Eigentlich sollte ich heute in einer 500 Meter langen Granitkante im Zillertal hängen. Weil es aber meist ja irgendwie doch immer anders kommt, musste ein Plan B her, denn die Fußsteinkante war auf Montag verlegt. Gutes Wetter, keine Lust vor Montag meine Vorstiegsmoral in einer schweren Tour zu demolieren und überhaupt massiver Entspannungsbedarf… was Gemütliches musste her. Irgendwas im Allgäu, irgendwas nicht besonders Anspruchsvolles, aber schon was, das Spaß macht.
Es gibt inzwischen nicht mehr ganz so viele Bergunternehmungen im Allgäu auf meiner Wunschliste. Die Überschreitung der Hammerspitzen zwischen Kleinwalsertal und Oberstdorf stand aber schon lange darauf. Das lag vor allem daran, dass sie mir früher sauber Respekt einjagte, aber inzwischen hat sich viel getan und exponierte zweier/dreier-Kletterei traue ich mir inzwischen doch zu. Und weil solche Bergtouren im Allgäu für mich inzwischen standardmäßig abseits der Mainstreamzeiten stattfinden, war eine Sonnenaufgangstour eigentlich obligatorisch. Schönes Licht zum Fotografieren, kaum jemand unterwegs (und wenn dann Gleichgesinnte) und früh wieder zurück – perfekt!
Die Tourenkarte:
Spezielle Freunde für spezielle Unternehmungen
Ich wählte die einzige Nummer, die für solche Fälle in Frage kommt: jene von Immanuel. Er sagte sofort zu und wir einigten uns darauf, zum Sonnenaufgang um halb sechs etwas oberhalb der Fiderepasshütte sein zu wollen. Etwa 900 Höhenmeter = maximal zwei Stunden = Dämmerung um fünf = Loslaufen um kurz nach drei = Losfahren um halb drei = Wecker um zwei. Wecker um zwei. Wie war das nochmal mit dem „massiver Entspannunggsbedarf“?! Aber egal, es war klar, dass es sich lohnen würde. Die Touren mit Immanuel haben sich bis jetzt noch jedes Mal gelohnt. Und wer früher startet, ist auch früher zurück (wobei, das sollte ich inzwischen bei uns eigentlich besser wissen 😉 ).
Dafür lohnt es sich
2.25 Uhr – Immanuel steht natürlich bereits vor der Tür. Egal, so früh krieg ich eh nichts zum Frühstücken runter, also los. Es ist stockdunkel, als wir loslaufen, aber der Weg ist breit und von der Skitour auf die Hammerspitze einigermaßen bekannt. Wir verquatschten uns natürlich wieder und plötzlich war eine Stunde um und nur noch 300 Höhenmeter zu Laufen übrig. Hoppla! Pünktlich zur Ankunft auf dem Fiderepass war der Horizont bereits in tiefes Orange getaucht und wir vertrödelten ausgiebig Zeit beim Fotografieren. GENAU DESHALB lohnt sich das frühe Aufstehen – und wir beide wissen es enorm zu schätzen.
Wo geht’s hier lang!?
Nach dem Sonnenaufgang stiegen wir wohl auf dem nicht ganz offiziellen Weg zur Östlichen Hammerspitze hoch – die Wegfindung ist generell nicht ganz einfach, wenn man in dieser Richtung unterwegs ist – die Tour wurde wohl nur von der Kanzelwandbahn aus markiert. Seltsam eigentlich, denn so muss man nahezu ausschließlich abklettern, fast nichts hinauf. Sinn!? Macht nichts, allzu schwer ist das Gelände auch neben dem eigentlichen Weg nicht. Die einstmalige Schlüsselstelle direkt unterhalb des ersten Gipfels wurde durch Stahlbügel entschärft – schade eigentlich, irgendwie nimmt das der ganzen Unternehmung den Charakter.
Ein kurzes Nickerchen und weiter geht’s
Wir genossen abermals die herrliche Stimmung, frühstückten ausgiebig und fotografierten zur Abwechslung auch ein wenig. Der Weiterweg zur Mittleren und Westlichen Hammerspitze war meiner Ansicht nach zwar nicht sonderlich exponiert, dafür war es umso schwerer, gleich auf Anhieb den richtigen Weg zu finden. Aber die Verhauer waren meist nur ganz kurz. Eher die kurzen Sand-/Geröllpassagen forderten etwas Konzentration. An der Mittleren Hammerspitze waren nahezu alle Schwierigkeiten vorbei, dafür wurde es immer diesiger und Quellwolken bildeten sich. Während Immanuel Panoramas aufnahm, genoss ich ein kleines Schläfchen, bevor wir vollends zur Westlichen Hammerspitze joggten.
Letzter Gipfel für heute
Wieder Fotos machen, wieder Aussicht genießen, wieder sich-über-die-Unternehmung-freuen und vor lauter Gequatsche den falschen (weil offensichtlicheren Weg) genommen. Nicht so schlimm, Wanderwege gibt es ja im Kleinwalsertal genug. Wir landeten letztendlich bei der Kuhgehrenalpe, die uns mit ihrer maximalen Gemütlichkeit spontan in ihren Bann zog. So eine schöne Alpe! Tolle Aussicht, super netter Service und der Heidelbeerjoghurt und die Erdbeermilch von Sarah und Regina (die Kühe 😉 ) schmeckte nach so einer Tour richtig gut.
Wie meistens: Alles richtig gemacht!
Die letzten paar hundert Höhenmeter legten wir abermals im Dauerlauf zurück – inzwischen war es schon wieder unangenehm warm und überhaupt sind solche Abstiege ja immer irgendwie nervig. Um 10.10 Uhr standen wir wieder am Parkplatz, einige richtig gute Fotoaufnahmen im Kasten und ein ziemlich breites Grinsen im Gesicht. Super Tour, super Begleitung, ideale Verhältnisse! Perfekt!
6 Comments
Sauber! Und wie habt ihr die ehemalige Schlüsselstelle nun gemacht? Mit Seil? Ohne?
Hi Ruckl,
da wir die Tour vom Fiderepass aus gegangen sind, war die Schlüsselstelle im Aufstieg. Mit den Stahlbügeln ist sie deutlich entschärft und ohne Seil problemlos machbar. Aber auch die alte Variante sah leicht zu klettern aus – sie wäre nur ausgesprochen ausgesetzt (also falls die alte Variante wirklich rechtsrum geht), daher hab ich mir dann doch für die Stahlhilfe entschieden 😉 Abklettern ginge je nach Psyche auch, ansonsten hilft ein 30m-Seil (Abseilstelle vorhanden) – das macht aber in der Richtung sowieso evtl. Sinn, weil all die Kletterstellen im Abstieg und jeweils Haken vorhanden sind.
Die Bilder sind wahrlich ein Genuß für die Augen. Du hast mal wieder alles richtig gemacht und auch sicher noch ein Grinsen im Gesicht! Toll, danke fürs teilhaben lassen.
Gruß aus nördlichen Gefilden, Bernd
Welch interessante Tour. Und die morgendliche Sonnenlichtstimmung einfach nur schön. Ihr habt fantastische Fotos mit nach Hause gebracht.
Es war somit ein guate Idee so früh aufzustehen, allein schon der Hitze wegen.
Sonnige Grüße
Conny
Wieder wunderschöne Bilder!
Wunderschön, deine Bilder. Ich vermisse meine Heimat jeden Tag. 3 Wochen Urlaub zurück im Allgäu wäre ein absoluter Traum.