meinen Rucksack. Für unseren sechwöchigen Roadtrip durch Europa musste etwas größeres her. Etwas, das relativ schnell aufgebaut ist, dessen Innenzelt auch unabhängig vom Außenzelt steht, zwei Eingänge besitzt und mit einer einigermaßen großen Apside. Da die meisten Kletterurlaube per Auto stattfinden, war das  Gewicht und Packmaß nicht soo ausschlaggebend. Unser finanzielles Limit lag bei maximal 400€, jedoch auch gerne weiter unten. Na gut, ein weiteres Kriterium war mir persönlich auch noch wichtig: Es sollte orange sein, weil das auf Fotos so schön aussieht. Frau bleibt halt doch Frau, auch beim Zeltkauf.

Beim Stöbern auf bergfreunde.de landeten wir schnell bei den reduzierten Zelten und entschlossen uns recht spontan für das Earlylight 2 von Marmot. Marmot ist eine gute  Marke, machen solide Ausrüstungsgegenstände mit denen wir beide schon sehr gute Erfahrung gemacht haben – „die werden schon wissen, was sie tun“, dachten wir uns. Das kleine Teufelchen im Hinterkopf erinnerte sich aber gleichzeitig an einen Satz, den ich irgendwo mal gehört hatte. „Kaufe niemals (!) ein Zelt ohne es vorher aufgebaut gesehen zu haben!“.

Wenige Tage später erreichte uns das Paket. Chapeau! Vorfreude!

Der erste Eindruck

Wir bauten das Zelt direkt an Ort und Stelle auf: In einem leeren Zimmer unserer WG. Mir persönlich gefiel natürlich sofort die tolle rot-orangene Farbkombi und auch die Bullaugen im Außenzelt waren lustig. Der Aufbau war vermeintlich selbsterklärend, bis wir irgendwann merkten, dass der Grundriss gar nicht symmetrisch sondern leicht trapezförmig ist (Kopfende wenige cm breiter). Die Unterlegplane ist dahingehend jedoch gar nicht markiert, man muss also genau schauen, wo sie breiter ist. Eine kleine Markierung wäre hier hilfreich gewesen.


Das Innenzelt steht in sehr kurzer Zeit, das Außenzelt wird darübergelegt und an allen vier Ecken mit einem Clip entweder direkt an die Unterlegplane oder an das
Innnenzelt fixiert – das geht auch sehr schnell und bi zu diesem Zeitpunkt ist das Zelt immernoch komplett portabel, was auch praktisch ist. Etwas schade ist allerdings, dass das Außenzelt trotz eng gezogenen Bändern zu kurz scheint –in die 15cm Lücke zwischen Außenzelt und Boden gelangt der Regen ohne Probleme direkt an das Innenzelt – und zwar nicht nur an den verstärkten  Bodenbereich, sondern auch an die dünne Membran weiter oben. Während eines starken Gewitters in Frankreich passierte genau das, worauf sich im Innenzelt 2-Euro-große Wasserlachen bildeten. Ein No-Go für ein Zelt!! Offensichtlich ist das Zelt eher für heiße Gegenden anstatt für Regen ausgelegt, das ist aber aus den Beschreibungen nicht ersichtlich gewesen.

Die Sturmleinen mussten selbst noch angebracht werden – glücklicherweise ist es nicht mein erstes Zelt und nach etwas Herumprobieren hatte ich die Sache mit dem richtigen Durchfädeln der Schnüre durch die Plastikblättchen raus, eine Einleitung dazu  gab es nämlich nicht. Besonders schade: Es waren nur die vier Sturmleinen im Lieferumfang mitgeliefert, die zwei kürzeren Bänder für die zusätzliche Fixierung der Frontenden mit Heringen musste ich aus eigenen Schnüren basteln. Diese sind jedoch unerlässlich, denn ohne die klebt das Außenzelt direkt am Innenzelt und ermöglicht noch mehr Wasser am/im Innenraum.  Auch schade ist, dass die Sturmleinen nicht wie z.B. bei Exped aus fluoreszierendem Material gemacht sind, sie sind komplett schwarz und verschwinden für das menschliche Auge schon während der Dämmerung.

