Die Angst beim Klettern – Alternative Ideen zum Sturztraining

November 15, 2022

Jahrelang hatte ich primär mit Sturztraining versucht, die Angst beim Klettern in den Griff zu bekommen. Vier Jahre Kletterpause und eine große Portion Reflexion später klettere ich mit mehr Leichtigkeit als jemals zuvor. Bei Leibe nicht angstfrei und ganz sicher nicht komplett befreit – aber doch auf einem ganz anderen Niveau. Die Schritte dorthin möchte ich in diesem Artikel beschreiben.

Disclaimer: Ich weiß, dass ich nichts weiß. Es ist sehr gut möglich, dass andere völlig andere Erfahrungen gemacht haben oder meine Meinung nicht teilen. Es kann auch sein, dass ich in einem halben Jahr alles wieder ganz anderes sehe, aber a) würde nichts entstehen, wenn wir mit dieser Einstellung durchs Leben gingen und b) beweist das Ergebnis, dass die beschriebenen Schritte eine positive Wirkung haben. Wenn du Dinge wie Hypnose oder Stimmen-im-Kopf zu esoterisch findest, die Akzeptanz des „ich kann das nicht“ nicht unterschreiben willst oder du generell vielleicht findest, dass ich einen an der Klatsche habe: Erstens: Das kann schon sein! Zweitens: Bitte teste mal die Tastenkombi ALT+F4.

Was bisher geschah

2018 hatte ich nach mehreren Jahren ambitionierter Alpintouren mit dem Klettern aufgehört – der ständige Kampf mit Angst und Überwindung hatte mich müde gemacht.

Rückblickend kann ich sagen, dass wohl eine ungute Mischung aus zu hohen Erwartungen, großer Fokus auf die Angst und eine gewisse Überforderung dazu geführt haben. Anfang des Jahres habe ich wieder behutsam angefangen – primär wegen der Bewegung und weil es eine wunderbare Beziehungspflege für uns ist. Den ersten Knoten brachte dann eine Hypnose-Methode zum Platzen, den zweiten viel Meditation und Reflexion.

Inzwischen passiert es mir immer wieder, dass ich überrascht feststelle, wie ich für meine Verhältnisse weit über dem Haken stehe und damit gut umgehen kann. Es ist lange nicht so, dass ich völlig befreit klettere und Onsighten ist weiterhin nicht meine Stärke – aber ich habe doch (an normalen bis guten Tagen) eine ganz neue Freude und Leichtigkeit entwickelt. In diesem Artikel möchte ich offen die verschiedenen Schritte in chronologischer Reihenfolge beschreiben, die mich hier her geführt haben.

In der Cassin an der Westlichen Zinne. Komplett in Wechselführung und danach mit der Frage: Wenn das ging, was geht dann noch?! (Bild: Michi Dürr)

Das Sorgenkind

Prophylaktische Angst vor Dingen, die noch nicht eingetreten sind

Fangen wir gleich mit etwas an, das viele wahrscheinlich etwas verschreckt lesen werden: Im Rahmen einer Hypnose-Sitzung (nein, das ist nichts Seltsames und ja, es hat bei mir unheimlich geholfen) ist mir bewusst geworden, dass ich einen Teil in mir habe, der immer alles perfekt durchdenken will und der ständig in allem Gefahren sieht. Der „Film im Kopf“ springt sofort und oft äußerst katastrophal an.

Diese Sorgen habe ich kurioserweise ausschließlich im Sport. In der Selbstständigkeit, auf Reisen oder z.B. beim Bus-Ausbau ist keine Spur davon. Im Sport und ganz speziell beim Klettern dafür umso heftiger: Was, wenn ich beim nächsten Haken nicht klippen kann? Die nächsten Griffe sehen so schlecht aus, es ist noch sooo weit bis zum Umlenker, ich glaub ich hab schon müde Arme! Aber: Alles Zukunft!

Stattdessen ist Konzentration auf das Jetzt angesagt: Ist momentan irgendetwas davon eingetreten? Gibt es tatsächlich Grund zur Sorge oder eigentlich noch nicht? Mehrmals hatte ich den Moment, in dem ich realisierte, dass ich Angst bekomme, aber eigentlich noch nicht wegen des aktuellen Augenblicks, sondern eher schon mal prophylaktisch für später.

