Zeit für eine Pause

Oktober 10, 2016

Immer häufiger kommt mir der Gedanke, dass es Zeit für eine Pause ist. Von Facebook. Und von den Bergen, zumindest virtuell.

Die Pause von Facebook hängt mir schon seit Monaten, achwas, seit Jahren im Kopf. Früher aber vor allem, weil es so viel Zeit raubte. Inzwischen eher, weil ein Druck entsteht, der mir irgendwie nicht gut tut. Lass doch sowas nicht an dich ran! Was kümmern Dich die anderen!? Weiß ich schon, passt auch irgendwie gar nicht zu mir. Ist aber eben so, zumindest vermute ich das. Weil:

Es kommt immer auf die Partner an!Bei jedem Besuch von Facebook sieht man, dass die halbe Welt unterwegs war, einer wilder als der andere. Hier schon wieder ein Onsight einer alpinen Neun, dort ein Viertausender nach dem anderen. War ja gar nicht schwer. Und hier? Nichts. Weil nichts zamm geht, das Wetter nicht mitspielt oder die Partner für die Wunschtouren fehlen. Oder ist womöglich nicht das Wetter schuld, sondern die eigene Motivation? Will ich nicht?

Vierer macht man ohne Seil

Was mir vor allem Probleme macht, ist die Leichtigkeit, mit der gefühlt wirklich jeder in die Berge geht. Biancograt? Pff, ja, war nett. Trettachspitzen-Überschreitung? Naja, gähn… Achter alpin? Das muss schon drin sein. zwischenablage01Und Vierer geht man ja sowieso ohne Seil, wer das nicht drauf hat, sollte es besser gleich lassen.

Limitierend ist höchstens die eigene Kraft, ganz sicher nicht der Kopf. Gruseln tut sich gefühlt in den Bergen niemand. Außer ich und ich dafür ganz famos. Und zwar völlig egal ob in einem Dreier, in einem Sechser oder auf einem Firngrat, ich kehre ja selbst an der blöden Trettach um.

Ignorier das doch einfach

Here we go! Großartige Tour über den Südpfeiler an der Hochalmspitze.Mehr als einmal habe ich dieses Jahr direkt am Einstieg eine Tour abgebrochen. Nicht etwa, weil das Wetter mies war, sondern schlicht, weil ich keine Lust hatte. Keine Lust, mich schon wieder zu fürchten. Mich zu überwinden, speziell bei etwas, das jedem anderen ja achso leicht fällt. Weil ein Sechser, das ist ja wirklich gar nichts, das macht man doch höchstens fröhlich noch zum Sonnenuntergang. Viel lieber hing ich in Cadarese, beim Sportklettern oder in etwas, dem ich wirklich gewachsen war. Die Hochalmspitze zum Beispiel, die war eine echte Traumtour.

Die letzten Seillängen sicherten wir.Der Grundschartner hingegen war schon wieder eigentlich ein ziemliches Brett – auch sowas, das ja irgendwie Hinz und Kunz mit Bergschuhen macht. Gruselgunde war da ehrlich gesagt ganz froh über die Kletterpatschen. Ich fands nämlich teilweise nicht ganz so pff…gääähn, und das obwohl die Tour rund zwei Franzosengrade leichter ist als das, was beim Sportklettern so geht.

Schon klar, sowas muss man einfach ignorieren, was kümmert dich denn, was die anderen machen! Weiß ich schon. Aber irgendwann kam ich ins Grübeln, ob das vielleicht ganz grundsätzlich der falsche Sport für mich ist, wenn ich mir schon Sorgen um den Zustieg mache, während andere nur mit einem gelangweilten Nebensatz die Schlüssellänge erwähnen. Und an dem Punkt war dann klar, dass hier irgendwas ganz grundlegend nicht mehr stimmt. Denn die Berge brachten mir immer Erfüllung. Und die ganzen Supernasen da draußen haben halt entweder Talent oder machen das schon Jahrzehnte, sich mit denen zu vergleichen – und mag es nur unterbewusst sein – ist nicht gut.