Das Zelt im Gebrauch

Insgesamt erfüllte das Zelt aber doch gute Dienste  während der sechs Wochen unterwegs. Es ist eindeutig ein Zelt für warme/heiße Nächte – dank der vielen Netzapplikationen im Innenzelt (ca. 20cm oberhalb des Bodens verläuft ein breiter Streifen und das gesamte obere Teil besteht ausschließlich aus Netz, was eine fantastische Sicht in die Sterne gewährt)besteht eine hervorragende Belüftung und gerade in heißen Nächten bietet das Zelt hervorragenden Schutz gegen Moskitos – nicht aber gegen Blicke. Ist die Nacht jedoch kalt oder windig, bläst die Kälte dementsprechend ins Zelt und direkt ins Gesicht, was wiederum nicht ganz so praktisch ist.

Die zwei großen Netztaschen bieten viel Stauraum, zusätzlich gibt es noch zwei dreieckige Taschen für Kleinigkeiten und ein weiteres Netz, welches oben ins „Dach“ gehakt werden kann.

Die zwei riesigen Eingänge sind super, allerdings ist das Zelt für einen 1,92m großen Insassen fast schon etwas kurz. Die Apsiden sind insgesamt schon relativ groß, ziemlich unpraktisch ist allerdings, dass man sich zum Öffnen der äußeren Eingänge halb aus dem Zelt lehnen muss – total unpraktisch, wenn das Außenzelt innen feucht ist, man wird unweigerlich nass, weil die Apside zwar lang aber auch natürlich immer flacher wird. Hier wäre es eigentlich zumindest eine kleine Hilfe, wenn die Unterlegpläne auch noch die Apsiden etwas abdecken würde, so könnte man sich wenigstens auf die Plane stützen beim Rauslehnen.

Die Heringe machen insgesamt einen stabilen Eindruck, verformen sich aber auch erstaunlich schnell. Besonders seltsam: Will man das Zelt für einen Sturm präparieren, also sämtliche Heringe benützten, sind es zwei zu wenig. Benützt man zwei für die Apsiden (unerlässlich) und vier für die Sturmleinen, bleiben keine mehr für die zwei Frontenden, um das Außenzelt vom Innenzelt fernzuhalten und somit für starken Regen vorzubereiten. Wo ist da die Logik!?

Fazit

Das klingt insgesamt nun doch alles ziemlich negativ, dennoch waren wir mit dem Zelt größtenteils zufrieden. Wir hatten  nur einmal so starken Regen, dass etwas Wasser ins Innenzelt gelangte, starken Wind hatten wir immer nur auf Plätzen, wo eh nicht an Heringe zu denken war und richtig kalt war es auch selten. Gerade in den warmen, regenarmen Gegenden um Monaco und Finale Ligure war das schnell aufgebaute, gut belüftete Innenzelt ein Segen. Die Bullaugen sind nett, auch wenn sie einen Blick durch die Türe nicht ersetzen, denn was im Bullauge durch Feuchtigkeit auf der Plane häufig nach grauem Himmel aussieht, ist letztendlich oft dann doch ein blauer.

Wer also ein Zelt für warme und heiße Gegenden sucht (also eigentlich nur das Innenzelt) sollte tatsächlich über den Kauf dieses Zeltes nachdenken. Für Leute die in kühlere oder windige Gegenden fahren, sollte es definitiv etwas Anderes sein.

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2 Comments

  • Reply Dennis Steinle November 5, 2020 at 1:43 pm

    Hallo Erika,
    mir ging es mit einem ähnlichen Produkt von der selben Marke ebenfalls schon so. Also vor allem was das Problem mit der Wasserdichtheit des Zeltes betrifft. Ich habe mich informiert und speziell extra ein Zelt mit hoher Wassersäule gekauft, aber anfangs nicht darauf geachtet, wie das Außenzelt und der Boden miteinander verknüpft sind und wie wasserdicht vor allem die Nähte sind. Seit diesem Vorfall habe ich mich dann erstmal rund um damit befasst, auf was man bei einem Zeltkauf unbedingt achten sollte. Weil bei mir im Speziellen ist es so, dass ich meist in Regionen unterwegs bin, wo das Wetter eher unbeständig ist und man dann natürlich ein zuverlässiges Zelt benötigt.
    Darum bin ich auch ganz froh, dass es Menschen wie dich gibt, die ganz ähnliche Probleme haben.
    Gruß Dennis

    • Reply ulligunde November 9, 2020 at 8:41 am

      Wo hast du denn diesen Testbericht ausgegraben 😀 Ich dachte ich hab sie alle offline genommen 🙂
      Freut mich aber, wenn er nach all den Jahren noch einen Nutzen hat!
      LG,
      Erika

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