Ist das Gegenteil von „Abenteuer“ eigentlich „langweilig“?

Mai 3, 2015

Mein Blog ist für mich so eine Art Erlebnisbarometer. Wenn es viel zu schreiben gibt, erlebe ich viel – so war es zumindest bisher. Immer häufiger habe ich aber das Gefühl, dass das so gar nicht mehr stimmt, denn die Messlatte, was für mich im Blog „erzählenswert“ ist, hängt scheinbar inzwischen recht hoch.

Touürle aufs Burgberger Hörnle im April.

Früher konnte ich noch problemlos einen langen Artikel über die Wanderung auf die Sonnenköpfe oder die Skitour auf den Steineberg schreiben und auch die Überschreitung von Zinken und Sorgschrofen war ein richtiges kleines Abenteuer. Heute sind das kleine Ausflüge, die mal eben zum Sonnenaufgang oder noch kurz nach der Arbeit gehen. Irgendwie ist das schade. Es ist nicht so, dass solche kleinen Touren für mich „nichts“ oder „langweilig“ sind, gar nicht! Es ist schön rauszukommen, womöglich das ein oder andere Foto zu machen und sich auszupowern, aber was soll ich darüber schon erzählen? Es geht auf einem meist unverfehlbaren Weg nach oben, man steht am Kreuz, hat eine große Aussicht und geht auf einem anderen gut markierten Weg wieder nach unten. Es ist nun mal kein Abenteuer mehr. Für mich.

Schaut, ich bin so toll!

Nachtskitouürle aufn GrüntenEin anderes Gefühl, das sich aber auch noch mit reindrängt, ist die facebooksche Präsentierwut. Manche Leute posten, um möglichst sportlich/abenteuerlich/mutig/sonstwas dazustehen. Ich möchte aber nicht posten, um zu zeigen, wie kraaaass ich bin, sondern um Geschichten zu erzählen, um anderen gute Unterhaltung zu bieten und sie bestenfalls zu inspirieren. Womöglich gibt es auch deshalb keine Artikel  mehr zu Erlebnissen, die für mich „nicht der Rede wert“ sind. Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, mich darstellen zu müssen. Und ich möchte definitiv nicht langweilen! Man erzählt schließlich Freunden auch nicht ganz aufgeregt von seinem heutigen Weg zum Supermarkt.

Aber was ist schon „Abenteuer“?!

After-Work-Touürle auf den Steineberg.Für mich war damals die Überschreitung am Zinken ein echtes Abenteuer, ich habe die Tour selbstständig ausgewählt, hatte weniger erfahrene Leute dabei und es war eine „schwarze“ Tour im Rother Wanderführer. Heute wäre für mich das Finsteraarhorn oder Mehrseillängenroute im Eis ein großes Abenteuer und was morgen ist, weiß ja keiner so genau. Aber andererseits: Was für mich heute ein Abenteuer ist, ist für andere eine Spielerei (siehe hier den Kommentar von Haegefjeller) und für wieder andere eine riesige Herausforderung. Ist es also nicht schon fast herablassend zu sagen, dass zum Beispiel die diesjährige durchaus teils steile Skitour auf den Steineberg „nicht der Rede wert“ war und sie es deshalb nie in den Blog „geschafft“ hat? Für andere ist sie womöglich eine echte Herausforderung!

Nein. Ich bin dagegen.

Und doch, je mehr ich darüber nachdenke, fühle ich mich unwohl dabei, über kleine Touren zu berichten. Ich möchte mich nicht darstellen, sondern möchte möglichst spannende Geschichten erzählen. Und wenn ich sie nicht spannend oder erzählenswert finde, dann komme ich als Gründer und Alleinunterhalter von ulligunde.com zum Entschluss, dass sie dort nichts verloren haben. Zumindest nicht in Textform – bei Facebook und Instagram gibt es ja regelmäßig Bilder, auch von den kleineren Unternehmungen.

Und Ihr so?

Was meint Ihr? Würdet Ihr auch kleine Erlebnisberichte schätzen oder findet Ihr gut, sich auf die „großen Abenteuer“ zu beschränken?

 

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8 Comments

  • Reply Nima Mai 3, 2015 at 10:45 am

    Hallo liebe Erika,
    wenn du etwas nicht erzählenswert findest, dann macht es natürlich auch keinen Sinn, darüber zu berichten.
    Allerdings denke ich schon, dass auch kleine, „unspektakuläre“ Unternehmungen Stoff für Berichte hergeben. Allerdings nicht um des reinen Berichten willens, sondern einfach, weil man den Fokus auf winzige Details legt.
    Auch ein vermeintlich großes Abenteuer setzt sich schließlich aus vielen kleinen Momenten zusammen 🙂

    Was mich aktuell eher amüsiert, ist der Boom der sogenanngen Micro Adventures. Da wird einfaches Zelten ab vom Campingplatz schon zum Survivaltraininig hochstilisiert.
    Bald wird sogar das Gassigehen mit dem Hund ein Micro-Adventure, wenn man ihn im Wald ohne Leine laufen lässt …

    Dein Blog lebt davon, dass er authentisch ist. Ob dein Abenteuer groß oder klein war, ist nebensächlich – deine Persönlichkeit ist das, was ihn ausmacht 🙂

    Liebe Grüße
    Nima

  • Reply Joachim Mai 3, 2015 at 11:36 am

    Da ich weder Farcebook noch Instadings nutze, wäre ich auch über kleine Berichte froh. 😉

  • Reply Bernd | KritzelKraxel.net Mai 3, 2015 at 12:30 pm

    Hallo Erika,
    was Du in Deinem Blog erwähnenswert findest liegt völlig bei Dir. Du entscheidest ganz allein, was Du dort veröffentlichen möchtest! PUNKT.
    So, ist das ja erst einmal raus.
    Klar kann ein Außenstehender argumentieren, Du solltest den Blog nach den Bedürfnissen Deiner Leser füllen. Wirklich? Das kommt sicher drauf an.
    Mir ist es auch lieber eine schöne, lustige oder auch mal nachdenkliche Geschichte zu lesen, anstatt auf Teufel komm raus alles mögliche zu veröffentlichen.
    Ich wollte schon schreiben „Bleib wie Du bist“, aber nein, das trifft es ja nicht. Passender ist sicherlich: „Entwickle Dich weiter!“
    So mag ich das mal stehen lassen.

