5 Wege, 5.000 Kilometer, 8 Länder, 342 Tagesetappen… Die Daten des gesamten Wegenetztes „Via Alpina“ lesen sich eindrucksvoll. Der markanteste aus dieser Gruppe, der „rote Via Alpina“, verläuft auf über 3.000 Kilometern von Triest nach Monaco, durchquert dabei sämtliche acht Alpenstaaten und kreuzt deren Landesgrenzen ganze 44 Mal.
Er ist aber nicht nur einfach ein langer Fernwanderweg. Ihn zu begehen bedeutet, ein Zeichen zu setzen, genauso wie der Verein GTA vor über 10 Jahren, als er das Projekt 1999 initiierte. Es ist ein Zeichen für friedliche und kooperative Zusammenarbeit zwischen den Staaten, eines für Naturschutz und auch ein Zeichen für Nachhaltigkeit– sowohl ökologisch wie auch ökonomisch, denn durch den geförderten Tourismus wird auch die lokale Wirtschaft unterstützt.
Entschleunigung, Herausforderung und eine unerschöpfliche Vielfalt
Natürlich laufen wohl die wenigsten Wanderer diesen Weg allein aus dem Willen, ihr Umweltbewusstsein zu demonstrieren und damit Gutes zu tun. Der Weg bietet vielerlei Gründe, sich für ihn zu entscheiden. Ein häufiger Motivator ist sicher das Argument der Entschleunigung, der Besinnung auf sich selbst, die Auseinandersetzung mit der Natur mit all ihren beeindruckenden Facetten. Sich aus eigener Kraft vorwärts zu bewegen, ganz langsam aber dafür stets mit einem Ziel und fokussiert auf das Wesentliche, das sind Eigenschaften, die wir in unserer hektischen Welt häufig vermissen. Aber auch kulturell bietet die Reise eine schier unerschöpfliche Vielfalt, dass kein Museum dieser Welt diese Varietät veranschaulichen könnte. Man kann es aber auch unter dem sportlichen Aspekt der Herausforderung sehen. Durch etwas an seine Leistungsgrenzen zu stoßen, das die eigentliche Tagesaufgabe ist und nicht etwas, das am Feierabend noch schnell im Fitnesscenter erreicht werden muss, um sich gesund und fit zu fühlen. Auf solchen Wegen, vor allem wenn sie über mehrere Wochen gehen, muss man sich häufig selbst herausfordern, denn es wäre gewiss weniger anstrengend, zu Hause auf dem Balkon zu sitzen.
Mein persönlicher Antrieb
Der besondere Reiz am Via Alpina liegt für mich persönlich jedoch in der alpinen Umgebung. Die Fotografie ist für mich ein Antrieb, der in den letzten Jahren immer deutlicher wurde und ich mich häufig frage, ob ich Unternehmungen der Unternehmung wegen mache oder wegen den resultierenden Fotos. Aber allein schon der Anblick der umliegenden Gipfel, der schroffen Felswände und saftigen Wiesen, umgeben von dieser unbeschreiblichen Ruhe, der klaren Luft und dem blauen Himmel, sind Aussichten, für die sich jede Anstrengung lohnt.
„Wandern? Wie oldschool!“
Es wird vorerst meine letzte mehrmonatige Unternehmung sein, denn ab Oktober wird mich der erste Job fest in Händen halten und mir kaum noch so eine Möglichkeit geben. Viele meiner Freunde fragten also zu Recht, weshalb ich – die normalerweise jede freie Minute mindestens in anderen Ländern, lieber aber noch auf ganz anderen Kontinenten verbringt – so „oldschool“ im Urlaub wandern gehen würde – und das auch noch direkt vor der Haustüre. Natürlich gibt es noch zahllose Ecken dieser Welt, die ich noch bereisen möchte, aber nachdem ich auch schon einige Träume verwirklicht habe, bleiben zugegebenermaßen zum Großteil nur noch ausgefallenere (sprich teurere) Projekte. Allen voran natürlich Patagonien mit seiner unbarmherzigen Naturgewalt, Alaska, Grönland, Nepal, Peru… Aber schon während meiner Reise durch Ozeanien ärgerte ich mich zunehmend, dass ich fast mehr Länder außerhalb Europas gesehen habe, als in der unmittelbaren Nähe.
