Zuckerhütl und Wilder Pfaff (Hochtour Ötztal/Stubaigletscher)

Juli 27, 2013

ZuckerhütlIrgendwie muss man ja schon eine etwas exhibitionistische Ader haben, wenn man (fast) alles, was man so erlebt, niederschreibt und der ganzen Welt preisgibt. Das denke ich mir in letzter Zeit immer öfter, aber die Resonanz, die auf die Blogartikel kommt, ist so rührend, dass sie mich immer wieder aufs Neue bestärkt, nicht damit aufzuhören. Vergangenes Wochenende waren wir also wieder einmal im Ötztal. Diesmal sollte es das Zuckerhütl und der Wilde Pfaff von der Hildesheimer Hütte aus werden. Nichts besonders anspruchsvolles, aber ich bin weder außergewöhnlich fit noch habe ich Erfahrung mit Gletscher und Höhe – also ist eine WS+-Tour gerade richtig. Aber mit so einem erfahrenen Begleiter, bei dessen Tourenbuch mir ehrfürchtig der Mund offen stehen bleibt, konnte ja sowieso kaum noch etwas schief gehen.

Wer liebt, der schiebt.

In mehr oder weniger weiser Voraussicht hatten wir uns dafür entschieden, mit den Bikes den ersten Teil der Tour zu bewältigen. Gut zehn Kilometer und 700 Höhenmeter wären ansonsten zu Fuß auf Schotterstraßen fällig gewesen. Mit Turnschuhen schon kein Spaß, mit den steifen Bergschuhen erst recht nicht. Biken ist mit denen und einem schweren Rucksack aber ebenfalls kein großer Spaß, also brachten wir die Strecke mehr schiebend als fahrend hinter uns. Die Vorfreude darauf, nach der Tour die letzten Kilometer einfach hinunterzurollen, motivierten für die Mühe.

 

Schlaflose Nacht

ZuckerhütlAn der Materialseilbahn ließen wir die Bikes zurück. Noch einmal 700 Höhenmeter lagen zwischen uns und dem Abendessen, das es offiziell nur bis 19 Uhr gab – Turbogang war also angesagt. Ob es an den steifen Schuhen oder an dem wenigen Schlaf der letzten Nächte lag, ich kam jedenfalls nicht in den richtigen Rhythmus. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass man die Hütte schon fast von unten aus sieht – absolut demotivierend, wenn das Ziel nicht näher rückt.

Irgendwann schafften wir es doch noch und gönnten uns eine ausgewogene Mischung aus Radler und Abendessen. Noch ein paar Fotos mit dem (vermeintlichen) Zuckerhütl und ab ins Bett. In weniger als einer Minute war ich eingeschlafen – und ebenso schnell wieder aufgewacht. Immer wieder das Gleiche auf diesen Hütten: Jede Stunde der Blick auf die Uhr, bei dem man sich auf der einen Seite wünscht, dass die Nacht doch endlich vorbei sei und auf der anderen, dass noch möglichst viel Zeit bleibt, um noch eine Mütze Schlaf zu bekommen. Um 3.50 Uhr kapitulierten wir und machten uns über das bereitgestellte Frühstück her. Morgens um vier immer wieder ein zweifelhaftes Vergnügen.

 

Da kommt die Eisenbahn

Mit etwas Verspätung machten wir uns gemeinsam mit der einsetzenden Dämmerung auf den Weg. Über eine drahtseilversicherte Passage gelangten wir an die ersten Schneefelder, wenig später an den Gletscher. Der Aufstieg zum Zuckerhütl ist zugegebenermaßen etwas unspektakulär – ein vorbildlicher Gletscherhatscher. Der erste Blick ins vernebelte Stubaital mit der aufgehenden Sonne war allerdings tatsächlich richtig schön. Wir trotteten weiter – schon wieder hatte ich das Gefühl, nicht in den richtigen Rhythmus zu kommen. Ich schnaufte wie eine Lok und brauchte viele Pausen. Am Similaun hatte ich kaum Probleme mit der Höhe – und jetzt plötzlich schon?

