Angst beim Klettern: Interview mit Caro North

Juni 21, 2016

Spätestens nach ihrer ersten Mädels-Begehung des Cerro Torre in Patagonien dürfte Mammut-Athletin Caro North vielen ein Begriff sein. Als ein weiterer Zögling des DAV Exped-Kaders gelangen ihr schon beeindruckende Begehungen im Yosemite-Valley, in Chamonix und im Himalaya. Wie steht es bei ihr mit der Angst? Ich habe nachgefragt.

Hallo Caro! Lässig, dass Du Zeit gefunden hast, mir ein paar Fragen zu beantworten, vielen Dank dafür! Sag mal…

Ist für Dich beim Klettern Angst ein großes Thema oder hast Du Deinen Kopf meist im Griff?

Summit Cerro Torre © Caro NorthIch hab meinen Kopf normalerweise ziemlich gut im Griff. Es gibt immer mal Ausnahmen und schlechtere Tage, wo auch mir die Angst in den Kopf kommt und dann nicht so viel geht. Aber zum Glück ziemlich selten. Das letzte Mal so richtig, richtig gefürchtet habe ich mich auf Expedition in Indien auf einem alpinen Zustieg. Da mussten wir unter einem Couloir durch, wo immer wieder Seracs abgebrochen sind und Lawinen ausgelöst haben. Da hat mich die Angst wirklich blockiert.

Aber beim Klettern? Da muss ich überlegen… In Indian Creek gab’s schon so Situationen. Wenn ich zum Beispiel über dem Cam stand und einen schlechteren Tag hatte. Da habe ich manchmal Angst bekommen und wollte nicht fliegen, obwohl ich ja weiß, dass die super halten.

Hattest du früher mehr Angst?

© Caro NorthJa, ich hatte früher viel mehr Angst. Vor allem als ich als Kind mit dem Klettern angefangen habe. Sie ist dann weniger geworden, als ich mehr geklettert bin. Die Routine und Erfahrung haben mir geholfen. Es ist auch nicht so, dass ich gar keine Angst mehr habe, sondern dass ich sie gut kontrollieren kann. Dadurch wird sie nicht zu einem Hindernis, sondern hilfreich. Denn in brenzligen Situationen bin ich dann hoch konzentriert. Eine lähmende oder blockierende Angst habe ich nur ganz ganz selten, eigentlich kaum.

Wenn sich dann doch mal die Angst einschleicht, bleibe ich ruhig, in dem ich tief atme und mich voll auf die Situation konzentriere. Außerdem rede ich mir gut und motivierend zu und versuche die Situation objektiv zu analysieren.

Tpyisch: Man weiß, dass der Sturz ungefährlich ist oder man weiß, dass man den Zug eigentlich kann – macht ihn aber doch viel entspannter, wenn man die Exe eingehängt hat. Das ist ziemlich irrational. Was rätst Du Mädels, die vom Kopf limitiert werden? 

© Caro North in der Grand JorasseGanz viel stürzen, stürzen, stürzen. Immer wieder. Versuchen wirklich bis an die Sturzgrenze zu klettern, denn nur so wird man besser. Die Routine macht’s, auch ich muss manchmal erstmal wieder stürzen um zu sehen, dass nichts passiert. Dabei ist es wichtig, einen guten Sicherungspartner zu haben. Denn weiches Fallen ist das Allerwichtigste, um die Angst loszubekommen. Bei uns leichten Mädels besteht eben eher die Gefahr hart gesichert zu werden und dann voll in die Wand zu knallen. Das ruft nur noch mehr Angst hervor. Verständlicherweise.

Sonst gibt es natürlich noch klassisches Sturztraining, das man in der Halle oder am Fels machen kann. Zunächst im Toprope, dann im Vorstieg. In verschiedenen Stufen tastet man sich immer weiter an den Vorstiegssturz ran. Erst im Nachstieg ohne Schlappseile, dann immer mehr Schlappseil, dann im Vorstieg direkt an der Exe und immer weiter hochtasten, bis das Fliegen richtig Spass macht 😉

Glaubst Du, dass Männer einen anderen Zugang zu Angst haben?

Ich glaube schon, dass Männer generell mit dem Thema anders umgehen. Jungs „dürfen“ viel weniger Angst zeigen, müssen viel härter gegenüber ihren Kumpels sein. Das ist schon zum Teil so in der Gesellschaft verankert.

Aber es gibt trotzdem genauso auch Jungs die Angst haben und ich hab es auch schon erlebt, dass mich in alpinen Touren meine Kletterpartner in den psychisch anspruchsvollen Seillängen vorschicken.

Hast Du Vorbilder bzw. Leute, die Dich inspirieren? 

© Caro North Cerro TorreKlar! Um ganz ehrlich zu sein, inspirieren mich ganz viele meiner Kletterpartner. Fast von jedem, mit dem ich unterwegs bin, kann ich irgendetwas lernen. Sei es beim Klettern oder als Lebensphilosophie. Oder sie inspirierend mich einfach und bringen mich auf neue Ideen und Projekte. Jetzt gerade war ich zum Beispiel mit Steph Davis klettern. Sehr inspirierend. Was sie alles schon gemacht hat, der Wahnsinn. Und sie klettert einfach immer noch und hat mega viel Spaß dabei. Das will ich später auch!

Mit dem Stef Siegrist bin ich sonst auch ab und zu unterwegs und der motiviert mich extrem. Und er hat auch schon so viele verschieden Expeditionen gemacht, ist aber trotzdem voll cool drauf und „down-to-earth“. Nicht irgendwie abgehoben.

Gleich geschafft, letzte Frage! Welches Klettergebiet sollte man in deiner jetzigen Heimat definitiv einmal besuchen?

Sportklettern? – Rawyl!

 

Merci vielmals für’s Gespräch! Hier geht’s zu Caros Website und hier zurück zur Übersicht aller Interviews.

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