Zwei Leidenschaften: Trekking und Klettern
Um aber in diesem Sommer auch noch etwas Zeit für meine zweite Leidenschaft, das Klettern, zu haben, werde ich meine Begehung des Via Alpinas auf maximal 6 Wochen beschränken. Ich habe den Teil gewählt, der für mich am spannendsten klingt: Umgeben von den höchsten Bergen der Alpen werde ich meine Reise in Chamonix beginnen und anschließend innerhalb von ca. 6 Wochen durch das Wallis, Tessin, Graubünden und das Montafon bis „nach Hause“ laufen – wenn es zeitlich reicht, bis nach Oberstdorf im Allgäu, in dessen unmittelbarer Nähe ich studiere, wenn nicht, dann wenigstens bis nach Feldkirch, nahe meines Geburtsorts. Spätestens Mitte August werden wir unseren fünfwöchigen Kletter-Roadtrip durch Europa beginnen.
Die mediale Aufbereitung
Der Blog ulligunde.com (früher ulligunde.posterous.com) begleitet mich nun seit über zwei Jahren. Das Feedback, das ich bekomme ist so rührend (und dank der Bergfreunde auch lukrativ. Danke dafür!), dass ich mich dazu entschieden habe, einerseits meine Freunde und Leser direkt an der Erfahrung teilhaben zu lassen aber andererseits auch eine interessante, spannende und fotografisch untermalte Dokumentation für spätere „Via-Alpinisten“ zu schaffen. Und das nicht erst danach niedergeschrieben, sondern unmittelbar und mit den jeweiligen, ehrlichen Empfindungen.
Zusätzlich zu meiner standardmäßigen elektronischen Ausrüstung (EOS 600D mit 18-270mm Objektiv, ca. 1,2 kg, Handy) werde ich noch ein Tablet-PC mitnehmen, um regelmäßig und in gewohntem Umfang berichten zu können. Ich habe lange die verschiedenen Möglichkeiten abgewägt, denn so ein großes zusätzliches „Trumm“ bedeutet in erster Linie mehr Gewicht und damit gegebenenfalls weniger Spaß (auch das Aufladen dieser Geräte ist eine Herausforderung). Dennoch, ich habe während meiner früheren Trekking- und Bergtouren sehr genau einzuschätzen gelernt, was wichtig ist und was nicht und kann so mit einer optimierten Packliste losziehen. Laut ersten Rechnungen komme ich so auf ein Grundgewicht von 13kg (inklusive Allem außer Wasser und Nahrung). Alles was unter 16, maximal 17kg an Gesamtgewicht liegt, ist für mich meiner Erfahrung nach in Ordnung.
Das mediale Ziel
Da ich mit dem Zelt und häufig allein unterwegs sein werde, rechne ich mit genug Zeit für regelmäßige Blogeinträge. Optimal wäre natürlich eine Übersicht über jede einzelne Etappe, da ich mich jedoch dank der unabhängigen Übernachtungen nicht an die offizielle Einteilung halten werde, ist dies schwer möglich. Da mir aber das Schreiben große Freude bereitet, werde ich sicher regelmäßig (mehrmals in der Woche) berichten. Zusätzlich zu den Blog-Artikeln werde ich Beiträge für verschiedene Veröffentlichungskanäle schreiben, allen voran natürlich für die Plattform www.outdooractive.com, die mich ab Oktober ernähren wird.
Wenn auch du Interesse an einem Gastartikel hast, melde dich einfach!
15 Comments
Ja, Erika, da wünsche ich Dir alles Gute, so wie ich Dich kenne, ziehst Du das schon durch.
War da nich auch mal eine Frau solo unterwegs? Was hat die denn berichtet?
drahreG
Im Internet habe ich bisher kaum Erfahrungsberichte gefunden, vor allem keine von Frauen. Die eine, die in deinem Artikel davon berichtete, ging ein anderes Teilstück und war vor allem von der Gegend ums Karwendel, Allgäu und noch Gebiete weiter östlich begeistert.
Und wo kommt der Strom zum Aufladen her? Du hast dort doch kein Internet..oder? Als wir zu zweit 3x ein Halbjahr am Mittelmeer segelten, war nur in den größeren Küstenorten Sende-Möglichkeit. An Bord war unsre 80×50 Solarzelle als Energielieferant. Aber bei dir einsam am Berg…??? Sei’s wie es will: ich werde eine treue blog-Leserin sein so wie du bei unsrem eostoern.posterous.com unsere 16000 km Segelreise auch live mit-er-lebt hast via Internet-Verbindung zu den Eltern 🙂
Viel Glück…und immer nur so schnell wie der Schutzengel über dir gehen
Der Strom kommt für die kleineren Geräte von einem Solarpanel auf meinem Rucksack. Die größeren Geräte (die Kamera hält relativ lange durch, ich hab auch noch einen Ersatzakku dabei, das Tablet muss ich voraussichtlich alle 5-7 Tage geladen werden) muss ich an eine echte Steckdose anhängen. Das ist aber hoffentlich kein Problem. Einerseits gibt es einige Gebiete, in denen das Zelten nicht erlaubt ist und andererseits werde ich sowieso etwa einmal die Woche in einer Hütte übernachten um ein bisschen unter Menschen zu kommen, mich richtig zu waschen und vor allem auch manchmal in einem echten Bett zu schlafen. Ein bisschen Mädchen bin ich schließlich auch noch 😉
Da hast du dir ja ganz schön was vorgenommen! Nicht schlecht. Ich wünsche dir viel Saß und freue mich schon auf deine Berichte von unterwegs.