 

Neu kalibrieren

Über den Westgrat zur Gehrenspitze ©F. BrockeBevor mir noch die letzte Motivation genommen wird, ist es mal wieder Zeit, den Kopf freizubekommen. Wieder Lust und Selbstvertrauen zu sammeln und etwas Distanz zu all den Supercracks da draußen zu bekommen. Wieder das eigene Level finden, ganz ohne Vergleich. Wieder in die Berge zu gehen, einfach für mich und meinen Seilpartner. In Touren, die ich will, auch wenn sie so leicht sind, dass andere gähnend weiterblättern oder alle anderen das ohne Seil machen. Und wenn es nicht klappt, dann eben nicht. Und zwar ohne dann beim Heimkommen unter die Nase gehalten zu bekommen, dass Bimbo die Comici eeeecht leicht fand, Flippy mit Fluppy zum Feierabend seilfrei den Rädlergrat und Schnoppo solo in zwei Stunden die Ortler Nordwand gemacht hat.

Hauptsache mit Freunden unterwegs

Sonnenaufgang an der Nagelfluhkette.Mir egal, ich will das gerade nicht sehen. Ich freue mich an am Sportklettern mit Freunden, am Handwerkeln und Fotografieren und habe gerade keine Lust, das eigene Unvermögen in ausgesetztem Gelände ständig vor Augen geführt zu bekommen. Sechser alpin zu klettern IST okey, auch wenn bei Superflippy und Wonderbimbo ein anderes Bild entsteht. Denn, Überraschung: Es kommt (mir) nicht auf die Grade an, sondern auf die Freude, auf die Landschaft und auf die Leute. Vor allem auf die Leute. Ich bin nicht Superflippy, bei dem nur der Onsight zählt. Der Zug ist abgefahren. Freude bereitet mir häufig die kleine Tour zum Sonnenaufgang mit wirklich lieben Menschen viel mehr als der ultimative Schlaghaken-Klassiker, auch wenn dann eben mal keine spannenden Ulligunde-Artikel entstehen.

Ice, Ice!Es wird also womöglich die kommenden Wochen einfach mal ein bisschen stiller hier auf dem Blog (zumindest was Berg-berichte angeht) – danach geht es dann ziemlich sicher wieder mit frischer Motivation los. Der Eiskletterführer liegt jedenfalls schon mal auf der Couch. In diesem Sinne: Hang loose und hoffentlich bis bald!

 PS

Auf Facebook wird es weiterhin das ein oder andere Bild geben – automatische Vorprogrammierung und privat-privatem Zugang sei Dank.

 

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29 Comments

  • Reply Robert Oktober 10, 2016 at 10:09 am

    Jede Pause macht dich stärker und fokussierter.

    Eine gute Zeit.

    P.S.: alles richtig und könnte den Text 1:1 übernehmen. Muss nur Trailrunning statt klettern schreiben 🙂

  • Reply Markus Oktober 10, 2016 at 10:14 am

    Machst alles richtig! Raus aus dem Netz und das tun was dir gut tut und DIR Spass macht. Spreche aus eigener Erfahrung 🙂

    LG
    Markus

  • Reply Alex Oktober 10, 2016 at 10:21 am

    Liebe Erika,

    toller, ehrlicher Artikel!
    Ich finde es sehr mutig, dass Du umdrehst, wenn Dir nicht wohl dabei ist! Bei der Lektüre deiner Touren bekomme ich am PC schon immer Muffensausen. Ich wünsche Dir viel frische Motivation in deiner Pause!