    Viele Grüße aus dem westfälischen Norden, Bernd

  • Reply Steve Mai 3, 2015 at 2:20 pm

    Ich merke eigentlich schon wenn ich unterwegs bin, ob es sich lohnt über die Tour einen Bericht zu schreiben.

    Auch altbekannte Touren schaffen es dann in den blog, wenn ich zum Beispiel das erste Mal in kurzen Hosen unterwegs bin oder zum ersten Mal in diesem Jahr auf dem einen Gipfel stehe.

    Wie gesagt, oft fällt mir schon während des Laufens ein, was und wie ich es erzählen will.
    Wenn mir auf Anhieb nichts einfällt, dann gibt es auch keinen Bericht.

  • Reply Ulrike Mai 3, 2015 at 3:59 pm

    Das WAS du erzählst ist für mich eigendlich gar nicht so entscheident.Deine Geschichten sind für mich wertvoll durch das WIE du sie erzählst. Deine ganz eigene Art ist was mich fasziniert. Es ist interessant welche Aspekte du heraushebst, wie du Situationen oder Dinge interpretierst. Bis jetzt hatte ich ja noch keine Gelegenheit eine Geschichte von dir zu lesen über den Weg zum letzten Supermarksbesuch :). Ich bin mir fast sicher sie wäre so unaufgeregt und mit Humor durchdrungen wie all deine Geschichten und ich würde sie gerne lesen.

  • Reply Gerhard Mai 4, 2015 at 8:18 am

    Die Nima hat das gut ausgedrückt: Eine Unternehmung reiht viele winzige Deiails aneinander. Manche dieser kleinen Erlebnisse regen zum Nachdenken an und bleiben haften. Und diese Eindrücke bilden sich auf kleinen wie großen, einfachen wie schwierigen Unternehmungen. Sie sind zumindest ebenso lesenswert wie der Ablauf einer Tour. Also lass uns auch Deine „kleinen Erlebnisse“ miterleben.

  • Reply Dani Mai 9, 2015 at 11:57 am

    Ich finde auch kleine Abenteuer schön. Wenn ich das tausendste Mal auf den Hausberg latsche, schreibe ich auch nichts darüber, aber evtl. mache ich einen Foto-Post, weil es halt ein schöner Sonnenaufgang war. Es muss ja nicht viele Worte dazu geben, oft reichen Bilder aus.

    Ich schreibe auch gerne über After-Work taugliche Touren, sie sind zwar kein großes Abenteuer, aber gerade in meiner Anfangszeit in den Bergen, habe ich immer versucht herauszufinden, von welchen Bergen man optimalen Blick auf den Sonnenuntergang hat, welcher Berg noch schnell zu Fuß erreichbar ist und daher habe ich für mich beschlossen, den Tag „After Work“ einzuführen.
    Es muss nicht immer ein Abenteuer sein, worüber berichtet wird (da würden ehrlich gesagt 99% der im Web kursierenden Tourenberichte sowieso wegfallen, da in meinen Augen ein richtiges Abenteuer folgende Definition erfüllen muss: „Ausgang ist ungewiss und kann dem Wagenden auf physischer, emotionaler und mentaler Ebene Schaden und Leid zufügen“.)
    Aber darum soll’s ja in jedem Blog gehen: man schreibt über das, was man will und Punkt aus! Wenn du keine Lust hast etwas zu schreiben, dann mach’s nicht und wenn du Lust hast etwas mitzuteilen, dann mach’s.
    Wenn die Leute sich wegen, in ihren Augen zu zu viel Selbstdarstellerei an manchen Blogs anstoßen, dann sollen sie halt keine oder speziell diese Blogs nicht lesen. 😉

    Um zur Frage zurückzukommen: Ich lese auch gerne von kleinen Erlebnissen, wenn sie eine besondere Emotion bieten. Und ich hole mir gerne Anregung für „kleine“ Touren, weil wenn ich mal wieder auf dem Heimweg von einem meiner beruflichen Termine bin, dann weiß ich, welcher Berg noch g’schwind als „schnelle Tour“ machbar wäre. Und der Weg könnte mich ja auch mal übers Allgäu führen 😉

  • Reply Andi Oktober 13, 2015 at 6:42 pm

    Kommt doch immer drauf an, was man dabei fühlt. Der Berg kann ein Weg zur Selbsterkenntnis sein. Für mich geht’s immer um Eindrücke und Erlebnisse. Die kann man schon kriegen, wenn man sich in eine harte, abgefahrene Kletterroute reinwagt, vor der man jahrelang großen Respekt hatte. Aber man kann auch an einem Tag wie gestern auf einen Wald- und Wiesenbuckel wie den Westerkienberg steigen. Wenn er gerade so aus dem Nebelmeer herausragt. Das fand ich genauso eindrucksvoll und macht für mich die gesamte Palette des Bergsteigens aus.

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