Das hört sich in der Tat nach einer tollen Tour an, und ich werde Sie gespannt verfolgen. Viel Erfolg!
Wow, toller Plan, bin gespannt auf die Berichte!
Kennst du das Buch Über die Alpen von Martin Prinz? Er ist die komplette Strecke von Triest nach Monaco gelaufen. Mich hat das Buch nicht komplett überzeugt, aber es sind schon tolle Erlebnisse. Habe hier drüber gebloggt: http://www.gipfel-glueck.de/?p=48
Hi Stefanie!
War das nicht auch Martin Prinz, der für irgendeine Österreichische Zeitung regelmäßig berichtet hat? Dessen Berichte hab ich mal gefunden, fand sie teilweise aber auch etwas langatmig. Und man hat sehr gemerkt, wie motiviert er anfangs noch war (jeden Tag einen Blogartikel) und gegen Ende nur noch unregelmäßge, kleine Resumées geschrieben hat. Als er sich dann zwei Artikel lang über Schweizer und deren Dialekt aufgeregt hat, hab ich nicht mehr weitergelesen 🙂 Mal sehen wie lange ich durchhalte! Ich habe mir jedenfalls mal vorgenommen, nicht täglich zu bloggen, maximal 1-2 Mal die Woche. Sonst ist’s ja für euch gar nicht mehr spannend 😉
Ja, der Martin Prinz hat auch für eine Zeitung geschrieben – das Buch ist auch anstrengend, am Anfang schreibt er viel über den Weg und die Orte, wo er durch wandert, aber irgendwann gehts nur noch um eine Frau, die er unterwegs kennen gelernt hat. Zum Mitnehmen ist das Buch eh zu schwer 😉
Als gebundenes Buch auf jeden Fall 🙂 Aber ich reise ja ganz futuristisch mit Tablet PC, wenn du also doch noch eine spannende Buchempfehlung hast (gerne irgendwas mit Bergen oder Expeditionen 😉 ), nur her damit!
Oh was Bücher angeht bin ich höchst konservativ – nur auf Papier 🙂 Ich kann „Die Wand aller Wände“ von John Harlin sehr empfehlen oder was von Kurt Diemberger, den habe ich bei einem Vortrag gesehen und ein Buch angefangen, ein großartiger Erzähler!
[…] Blogbeitrag, den ich tatsächlich mit meinem neuen Tablet-PC tippe, den ich mir ja extra für den Via Alpina gekauft habe. Geplant war ursprünglich, direkt von Graubünden weiter nach Chamonix zu fahren, um […]
Ich frage mich immer: wie machen die das? Ich muss zur Arbeit gehen, damit ich mir ein paar Tage im Jahr meine Outdoor-Erlebnisse leisten kann und hier werden wochen- und monatelange Trekking-Touren beschrieben. Von irgendwo muss doch das Geld herkommen, um sich derartige „Auszeiten“ zu nehmen. Der Trick dazu würde mich interessieren.
Hm… Ein Trick könnte sein, sich von konventionellen Ketten zu lösen, eine Zeit lang gezielt zu sparen, dann zu kündigen und anschließend seinen Traum zu leben. Wer hat noch Vorschläge?
Ich kann hier nur vom Langzeitsegeln reden: Als Lehrerin nicht von Bayern nach B-Wü.versetzt, 1.+2.Kind bekommen u. Vater hat gekündigt. 3 Monate Segeln mit 2 Babies auf der Adria, Venedig-Jonische Inseln-Korinth-Venedig. 4x so gemacht, auch schwanger und mit 3 Kindern. Vater kündigte, 6 Wochen Urlaub aufheben, 6 Wo. unbezahlt. Bei gute Zeit…r Vorbereitung im Groß-Betrieb schon 1983-90 möglich gewesen. Nach der „Kinderzeit“ mit 59 aufhören und zu zweit 3x 6 Monate segeln, Auf einfache Art leben, sparsam, ankern statt in Häfen.Rhône-Sardinien-Ägäis-Türkei-Marmarameer…wunderbare…