Ich habe mir anschließend angewöhnt, die Angst bewusst wahrzunehmen (aha, ich fürchte mich) und zu prüfen, ob jetzt in diesem Moment tatsächlich Grund zur Sorge besteht. Wenn nicht, habe ich anfangs tatsächlich den Sorgenteil aktiv beruhigt (Ich höre dich! Deine Angst ist in diesem Moment noch unbegründet, ich gehe jetzt weiter) und bin bewusst noch einen Zug weiter, um dort die Situation wieder neu zu bewerten. Und noch einen und noch einen – so lange, bis ich entschieden habe, dass die Angst jetzt für mich real und begründet ist (heißt noch lange nicht, dass sie für andere an dieser Stelle begründet wäre…) oder aber – und das war häufiger – ich den Umlenker geklippt hatte.

Die Realisation, dass ich mich prophylaktisch für die Zukunft gefürchtet habe und die Angst in diesem Moment nicht begründet war, sondern einfach nur ein Film, der mit der Realität noch nichts zu tun hat, hat mir den ersten ganz großen Fortschritt ermöglicht.

Abseilen Petzl Seil
Unterwegs mit Freundinnen – für mich immer noch die aller besten Touren im Kopf, weil selbst geführt.

Perfektionismus

Eigene Standards und Regeln ergründen

Eine Methode, die viel Selbstreflexion erfordert: Ich dachte immer, ich sei total liberal und frei, was Vorstellungen anderer angeht, denn die Reaktion verschiedener Bekannter („was willst du denn am Jubigrat? Watzmann Überschreitung!? Das ist ja nur wandern! Das Schreckhorn ist ja nur n Vierer!) hatte mich früher lange gehemmt Touren zu unternehmen, auf die ich im Grunde große Lust gehabt hätte. Irgendwann habe ich diese Normen über Bord geworfen und hatte große Flow-Erlebnisse an genau diesen Graten.

Aber wie das immer so ist, wenn man meint, von irgendwas frei zu sein, kann man sicher sein, genau das nicht zu sein: Inzwischen ist mir klar geworden, dass für mich „richtiges Klettern“ wohl doch immer noch „Vorstieg“ bedeutet. Wie bescheuert!! Im Umkehrschluss fühlte es sich „schwach“ oder irgendwie „gescheitert“ an, im Nachstieg zu klettern, auch wenn ich nach außen stets andere unterstützt habe, wenn sie im Nachstieg mal was ausprobieren wollten. Ich bin schon auch oft im Nachstieg geklettert, aber es war eben doch immer der Hauch von „ängstlich/schwach“.

Meine ganz persönliche (Traum-)Vorstellung von „echtem Klettern“ ging in etwa so, dass man problemlos auch einen Meter über dem Haken schwierige Züge machen könnte: Ganz frei im Kopf und voll fokussiert aufs Klettern. Es kann schließlich nichts passieren! Diese perfektionistische Haltung ist aber schwierig zu erreichen, vor allem wenn man offensichtlich ohnehin schon nicht so einen ganz starken Kopf hat und noch dazu, wenn man sich permanent auf die Angst fokussiert: „Ist sie da? Wie stark ist sie?“. „Jetzt fürchtest du dich schon wieder, so wirst du nie die Alpinistin, die du sein willst!“.

Die ständige Aufmerksamkeit auf die Angst gibt einem den Eindruck, dass man sich ja doch ständig fürchtet und schiebt einen – glaube ich – immer weiter weg von dem großen Ziel „mit Leichtigkeit zu klettern“. Der Fokus liegt nicht mehr auf dem Klettern selbst, sondern auf der Angst. Es ist ein bisschen wie beim Fliegen: Fokussiert man beim Landen den einen Baum auf der grossen Wiese, fliegt man in den Baum.

