Das war so klar. Unsere Finger sind durch, die Muskeln müde, die Zehen tun weh. Wir brauchen dringend einen Pausetag. Da könnte man ja einfach mal gemütlich Wandern gehen – so, wie das normale Leute in ihrem Urlaub machen. Nichts aufwändiges, einfach nur auf einen Gipfel hoch und unten in der Schlucht wieder zurück. Die Route ist sogar in meiner Wanderkarte eingezeichnet. Irgendwas steht da mit dificil (komisch, bei allen anderen ausgewiesenen Rundwanderungen steht nur „dificultat baixa/mitjana/alta, nur bei der ausgewählten steht „dificil“), aber wir sind ja Kinder der Alpen, das wird schon gut gehen. Im Notfall drehen wir halt um.
Der erste Anstieg (500 hm) arbeitet auf zwei Kilometern fast sämtliche Höhenmeter ab – sehr steil geht es auf schmalen, selten markierten Pfaden durch die Botanik. Plötzlich stehen wir auf dem Gipfel („Punta dels Pins Carrassers“, 1062 m), der auf mich irgendwie ungewohnt wirkt. Woran liegt es? Nach wenigen Augenblicken komme ich drauf: a) Auf dem Gipfel steht ein Baum. Ein BAUM! Sehr ungewohnt. B) Blickt man in die Weite sieht man erstmal eine weitläufige Fläche und dahinter hohe, schneebedeckte Gipfel (Pyrenäen). Noch ungewohnter. Wir bleiben nicht allzu lang – es stürmt natürlich (was auch sonst), außerdem ist es in fünf Stunden dunkel und wir wissen nicht recht, was noch alles auf uns zukommt. Streckenmäßig haben wir jedenfalls höchstens ein viertel hinter uns. Aber jetzt geht’s ja nur noch bergab – kann eigentlich nicht mehr so viel schief gehen. Denkste. War ja so klar! Es wird plötzlich ordentlich ausgesetzt, so Sachen wie Stahlseile oder Stufen gibt es hier natürlich nicht. Nur hin und wieder ein Steinmännchen weist den Weg. So geht es auf abschüssigen, teils mit Geröll bedeckten Steinplatten bergab – links und rechts mal wieder eher kompromissloses Sturzgelände. Wieso suche ich mir eigentlich immer solche Sachen aus? Von wegen entspannter Pausetag. Natürlich verlieren wir irgendwann den Weg – und schon zum zweiten Mal rettet uns die Offline-Karte, in der tatsächlich zufällig genau dieser Weg markiert ist. Unglaublich. Ab hier wird der Pfad deutlich einfacher und je weiter wir in die Schlucht kommen, desto mehr wandelt sich die karge Gebirgslandschaft in saftiges Grün. Die Aussichten auf die ausgewaschenen Konglomerat-Gebilde ist atemberaubend, die feuchte, exotische Botanik ringsum völlig ungewohnt und der Weg jetzt doch noch sehr entspannt. Ein anstrengender Pausetag! Aber mit tollen Ausblicken. Hat sich irgendwie doch gelohnt.
1 Comment
Ihr klettert zuviel! Macht mal öfters so eine Pause. 😉
Weiterhin eine ordentliche Portion Freude und viele Grüße, Bernd