Schrammacher, Stapfenstraße, Hochferner… Gott sei Dank hatte Simon Messner mit Philipp Brugger Ende November noch schnell eine Linie im Eis entdeckt, ansonsten hätten sich die Eiswütigen in diesen Sonnenwochen auf NOCH weniger kletterbarem Untergrund verteilen müssen. Die Munkelei von guten Verhältnissen in Kombination mit den vagen Rahmendaten (WI4-5, M5-6, 600m) holten da natürlich das Team Michi-Gunde auf den Plan. Sehr früh und unter der Woche, sicher ist sicher.
Die Nacht mal wieder eingemummelt in den dicken Schlafsäcken, der Wecker mal wieder auf vier Uhr, die Temperaturen diesmal besonders garstig. Dank der inzwischen ganz gut eingespielten Routine hatschten wir 45 Minuten später in übertrieben hellem Mondschein den Winterwanderweg entlang. Diesmal war zumindest klar, dass wir im richtigen Tal unterwegs waren 😉
Mondschein-Romantik
Nach einer Stunde standen wir an der Holzbrücke, von hier sollte es in Falllinie zum Einstieg gehen. Der Vollmond beleuchtete die Schneerinnen, eindeutige Spuren wiesen aber ohnehin den Weg. Nach insgesamt 2,5 Stunden Zustieg standen wir dank angelegter Autobahn startbereit am Einstieg, das erste Tageslicht gesellte sich erfreulicherweise gerade noch dazu. „Du kommst dann einfach nach, oder!“ und weg war er. Nach 60 Metern klimperten das erste Set Minitraxionen. Wie kam ich auch auf die absurde Idee, wir würden das Ding ganz klassisch in Wechselführung machen? 😉
Genuss pur!
Erstes Set Minitraxionen, heillos ausgepickelte Genusskletterei, nächstes Set Tiblocs. Immer wieder kurze Vorfreude, hier wohl auch vorsteigen zu können. Aber gut, solange er nicht stehen bleibt, bleibt’s immerhin gemütlich… Immer dieses faule Teufelchen!
Vorsicht bei der Einfahrt
Nach drei Seillängen kam unser Frühzug an einem hübsch eingerichteten Stand zum Stehen. Die Idee mit dem Vorstieg verwarf ich im Angesicht der dünnen Glasur direkt mal, irgendwo hier müsste gar dieses Mixed-Gelände kommen. Unten pirschten sich zwei weitere Seilschaften an, ein Snickers später krabbelte ich auch schon hinterher.
Mixedgunde, ein Naturtalent!
Und da war er auch schon. Dieser ominöse Mixed-Teil. Immerhin waschechtes Neuland für mich. Der Messner Simon hatte was von „ganz kurz mal M5“ gesagt, im Panico-Führer stand drin, dass M-Bewertungen nicht so ernst genommen werden sollten, aber dass sowas ganz grob einem Fünfer im Fels entspricht – Erfahrung in dem Sport vorausgesetzt. Klang irgendwie machbar – zumindest wenn man den letzten Satz ignoriert! Kurze Überforderung, wo man da jetzt eigentlich am besten stemmt, zieht oder schiebt und schon war die Stelle vorbei. Ha! Easy! Mixedgunde, ganz eindeutig ein Naturtalent!
Nixedgunde
Ein paar Meter Eis, dann wieder Glasur. Kalter Kaffee, kann ich! Motiviert ging’s los, das Eis wurde immer brösliger, die Kratzspuren im Fels deutlicher. Und plötzlich war da gar nichts mehr. Kein Eis, nur eine lustige Verschneidung ohne einen Ansatz an Tritten. Guter Zuspruch von ein paar Meter weiter rechts, er faselte was von einem guten Tritt weit oben rechts. Aufhocken. Alter! Aufhocken!? Tritt?! GUT??
Fahrt die Krallen aus!