Sturztraining am Fels… (Bild: Christian Seitz)

Reaktionen ergründen

Der liebevolle Umgang mit sich selbst

Wahrscheinlich gibt es dafür im Coaching einen bestimmten Begriff, aber ich habe irgendwann einmal spontan angefangen mir zu überlegen, welche Reaktionen bzw. Stimmen in meinem Kopf in bestimmten Situationen auftauchen. Ich habe mir z.B. vorgestellt, 20cm über dem Haken zu stehen (mit dem Knoten!) und Angst zu bekommen – welche Gedanken kommen in den Kopf? Oder wenn man im Nachstieg wo einsteigt, eine Tour in „nur dem xy Schwierigkeitsgrad“ unternimmt oder „nur“ so und so schwer klettert?

Bei mir war es etwas in Richtung wie „jetzt fürchtest du dich schon wieder!„, „Du steigst im Nachstieg ein? Echt jetzt?! So wird das ja nie was“ – und das sind noch die netteren Reaktionen. Niemals würde man mit einer Freundin oder einem Freund so umgehen.

Bei mir persönlich war außerdem der Vergleich mit anderen sofort da („die anderen machen das easy und du stellst dich so an!“). Ich persönlich fand es augenöffnend, wie harsch ich mit mir selbst umging – und das, wo ich doch dachte, ich sei ja so geduldig und wohlwollend mit mir.

Bild: Christian Seitz

Der Vergleich

Echte Zufriedenheit mit dem eigenen Tun

Ich habe zum Beispiel bemerkt, wie ich beim Eintreten in die Kletterhalle die Routen scanne: Wer ist da, wer klettert wie? Allein das Gewahrwerden dieser Gedanken war schon augenöffnend. Ich arbeite bis heute daran, nicht mehr auf andere zu schauen – mir klarzumachen, dass jeder sein eigenes Skillset, seinen ganz individuellen Tagesablauf hinter sich und vor allem seine ganz eigene Kletterlaufbahn hat – am Ende ist aber auch all das egal. Die anderen klettern auf ihrem Niveau. Ich klettere auf meinem und wie die verschiedenen Niveaus im Verhältnis zueinander stehen, ist einfach vollkommen irrelevant. Wir machen das alle zum eigenen Spaß!

Wenn man sich schon vergleichen will, dann wäre es viel schöner, sich z.B. im Bereich der Freude zu vergleichen: Wer hat gerade eine gute Zeit, wer die größte Freude?

Noch schöner wäre allerdings, wenn der Vergleich mit anderen einfach gar keine Rolle mehr spielen würde. Diesen Zustand erreicht man meiner Vermutung nach erst, wenn man vollkommen zu sich und seinem eigenen Niveau steht und noch dazu damit einfach zufrieden ist. Und nein, ich bin noch nicht an diesem Punkt. Ein Jahrzehnt lang war ich davon überzeugt, dass ich mein Ziel „mit Leichtigkeit klettern“ erreichen kann, wenn ich nur genügend oft klettern gehe und das Stürzen trainiere – inzwischen bin ich da nicht mehr so überzeugt. Mehr dazu etwas weiter unten.

Etwas, das für „jeden“ gefühlt ganz einfach ist: Traversieren von steilem Terrain. Bis heute für mich ein echter Horror. (Bild: Ralf Gantzhorn)

Konzentration auf Hilfreiches

Fokus auf das Klettern, nicht auf die Angst

Je größer das Thema der Angst beim Klettern für einen selbst ist und je mehr man sie in den Griff bekommen will, desto leichter kann es glaube ich passieren, dass der Fokus in einer Route nahezu ausschließlich auf der Angst liegt. So war es jedenfalls bei mir. Irgendwann kam mir die Idee, mich während des Kletterns „einfach“ einmal nicht auf die Angst, sondern rein aufs Klettern zu konzentrieren. Völlig klar: Das geht nicht immer und ist wahrscheinlich auch leichter gesagt, als umgesetzt. Aber:

Als ich die Idee das erste Mal ausprobierte, gelang es mir mit dem Mantra „focus on climbing, climbing, climbing“ mich so sehr nur auf die Züge zu konzentrieren, dass ich zwar zwischenzeitlich spürte, dass ich mich jetzt auch leicht in die Angst fallen lassen könnte – die Konzentration stattdessen aber tatsächlich auf dem Klettern halten konnte. Ich stieg an diesem Tag die Tour tatsächlich durch – eine Route, bei der die Hälfte der Exen für mich absolut grenzwertig gruselig zu klippen war. Wie gesagt, das klappt sicher nicht immer, aber manchmal scheinbar doch!

