Erfahrungen mit dem Procline Boot von Arc’teryx

Februar 27, 2017

Immer Blasen. Immer an der gleichen Stelle. Trotz zweimaligem Ausbeulen. Ein neuer Schuh musste her, der GEA von Scarpa wurde einfach auch nach zwei Jahren nicht besser. Der Entschluss stand: Mir egal, wie viel der nächste kosten wird, er muss bequem sein. Vier Tage hintereinander auf Ski sollen endlich Spaß machen, auch ganz ohne prophylaktischen Blasenpflaster-Panzer.

Die Wintersaison kam, die Sportläden füllten sich wieder mit Ski und als ich gerade lostigern wollte, flatterte mal wieder ein Päckchen von den Bergfreunden ins Haus. Mit nichts Geringerem als dem Procline-Skistiefel von Arc’teryx. Halleluja, darf ich Noopie solche Waffen überhaupt tragen?

Der Procline Boot von Arc’teryx

Während Skistiefel vor allem durch ihre Steifigkeit auffallen, schlug Arc’teryx mit dem Procline Stiefel eine neue Richtung ein. Im Walkmodus maximale Bewegungsfreiheit, nicht nur nach vorne und nach hinten, sondern auch seitlich. Das ist neu. Das Aufsteigen auf abschüssigem Gelände sollte dadurch besser gehen, weil man mehr Druck auf die Felle bekommt. Und natürlich das Klettern mit diesem Schuh. Klingt dann doch irgendwie wieder ganz ulligunde-tauglich! So sieht das alles dann in der Werbung aus:

 

Der erste Eindruck

Ich bin ja Verfechter vom ausgiebigen Anprobieren von Ski- und Bergschuhen. Und obwohl ich beim Kauf vom Scarpa GEA sicher einen halben Tag im Laden verbracht habe, war der Schuh am Ende doch nicht ideal. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Procline Schuh also passen würde, hielt ich für ziemlich gering. Aber gut, mal anprobieren, kaufen kann ich mir ja immer noch nen anderen. Nach kurzer Ratlosigkeit, wie man das fancy Verschlusssystem bedient, reingeschlupft und: gestaunt. Holy, der ist aber bequem! Die Bewegungsfreiheit ist tatsächlich schwer beeindruckend, es fehlt nicht viel und man kann sich einfach so hinknien.

Vom Verschluss her gleicht der Procline teilweise eher einem Bergstiefel. Statt Schnürsystem am Innenschuh findet man einen gamaschenartigen Reißverschluss, Schnürsenkel liegen optional bei. Schnallen gibt es nur zwei, die mit dicken Handschuhen etwas Übung benötigen. Und auch das Textilband oben braucht etwas Hingabe. Der Klick auf Abfahrtsmodus zieht dann eine ganz neue Seite auf: Überraschend steif ist er, das hätte ich bei so einem dünnen Schuh nicht erwartet. Ab auf die Piste!

Die erste Fahrt

Erstmal vorsichtig mit dem Teil auf die Piste. Den GEA als Backup im Auto, sicher ist sicher. Die Bindung fast am Anschlag, denn trotz gleicher Größe ist die Sohlenlänge erheblich kürzer. Kein Wunder, viel ist an dem Schuh nicht dran. Er fühlt sich eher an wie ein Bergschuh, im Gewicht steht er meinem Latok kaum nach.

Jetzt bin ich bekanntermaßen kein Skiwunder, ich kann nur so viel sagen: Der Schuh ist steifer als ich befürchtet hatte – es fühlt sich im ersten Moment so an, als würde er nach vorne einfach einknicken, wenn man sich mal mit vollem Gewicht dagegen lehnt. Das ist nicht der Fall. Und nach einem Tag auf der Piste bin ich schon mal ermutigt: Blasen? Druckstellen? Fehlanzeige. Einzig eine Reibestelle am Rand der Gamasche, die ist für meine dicken Wadeln etwas eng.

Die erste Tour

No risk, no fun! Also ab auf die erste Tour. Erstmal nur ein paar kleine Touren zum Sonnenaufgang, der Schuh war weiterhin großartig bequem. Gefroren habe ich bisher auch nicht, obwohl ich das bei dem bisschen Plastik durchaus erwartet hätte. Dann die erste große Bewährungsprobe: Ein Wochenende mit den WUSAs. Viele, viele Höhenmeter standen auf dem Plan, zwei Tage hintereinander. Leichte Ski und nur die leichten Schuhe wanderten ins Reisegepäck. Hoffentlich bereue ich das nicht!