Schwerer als gedacht

Der Gipfelaufschwung zum Zuckerhütl sah anfangs einfach aus. Eine feine Schneerinne zog sich bis ganz nach oben – ich, als großer Fan von Steigeisen, hatte mir sofort meine Linie ausgesucht. Dort angekommen stellte sich schnell raus, dass der Fels die bessere Alternative gewesen wäre. Wegen der Suche der besten Linie durch Schnee und Fels verloren wir viel Zeit und standen erst nach drei Stunden am Gipfel – geplant waren eher zwei. Naja, dafür hatten wir eine schöne Kletterei. Die hätte so ruhig noch etwas weitergehen können.

 

Gipfel und Schokolade – ein unschlagbares Team

Zuckerhütl-10Bereits beim Aufstieg hatten wir uns entschieden, später abzuseilen, anstatt alles selbst abzusteigen. Vom Gipfel aus sahen wir bereits die ersten Seilschaften auf „uns“ zuströmen. Um sie nicht unnötigem Steinschlag auszusetzen, packten wir schnell zusammen und fassten den nächsten Gipfel ins Auge: Der etwas niedrigere Wilde Pfaff. Über Geröll und Schnee ging es wenig schwierig zum Kreuz, aber ich fühlte mich, als hätte ich schon mindestens 2.000 Höhenmeter hinter mir. Das Panorama, das konnte allerdings schon was. Und erst Recht die Schokolade.

 

Der Abstieg zu Hildesheimer Hütte zog sich, aber die Aussicht auf ein ordentliches Mittagessen ballte noch einmal neue Kräfte. Dennoch waren die letzten Höhenmeter zurück zu den Sitzbänken unendlich zäh. Gegen 12 Uhr erreichten wir die Hütte – um diese Uhrzeit hatten wir eigentlich damit gerechnet, bereits wieder im Tal zu sein. Nach einem ordentlichen Mittagessen mit Radler und Kaffee waren wir wieder fit für die letzten 1.400 Höhenmeter. Zu Fuß ging es erstaunlich entspannt zurück zu den Bikes und anschließend fast eine Stunde einfach rollend bis zurück zum Auto.

 

Klingt jetzt irgendwie nur mäßig gut

Klingt vielleicht so, war es aber nicht! Die Kletterei zum Gipfel hat unheimlich Spaß gemacht, die Gegend ist schön, die Wirtsleute von der Hütte bemerkenswert freundlich. Aber das Beste an der Tour war tatsächlich die entspannte und erfahrene Begleitung, da geht das nächste Mal dann auch was Schwierigeres ;-). Danke dafür!

Zuckerhütl-10

Der Experte für Outdoor und Touren

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5 Comments

  • Reply Bernd | KritzelKraxel.net Juli 27, 2013 at 9:18 pm

    Hallo Erika,
    ich muss zugeben, dass ich Dich durchaus beneide so kurze Bergabenteuern erleben zu können. Das ging bei mir nur mit Flug.
    Deine ersten Sätze stimmen schon nachdenklich, warum mache ich das? Es macht mir schon Freude, in der Zeit des Schreibens erlebe ich die Dinge noch einmal. Und dann ist es fast wie eine Wiederholung. Oft lächle ich dann. Und das ist doch auch etwas, oder?
    Viele Grüße aus Westfalen, Bernd

  • Reply Gerdi August 2, 2013 at 7:41 pm

    Sa-gen-hafte Bilder! Wer da oben bei gutem Wetter herumklettert, ist sowas wie ’ne Himmelstochter oder ein Göttersohn. Kompliment für die sportliche Leistung und die wohl ab und zu nötige Überwindung zum Weiterlaufen… Und grad jetzt steigt sie schon wieder auf neue Gipfel, 3 Tage mitm Zelt, Alpstein+Säntis. Châpeau!

  • Reply Eindrücke Juli 2013 « ulligunde.com August 8, 2013 at 4:30 pm

    […] der vergangenen Hochtour gab’s für Ulligunde mehr Urlaub als Arbeitszeit – und damit natürlich unendlich viel […]

  • Reply Sven August 26, 2013 at 7:38 am

    Entspannt-Kompliment zurück. Gern wieder!

  • Reply Testbericht: steigeisenfeste Bergschuhe von La Sportiva (Trango Extreme Evo Light GTX) « ulligunde.com September 29, 2013 at 6:30 pm

    […] nächsten Einsatz hatten sie am Zuckerhütl und Wilden Pfaff, wo wir bereits den Zustieg mit den Berstiefeln zurücklegten. Dank des prophylaktischen Tapes ging […]

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