Energie-Level prüfen

Nicht von einer leeren Batterie volle Leistung erwarten

Ein alter Tipp, den ich schon von vielen Coaches und Sportlern (Chrigel Maurer z.B.) gehört habe: Vor dem Sport das Energielevel prüfen. Bin ich gestresst? Hängen mir ToDos, Sorgen oder anstehende Termine im Nacken? Habe ich gut geschlafen, fühle ich mich gut? Wenn der Tag ohnehin schon stressig war und die Energiereserven niedrig sind, ist es nur normal, dass der Kopf nicht für noch mehr Stress bereit ist. Und Klettern am (mentalen) Limit ist purer Stress. An solchen Tagen ist Gutmütigkeit mit sich selbst angesagt – heute darf es rein um die Freude und die Bewegung gehen.

Und weil ich aus Erfahrung spreche: Überlege dir einmal, ob du in letzter Zeit häufig Termine vergisst, irgendwie ungewöhnlich schlecht schläfst, schnell genervt bist, häufig Kopfschmerzen oder Verspannungen hast, es im Ohr manchmal piepst oder ob du zB auf Fotos zur Zeit irgendwie erschöpft aussiehst. Wenn ja, ist dein Energielevel wahrscheinlich massiv im Keller, auch wenn du das selbst nicht wahrhaben willst. Mach langsam, sei jetzt ganz besonders nachsichtig mit dir.

Ist wirklich für jeden immer alles möglich?

Akzeptieren der eigenen Rahmenbedingungen

Eine Frage, die mich lange beschäftigt hat: Soll man an sich arbeiten und seine Grenzen versuchen zu verschieben – oder soll man sich einfach so akzeptieren, wie man ist?

Ich selbst habe für mich erkannt, dass ich einfach ein tendenziell sehr ängstlicher Mensch bin – ich habe unheimlich Angst auszurutschen, zu stolpern, mich zu erschrecken oder – ganz schlimm – gar hinzufallen. Dazu kommt noch eine latente Angst vor exponierten Stellen – das muss gar nicht unbedingt an einem steilen Abbruch sein, das kann zum Beispiel in der Kletterhalle auch entlang einer Kante sein oder in überhängenden Verschneidungen. Ich habe so viele Jahre daran gearbeitet und bin mir inzwischen nicht mehr sicher, ob man sowas ernsthaft überwinden kann – mir stellt sich zudem zunehmend die Frage: Wofür?!

Fakt ist, dass ich mich zu Beginn meiner Bergzeit am Stuiben (T3?) gefürchtet habe und inzwischen ohne Seil auf der Trettach stand – man kann also Grenzen sehr wohl verschieben. Gerade was Höhenangst angeht, schätze ich. Der Körper lernt, dass Exponiertheit nicht direkt zum Tod führt (auch nur in einem bestimmten Rahmen vertretbar) und die Realität nicht ganz so schlimm ist, wie die Vorstellung. Aber andererseits vermute ich, dass es bestimmte Ängste gibt, die man nicht wirklich losbekommt, das kann ich nach gut zehn Jahren Sturztraining glaube ich sagen (es gibt natürlich auch die Möglichkeit, dass ich es einfach völlig falsch angepackt habe!).

Ich glaube schon, dass ich diese bestimmten Ängste ein Stück weit noch verschieben könnte, aber andererseits glaube ich, dass es irgendwann eine Grenze gibt, die man zwar mit Übung verschieben kann, die aber auch schnell wieder zurückweicht, wenn man nicht kontinuierlich trainiert. Und das führt mich zum nächsten Punkt:

Klassisches Dolomiten-Bild. Hier in der Nordwand der Westlichen Zinne.

Wofür?

Freude und Hobby

Die meisten, die diesen Artikel lesen, werden das Klettern als Ausgleich, soziale Beschäftigung und körperliches Training haben – es ist ein Hobby, das man in seiner Freizeit auslebt. Das Ziel dürfte dabei für die allermeisten wohl im Grunde sein, Freude zu haben. Warum sich also überwinden und pushen? Keine Frage: Auch das kann seinen Reiz für viele haben – wenn das das Ziel ist, ist der Weg klar.

