Dieses Wochenende sollte ganz im Zeichen des Tests stehen. Die Bergfreunde haben mir erfreulicherweise einen Tourenrucksack und eine neue Lawinenschaufel zur Verfügung gestellt und eine Freundin lieh mir ihre Freeride-Ausrüstung. So zog ich also mit dem Nirvana Ride von Mammut, der Schaufel Kodiak von Ortovox, den Freeridern Kiku von Völkl und der Tourenbindung Onyx von G3 (Dynafit-Technik) los. So zumindest die Idee, denn für diese Bindung ist ein spezieller Schuh nötig. Als ich am Freitag Morgen noch schnell ein paar Skiverleihe aus der Gegend abtelefonierte, bekam ich direkt beim ersten eine eher ruppige Antwort: „Wie… Skitourenstiefel leihen? Sowas gibts nicht.“ Auf die Frage, ob er eine Idee hätte, wie ich doch noch zu solchen Schuhen kommen könnte, meinte er nur, dass es sowas im ganzen Allgäu nicht gäbe und ich die mir halt kaufen solle. Aha. So klingt also Service im Allgäuer Stil. Eine Arbeitskollegin wies mich auf ein Sportgeschäft im 30km entfernten Steibis/Oberstaufen hin. „Der Sport Hauber – der ist Dynafitpartner. Versuch’s dort mal!“ Und siehe da – es geht also doch! Ich solle einfach vorbeikommen, gar kein Problem. Zurückgeben geht selbstverständlich auch am Sonntag Abend, so die freundliche Lady am Telefon.
Also ging es am nächsten Morgen mit Zug und Bus nach Reichenbach, dem Einstieg der Tour auf den Schnippenkopf. Kein besonders hoher Berg (1833m), aber die Wettervorhersage war nicht sonderlich gut und für einen ersten Eindruck von den Skien, der Bindung und auch den Dynafit-Schuhen reichte es allemal. Besonders positiv: Wer mit Skien oder Snowboard in die Busse in Oberstdorf einsteigt, fährt kostenlos. Das nenn ich Service!
Während es vor einer Woche noch klirrend kalt war und die Schneewände sich an den Straßenseiten meterhoch türmten, hatte der kurze Warmwettereinbruch die vergangenen Tage volle Arbeit geleistet.
Die Teerstraße auf den ersten Kilometern unseres Weges war weitgehend frei von Schnee und an jeder Ecke tropfe, plätscherte und floss es. Dadurch wurden natürlich auch Lawinen begünstigt: Während des gesamten Aufstiegs begleitete uns ständig das Poltern und Krachen von abgehenden Schneefeldern, vornehmlich an der Rubihorn Nordwand, in welcher der Schnee über die Felsen immer wieder mehrere Meter in die Tiefe stürzen und dadurch ein respekteinflößendes Rumpeln erzeugen.
Nach einer kleinen Rast an der Rubihütte ging es durch teils engen Wald hinauf bis zum Grat.
Das Wetter zog immer mehr zu, und außerhalb der schützenden Baumfelder bließ ein unangenehm kühler Wind. Die markanten Berge um uns herum – Rubihorn, Nebelhorn, Entschenkopf – versteckten ihre schönen Gipfel in den Wolken. Schade, im Sommer stand ich sowohl auf dem Entschenkopf als auch auf dem Schnippenkopf, jeweils bei herrlichstem Sonnenschein!
Wegen der hohen Lawinengefahr waren wir kurz unschlüssig, ob wir überhaupt bis auf den Schnippenkopf gehen oder die Rast auf seinem Vorgipfel einlegen sollten. Wir waren uns einig, dass die Abfahrt über die Flanke nicht möglich sein würde, die war viel zu steil. Die Alternative wäre über den bereits arg verspurten Grat hinunterzufahren und anschließend ein weites Stück zu queren. Andererseits den Gipfelerfolg nur wegen einer möglicherweise nicht so schönen Abfahrt sausen zu lassen, war nach einer kurzen Diskussion auch keine adequate Lösung – also rauf auf den hügeligen Grat und die letzten Höhenmeter bis zum Schnippenkopf machen!
Oben angekommen wurden wir überraschenderweise doch noch mit einem schönen Panorama belohnt. Um die neue Lawinenschaufel gleich einmal einzuweihen, buddelten wir uns ein komfortables Loch, um uns vor dem eisigen Wind zu schützen. Sogar mit Ablageflächen und Bänken.
Und dann kam das Highlight, auf das ich mich schon während des ganzen Aufstiegs gefreut hatte: Die Abfahrt mit den neuen, breeeeiten Ski! Der Schnee war ohnehin sehr schwer, aber nach ein paar vorsichtigen Schwüngen war ich hellauf begeistert. Wie leicht das geht! Eine völlig andere Technik ist hier nötig, aber die hatte ich mir während der letzten Tage immer wieder in Videos und Texten verinnerlicht. Ich fühlte mich mit den Latten viel sicherer und riskierte gleich Waldabfahrten, bei denen es mir mit den alten Ski gegruselt hätte. Wenn jetzt noch Powder liegen würde, wäre das sicher das Non Plus Ultra!
Leider war die Abfahrt naturgemäß viel zu schnell rum, um all die Tricks auszuprobieren, die ich mir in den Kopf gesetzt hatte. Aber um die Technik zu verfeinern, stand ja der morgige Besuch in einem Allgäuer Skigebiet auf dem Plan.
So kamen wir zügig zurück nach Reichenbach, auch wenn wir die Ski auf den letzten Höhenmetern wegen des Schneemangels tragen mussten. Dank einer kleinen Verspätung des Busses nach Sonthofen erwischten wir ihn zufällig gerade rechtzeitig und gelangten so ganz unkompliziert zum Zug – und keine Stunde später war ich wieder zurück in meiner kleinen Residenz. Die Muskeln jammerten etwas – aber der Kopf war in Gedanken schon wieder beim nächsten Tag: Beim Skigebiet-Test für den ADAC Skiguide. Ich freu mich drauf!
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