Wadentraining im Alpstein-Massiv

Juni 1, 2015

Der Vorsatz: Etwas Gemütliches zum Reinkommen nach der Alpinkletter-Winterpause. Die Realität: Ich stehe ungemütlich weit über dem letzten Haken, suche nach dem weiteren Routenverlauf und rechne jeden Zug damit, jetzt dann gleich abzufliegen. Und doch hält es immer wieder und nach rund 129 Ewigkeiten in dieser einen Seillänge erreiche ich den Stand. Geil! Ich bin unglaublich stolz.

Am Einstieg des Thurgauerwegs am Wildhuser SchafbergDas mit der „gemütlichen“ Tour zum Reinkommen hat dann natürlich wieder mal nicht so geklappt. „Thurgauerweg“/“Langstraße“ an den Wildhuser Schafbergen hatte ich mir ausgesucht. Sechs Seillängen, 6a, 5c+ olbigatorisch. „6a?!“ denkt sich da womöglich der ein oder andere von Euch. Stimmt, immerhin waren das Graue Element und auch die Wildenverschneidung deutlich schwerer. Diesmal wollte ich aber vollwertiges Mitglied in der Seilschaft sein, wollte ebenfalls Seillängen führen und herausfinden, ob ich 5c+ wirklich obligatorisch klettern kann – auch weit über dem letzten Haken. Für mich ein großes Ding, denn bloß weil man beim Sportklettern im achten Grad unterwegs ist oder schon im übertrieben gut gesicherten Tannheimer Tal relativ schwer klettern war, heißt das alpin noch gar nichts.

Erstmal ausschlafen

Hmmm, Salz!! Yummi!Nach einem sehr gemütlichen Freitag erreichten wir irgendwann spät Abends den Parkplatz – und wurden wenige später durch ein seltsames Geräusch geweckt: Regen. Ungünstig! Wir schliefen weiter, hofften auf einen kurzen Schauer. Irgendwie hörte es aber nicht auf, was dafür sorgte, dass wir den Wecker morgens um sieben getrost ignorierten und einfach ausschliefen. Tut nach einer arbeitsreichen Woche auch gut. Die Straßen waren pitschnass. Irgendwann gegen zehn wanderten gemütlich durch die herrliche Schweizer Bergwelt in Richtung Wildhuser Schafberge. Kuhglocken, grüne Wiesen, malerische Hütten. Nur die dicken Wolken, die in allen Gipfeln hingen, störten die Bilderbuchoptik. Aber ausgerechnet „unser“ Gipfel erstrahlte im Sonnenschein – wenn Engel reisen!

DCIM103GOPROThurgauerweg/Langstraße

Der Einstieg war einigermaßen leicht zu finden, die erste Seillänge hatte es aber dann doch gleich in sich. Er schnaufte und konnte sich sichtlich nicht entscheiden, welche Klettertechnik hier in diesem breiten Riss besser war: Piazen? Kaminklettern? Nur an der Wand entlang?! Während ich nachstieg, war ich dann doch ganz froh, ihm die Führung in der ersten Seillänge überlassen zu haben – die Hakenabstände waren durchaus sportlich. Und für 6a wurden die Arme erstaunlich müde – aber es ging doch ganz gut, was mich ermutigte, die nächste Seillänge zu führen. So hatte ich es mir vorgenommen!

Wechselführung

GOPR2696Die Abstände waren auch hier nicht weniger anspruchsvoll, konnten aber mit mobilen Sicherungsmitteln teilweise entschärft werden. Blieb nur noch die Tatsache, dass die zweite Verschneidung nass war… Aber auch das gehört halt zum Alpinklettern dazu. Umdrehen, ohne es wenigstens versucht zu haben, schien mir eine Option, die ich garantiert bereuen würde. Also erstmal schauen, ob man es nicht irgendwie umgehen konnte… Et voilá: Man konnte und ich kam einigermaßen stolz am Stand an. Nice, nice! Es folgte eine wunderschöne 6a mit fiesem Finale zum Stand hin und schon wieder war ich dran. Ich zögerte nicht und hoffte einfach mal, dass der Stand „direkt da oben an dem großen Graspolster“ kommen würde. Aber wir waren hier nun mal nicht im Tannheimer Tal… Vorsichtiges Nach-oben-Wackeln brachte dann die Ernüchterung: Kein Stand. Und auch weit und breit keiner zu sehen. Und eigentlich auch kein Haken. Also weiter, vielleicht wird’s ja leichter! Es folgten dann doch noch viele, viele Meter, einige selbstgebaute Sicherungen, ein paar überraschend wacklige Züge ungemütlich weit überm letzten Haken und dann plötzlich tauchte er doch noch auf: Der Stand. Rettung! Wie geil ist das denn! Ein lupenreiner Vorstieg mit sauberen Hakenabständen, Junge, Junge!