Wenn es aber eigentlich einfach nur um eine gute Zeit mit guten Menschen geht, um Bewegung und Freude – dann darf man sich womöglich auch einfach genau das gönnen, anstatt sich auch im Hobby zu Leistung und Besserwerden zu zwingen. Gerade Menschen mit einem Hang zu Perfektionismus oder zu Leistung haben sich womöglich noch gar nicht gefragt, ob es wirklich (wirklich!) wichtig ist, auch im Hobby besser zu werden. Vielleicht ist es einfach in Ordnung, einen Sport ohne Biss, ohne Ehrgeiz – ja, vielleicht sogar ohne extreme Leidenschaft – zu betreiben, auch wenn viele andere es anders leben. Vielleicht darf das Hobby einfach nur Freude bringen, anstatt Leistung und Druck?

Am Ende bleibe ich bei meinem alten Lieblingsspruch: Der/Die beste Sportler/in ist für mich, wer am meisten Freude hat. Das Ziel, an dem ich arbeiten möchte.

Habt ihr weitere Methoden?

Erzählt gerne per Mail oder in den Kommentaren von jenen Methoden, die Euch vielleicht ein Stückchen weiter an euren persönlichen Traum vom Klettern herangeführt haben oder ob es im Artikel etwas gab, was ihr persönlich anders erlebt habt oder seht. Bitte wahrt einen respektvollen Ton, auch wenn ihr anderer Meinung seid.

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7 Comments

  • Reply Susi Metzner November 16, 2022 at 1:11 pm

    Wow, so spannend! Ich kann mich da zu 100% wiederfinden! Ich komme leider mangels Partner zur Zeit super wenig ans Seil und gehe daher hauptsächlich bouldern. Ich habe auch ein Coaching mit Katrin gemacht, da ging es gar nicht um Angst, aber ich habe irgendwann sehr überrascht festgestellt, dass sich der Zug zum Top des einen Boilders, der eine Woche vorher noch mega gruselig war, plötzlich gar nicht mehr so gruselig angefühlt hat! So spannend, was der Kopf mit uns macht. Ich habe gute und schlechte Tage und kann das mittlerweile meistens akzeptieren. Allerdings habe ich immernoch sehr im Kopf, was wohl die anderen über mich denken könnten, wenn ich mich was nicht traue, mal toprope probieren will usw. Deswegen fällt es mir auch super schwer, eine neue Kletterpartnerin zu finden. Total bescheuert, weil ich jedem anderen das alles natürlich zugestehen würde, ohne ihn auf irgendeine Art und Weise abzuwerten. Aber mich selbst werte ich dafür ab und denke dann, andere tun es auch.
    Meditation hilft mir, und Akzeptanz. Mir ist völlig klar, dass ich gerade am Seil viel zu wenig Routine habe, um da etwas dran zu ändern. Ich wünsche mir sehr eine neue Kletterpartnerin fürs nächste Jahr, mit der ich dann daran arbeiten kann. Mein Mann ist nämlich noch ein viel größerer Schisser als ich und will leider gar nicht mehr ans Seil, sondern nur noch bouldern gehen (was ja manchmal durchaus noch gruseliger ist, wenn du mich fragst)…
    Ganz viel Erfolg dir weiterhin. Es klingt, als wärst du auf einem super Weg!

    • Reply Pia November 20, 2022 at 7:13 pm

      Liebe Susi- du klingst genau nach der, die ich suche… wahrscheinlich bist du weit weg von mir im Ruhrgebiet!? Wenn nicht, dann meld dich gerne mal.
      Liebe Grüße Pia

  • Reply Claudia November 17, 2022 at 11:51 pm

    Liebe Ulligunde, danke für diesen Artikel! Ob ich das hinkriege mich weniger zu vergleichen, gnädiger mit mir zu sein und nicht immer das Gefühl zu haben, das war jetzt aber nur second best, weil der 6er ja eh meine Grenze ist, weiß ich noch nicht. Aber du ermutigt mich 😀