Ich wählte gekonnt beratungsresistent die lose Schuppe und machte einen auf Mädchen – sprich: Krallte mich mit Handschuhen an eine ebenso wacklige Leiste. Doppeln, stemmen, oben gar mal klemmen, wozu hat man’s denn sonst gelernt. Sah mich schon in den Friend flattern, flatterte nicht, klammerte mich höchst professionell an den Fels und verschnaufte erstmal sauber. Jo… Da ist beim Naturtalent wohl noch ein ganz, ganz klein wenig Luft nach oben.
Leicht gegruselt
Friend bergen, wieder abklettern. Hand zum Fuß, Ohrwaschl ans Knie, irgendwie wieder runtermurksen. Er sagte was von „gute Hooks“, ich blieb bei meiner Mädchenvariante und kralle mich an die hübschen Leisten. Haben Zacken eigentlich auch Reibung?! Das Gelände wurde schnell leichter und irgendwie fand ich mich tatsächlich wieder bei ihm. Das… War… Gruselig! Anstrengend! SCHWER!
Ende Gelände
Wir sparten uns den Blick ins Topo, die Verschneidung links sah gar so komisch aus und krabbelten über leichtes Gelände in den Schnee. Ende! Mehr war da nicht mehr!? Verrückt! 10 Uhr und wir waren am Ausstieg. Um die nachfolgenden Seilschaften nicht zu bombardieren, entschieden wir uns noch für den Gipfel. Saublöde Idee im Nachhinein, denn aus den vermeintlichen 20, 30 Minuten wurden gut zwei Stunden. Den letzten Gipfelhang überließ ich gleich ihm, denn Retour dauerte es dank Gruselgunde auch nicht viel kürzer, das Abseilen ging dafür zügig.
Hatsch, hatsch, hatsch. Haaaaaatsch.
Vom Einstieg bis zur Holzbrücke dann nochmal Crashkurs im g’scheiten Absteigen mit Steigeisen, in den letzten Sonnenstrahlen die Wanderung durch die hübsche Waldschneise, mit dem Sonnenuntergang Einlauf am Parkplatz. Müde Waden, trockene Lippen, völlig erschöpftes Grinsen im Gesicht.
Durst, Müde, Happy! Müde! MÜDE! Nach der heißen Wiederbelegungs-Schoki vom Lieblingsbäcker war die nächste Station in meiner Erinnerung unsere Haustüre. So fest hatte ich den Fernpass schon lange nicht mehr verschlafen. Was für ein Tag! Und was für ein Glück, so einen Chauffeur, Lokführer und Mental-Beistand als Partner zu haben.
Verhältnis-Fotos zu den Hängenden Gärten etc. weiter unten.
Diese Ausrüstung war dabei:
(Mehr zu sowas gibt’s hier).
Eis-Verhältnisse / ice conditions Sellrain (Hängende Gärten, Gasthausfall etc.). Bilder vom 15. Dezember.
3 Comments
Hey fleißigschreibgunde 😉
Das Lesen bei dir, macht mich scho arg neidisch. Aber dir sei’s gegönnt 😉
Du machst alles richtig. Genau richtig. Die Tour hört sich super an.
Das ist auch eine tolle Gegend da.
An dem Berg musste ich vor ein paar Jahren umdrehen. Normalweg und Schnee bis zur Hüfte, in einem September.
LG Joey
Hi Joe,
ha, mist, das war nicht geplant, dass das schon irgendwo aufpoppt 🙂 Ich wollte nur mal ein bisschen vorarbeiten – speziell im Angesicht der weiterhin so guten Wettervorhersage. Da kommt ja schon fast Stress auf 🙂 Die Gegend dort ist wirklich schön, ja! Und im Gegensatz zu Südtirol wenigstens auch nicht ganz so weit entfernt…
Einen schönen dritten Advent!
Erika
Bin gerade zum lesen gekommen….ach klingt das toll.
Bravo gemeistert – wie immer1 Bin stolz auf Dich!
Bis baaaaaaaaald, Bussi Brina