Done for today!Die letzte Seillänge war ich dann doch froh, nicht mehr führen zu müssen, der Kopf war schon ziemlich durch. Aber egal! Auch wenn ich schon in schwereren Alpintouren unterwegs war, war das hier doch ein riesiger, ganz persönlicher Erfolg. Eine alpine acht nachzusteigen oder eine Sportkletter-Tannheimer-Tal-Route zu klettern ist nun doch noch einmal was anderes als das hier. Ich war stolz. Bin stolz! Wenn das Jahr so beginnt, bin ich gespannt, was noch so kommt!

Seitenwechsel: Bollenwees

Mit dem Bike zum Gasthof Bollenwees.Das Alpstein-Gebirge bietet sooo viele Kalkfelsen, dass man sich nur schwer entscheiden kann. Letztendlich wählten wir als zweite Tour den „Patschhändlischreck“ an der Neue Südplatte oberhalb vom malerischen Gasthof Bollenwees – also genau auf der anderen Seite dieses kleinen Gebirges. 600 Höhenmeter mit dem Bike, weitere 400 zu Fuß. Zugegeben, wir waren ziemlich fertig, als wir am Einstieg ankamen. Aber es waren eigentlich nur zwei schwere Seillängen (eine 7, eine 6)  – der Rest leichter als die Tour von Samstag.

Mit Wald im Gesicht sieht man schlecht

Ich hatte ja noch darauf gehofft, dass wir da einfach gemütlich durchcruisen würden, aber letztendlich war die 6b noch die schönste Seillänge und die anderen ganz schön schwer für den Grad. Überhaupt, viel war quer durch die Botanik, durch brüchiges Gelände oder halt einfach nicht so schön. Oder waren wir schlicht müde? Obwohl wir beide zwischenzeitlich etwas semi-motiviert waren, stiegen wir sie dann doch noch bis oben durch. Während ich mich auf den letzten Metern zum Gipfelbuch durch fiese Föhren zwängte – mehr Holz als Fels in den Händen (und noch dazu nicht mal sicher, überhaupt noch auf dem richtigen Weg zu sein, man sieht ja nix mit Bäumen im Gesicht), blieb die Motivation irgendwo in den Büschen hängen. Erst als ich nahezu unvermittelt über den letzten Stand stolperte, war doch wieder alles ok. Geschafft! Im doppelten Sinne! Yeah!

Und als Finale noch ein bisschen... Überraschung! Botaaaanik!Runter…

Glücklicherweise umarmte das Seil beim Abseilen keinen dieser Bäume zu sehr und so standen wir nach rund vier Stunden wieder am Einstieg. Und was beim Zustieg so endlos schien, schafften wir im Abstieg/Abfahrt in deutlich weniger als einer Stunde. Hat sichs also doch gelohnt, die Bikes diese brutal steile Straße hochzuschieben!

…und heim!

Einen Kaffee, einen Chickenburger, eine große Portion Pommes, eine Pizza und eine Bananenmilch später saßen wir dann wieder daheim auf dem sonnigen Balkon und grinsten fröhlich. Ein tolles Wochenende! Und mal wieder mit dem besten Typ der Welt. War auch mal wieder Zeit!

 

 

 

You Might Also Like

4 Comments

  • Reply Sabrina Juni 1, 2015 at 9:02 pm

    Chapeau! Gute Nacht!:)

  • Reply Christian Juni 1, 2015 at 9:05 pm

    Wie’s mir immer mulmig wird im Bauch, die Hände nass werden und Knie anfangen zu zittern, wenn ich deine Texte lese und auf den Bildern in die Tiefe blick‘ … 😉

  • Reply Dani Juni 1, 2015 at 9:40 pm

    Der vorletzte Satz = sooooo süss! 🙂

  • Reply Chris Juni 7, 2015 at 7:23 pm

    Gut gemacht Erika! Kannst auf Dich stolz sein!! 🙂 Und jetzt immer schön dran bleiben.

    LG,
    Chris

  • Leave a Reply

    Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.