Tat ich nicht, keine Sekunde! Die seitliche Bewegungsfreiheit sorgte gerade in den teils eisigen Passagen für Freude. Kein einziges Mal bin ich seitlich abgerutscht. Und ein weiterer wunderbarer Effekt: Selbst nach knapp 1.500 Höhenmetern waren die Beine kein Stück müde. Das waren sie im letzten Jahr mit den schweren Stiefeln sehr wohl. Zeit für die ganz große Bewährungsprobe!

Nagelfluh-Überschreitung

Sieben mal Auffellen, über 2.000 Höhenmeter im Aufstieg. Der Procline war fix auf der Ausrüstungsliste für die Nagelfluh-Überschreitung, er hatte sich im Salzburger Land hervorragend bewährt. Und auch diesmal wieder! Inzwischen hatte ich das Verschlusssystem einigermaßen verinnerlicht, das ständige Umschalten von Walk auf Drive und zurück ging herrlich schnell. Erst im allerletzten Aufstieg spürte ich langsam eine kleine Blase an der Fußsohle, aber nur an einer Seite. Sowas könnte man womöglich mit Einlagen noch in den Griff bekommen. Ansonsten waren die Beine bis zum letzten Gipfel noch echt gut dabei, was ich weniger meiner sensationellen Fitness, sondern viel mehr der leichten Ausrüstung an den Füßen zuschreibe. Die Schuhe haben sich bewährt. Vollkommen.

Und klettern?

Bei den Wusas bekamen die Schuhe dann natürlich auch noch ihren ersten Felseinsatz. Wie erwartet schlugen sie sich hervorragend. Die Vibram-Sohle hält super auf Fels, die Bewegungsfreiheit gleicht eher der eines normalen steigeisenfesten Schuhs und irgendwie habe ich sogar den Eindruck, dass man durch die Sohle Unebenheiten spüren kann. Zum Klettern mit Steigeisen werden sie wohl erst in ein paar Wochen kommen, aber ich bin ziemlich überzeugt, dass sie sich auch dort super schlagen werden. Wie gesagt, sie fühlen sich eher an wie Bergschuhe. Ich bin jedenfalls ziemlich entzückt, schließlich hatte ich sehr daran gezweifelt, überhaupt mal Skischuhe zu finden, die mir ernsthaft gut passen würden. Mission erledigt! Cool!

Den Stiefel gibt es hier zu kaufen:

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4 Comments

  • Reply Sarah Februar 27, 2017 at 6:32 pm

    Toller Bericht!!
    Bin auch gerade auf der Suche nach einem neuen Skitourenschuh…
    Jetzt hab ich nur eine Frage: Meine Skitourenhose (Dynafit Gallum) ist relativ eng, bei meinem alten Skitourenschuh (auch ein GEA 😉 ) konnte ich sie optimal drüber ziehen… Wie sieht das beim Procline aus? Meine Befürchtung ist nämlich, dass ich die Bewegungsfreiheit beim Procline nicht vollständig ausnutzen kann, weil die Hose an den Beinen schmal geschnitten ist

    • Reply ulligunde Februar 28, 2017 at 1:02 pm

      Hi Sarah,

      lustig, haben wir also die gleichen Schuh-Probleme 🙂 Schwer zu sagen, ob so eine enge Hose dann gut drüber passt, aber eigentlich glaube ich es schon. Einerseits sind ja auch die Schuhe von Dynafit von der Form her ähnlich und noch dazu brauchst du ja jetzt nicht die Bewegungsfreiheit eines Kletterschuhs – die seitliche Bewegung sind ja doch nur ein paar Grad. Ich glaube schon, dass du die Hose auch im Walk-Modus über die Schuhe bekommst und dich dann trotzdem noch genügend bewegen kannst. Der Gea ist ja letztendlich viel globiger.
      LG!
      Erika

  • Reply Powderhörnchen März 16, 2017 at 9:57 am

    Witzig ich hatte auch den Scarpa Gea und auch die Schnauze voll. Spätestens nach 1h Aufstieg habe ich nämlich Blasen ohne Ende bekommen. Und das vermiest einem so richtig die Tour!
    Mein Fachhändler des Vertrauens hat mir dann auch den abgespacten Acteryx verkauft und ich bin ähnlich wie du total begeistert 🙂

    • Reply ulligunde März 19, 2017 at 8:21 am

      Hi Julia,
      ha, das ist ja cool! Na dann wünsch ich Dir schon mal viele schöne und blasenfreie Touren im Schnee! Ich bin selbst nach der Transalp immer noch begeistert von dem Schuh 🙂
      LG!
      Erika

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