    • Reply ulligunde November 18, 2022 at 12:06 pm

      Liebe Claudia,
      ehrlich gesagt weiß ich gar nicht, ob man all das wirklich zur Gänze schaffen kann, aber zumindest geduldig versuchen kann man es wohl – und wenns nur einer von den drei Punkten ist…
      Liebe Grüße und danke fürs Schreiben!
      Erika

  • Reply Matze November 19, 2022 at 11:47 am

    Hallo Ulligunde,

    Vielen Dank für diesen tollen Artikel, bei dem ich mich total wiederfinde.
    Ich betrachte meine Sturzangst mittlerweile als eine Art Sturzspaßkonto: wenn ich lange kein Sturztraining mache oder auch keine Stürze zulasse (weil ich permanent unter meinem Limit klettere), dann darf ich mich auch nicht wundern, wenn mein Konto leer ist und ich entsprechend große Angst bzw. keinen Spaß am stürzen habe sobald ich in eine Sturzsituation komme.
    Daher versuche ich Stürze ständig in mein Training einzubauen und klettere auch bewusst Routen über meinem Niveau um Stürze zu provozieren und mein Sturzspaßkonto zu füllen.

    Leider klappt das nur in der Halle gut: auch wenn ich mit einem vollen Hallenkonto nach draußen gehe, ist mein mentales Konto an der Felswand eher leer…auch wenn die Hakenabstände nicht wesentlich weiter sind.
    Das ist mein Feld an dem ich noch arbeite – weil ich es will und irgendwo Spaß daran habe, nicht weil ich es muss. Ich finde das ein ganz wichtiger Gedanke, den du in deinem Artikel beschreibst und ein toller Aspekt unseres Sports: Jeder darf so weit gehen wie er/sie es möchte.

    LG
    Matze

  • Reply Hannes November 25, 2022 at 10:45 am

    Hallo Ulligunde,
    spannender und bemerkenswert offener Artikel – danke dafür!

    Angst ist für mich auch ein großes Thema und ich finde mich in Einigem von dem, was Du schreibst, wieder. Als ich mit dem Bergsteigen angefangen habe, konnte ich nicht mal angstfrei auf eine Leiter steigen. Auf meinem ersten (nicht sehr exponierten) Gipfel, hatte ich so viel Schiss, dass ich mich neben das Gipfelkreuz nur hocken konnte.

    Mittlerweile bin ich immer noch ängstlich, aber auf einem anderen Niveau. Für mich war und ist Angst immer Ansporn, sie zu überwinden, weil ich sie als Einschränkung meiner persönlichen Freiheit erlebe (darüber habe ich auch mal was geschrieben: https://www.deichjodler.com/2019/12/angst-beim-bergsteigen/).

    Was mir geholfen hat, meine „akute Angstgrenze“ zu verschieben: 1) Das Erleben einiger Situationen, in denen ich es geschafft habe, fokussiert zu bleiben, als es darauf ankam. 2) mentales Training. Ich habe mir z.B. über Jahre vor dem Einschlafen eingeredet, dass ich ein mental starker Bergsteiger bin. 4) Akzeptanz, dass ich nun mal kein geborener Kletterer bin und Einbremsen meiner eigenen Erwartungen.

    Abschließend noch ein Gedanke zum Thema „Vorstieg / Nachstieg“: Mir geht es auch so, dass für mich persönlich die Touren, die ich vorgestiegen bin, einen viel höheren Wert haben. Und ich denke, dass das an meiner Persönlichkeitsstruktur liegt. Für mich ist Autonomie ein sehr starker Antrieb und deswegen möchte ich alles, was ich so tue, gerne selbst beherrschen, und möglichst wenig von Anderen abhängig sein.

    Bei Menschen, die anders angetrieben sind, ist das bestimmt anders. Und wenn diese sich dann über einen Nachstieg genau so freuen wie über einen Vorstieg, ist das doch super.

    Schöne Grüße
    Hannes

  • Reply Antonia November 2, 2023 at 9:23 pm

    Danke für deine Ehrlichkeit & die Chronologie deiner Kletterreise. Ein guter Freund hat mir den Artikel von dir ans Herz gelegt – wie gut er mich kennt! Und was ein support auch. So wie er mich unterstützt, sollte ich das auch bei mir selbst tun 😉

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