    LG Alex

  • Reply Juergen Oktober 10, 2016 at 12:29 pm

    Hallo Erika,
    stimme dir zu: man hat es nicht einfach als Plaisierkletterer, wenn 7-jährige in der Halle nebenan 8ter zum aufwärmen klettern.
    Auch all die Sensationsmeldungen stärken nicht gerade das Sebstbewusstsein, sondern vermitteln einem das Gefühl im alpinistischen Kindergarten angesiedelt zu sein.
    Egal: das Erlebnis muss stimmen.
    Aber: ein bisschen gehts ja dann doch auch darum ob man’s ohne Panikanfälle packt, der Herausforderung gewachsen ist. Die Unsicherheit davor gehört dazu.
    Die Angst ist ein guter Ratgeber, sollte aber nicht Überhand gewinnen.
    Um es mit den Worten von Dan Osman zu sagen: „We throw ourselves from 1200 foot cliffs….to prove that we can do it…“.
    https://youtu.be/z2cXB_t9fck?t=195
    LG
    Juergen

  • Reply Martin Oktober 10, 2016 at 1:05 pm

    Hi Erika,
    ich stimme dir zu, man sollte sich nicht zu sehr stressen lassen vom dem was andere machen. War diesen Sommer auch weniger unterwegs, irgendwie hat mir das Wetter öfter einen Strich durch die Rechnung gemacht. Und dann bin ich noch Vater geworden, da verschieben sich die Prioritäten natürlich etwas. So standen dann eher gemütliche Touren im Vordergrund.

    Was man halt bei all den tollen Tourenberichten (oft) nicht präsentiert bekommt sind die Angstmomente und das Scheitern. Ich bin auch schon am Piz Palü umgedreht wegen potentieller Lawinengefahr. Hab mir auch schon überlegt in Zukunft auch öfter mal über das Scheitern bei anspruchsvolleren Touren zu berichten.

    Einen Vierer ohne Seil zu gehen ist schon verrückt, aber gerade bei leichteren Querungen stimme ich dem Facebook-Kommentar den du als Bild oben angehängt hast vollkommen zu. Wenn man sich ausgesetztes Gehgelände nicht zutraut muss man eben entweder vernünftig mit Seil sichern oder darauf verzichten. Und da finde ich es super wenn jemand zugeben kann das er es sich nicht zutraut und umdreht. Muss ja nicht immer ins Extrem gehen 🙂

    Schöne Grüße,
    Martin

  • Reply Gregor Oktober 10, 2016 at 1:23 pm

    Hi Erika,

    ich schließe mich Alex einfach mal an. Wirklich toller ehrlicher Artikel!
    Kann das sehr gut nachvollziehen, mir geht’s so ab und an schon in der Kletterhalle!

    Dir wünsche ich eine schöne „aktive“ Motivationspause“.

    Ach und selbst wenn du im neuen Jahr nicht die Winterspeedbegehung am K2 machst, lese ich deine Artikel und Berichte immer wieder gerne! 😉

    LG
    Gregor

  • Reply Nima Oktober 10, 2016 at 6:55 pm

    Hey Erika,
    ich sitze gerade lachend vorm PC, auch wenn das wahrscheinlich nicht die Absicht deines Artikels war.

    Auslöser für meine Erheiterung ist dieser Satz: „wenn ich mir schon Sorgen um den Zustieg mache“

    Ich bin erst neulich wieder auf allen Vieren zu einem Sektor gekrabbelt, während mein Freund den Weg in FlipFlops gelaufen ist. Da frage ich mich dann auch „Was mache ich hier bloß?“

    Ich klettere nicht für irgendwen da draußen, sondern für mich ganz alleine. Und wenn ich Riesenschisser eine 5 vorgestiegen bin, dann feiere ich diesen Erfolg – egal, ob andere die Route nackt, mit verbundenen Augen und ohne Seit geklettert wären 😉

    Genieß deine Auszeit 🙂
    Liebe Grüße
    Nima

  • Reply Chris Oktober 10, 2016 at 7:13 pm

    Hi Erika,

    so eine Pause kann echt gut tun! Allerdings verstehe ich deine Gründe nicht so ganz. Auf meinen Recherchen über Norwegen und der Trolltunga bin ich damals auf deinen Blog gestoßen und verfolge ihn seitdem mit Interesse.
    Allerdings war ich damals überrascht, dass Du für die Tour zu Trolltunga leichte Turnschuhe empfohlen hast. Gepaart mit deinen Handstandbildern suggeriert das eine Leichtigkeit der Tour, die aus meiner Sicht für einen Großteil der Touristen auf keinen Fall zutrifft (Was auch die Rettungseinsätze Monat für Monat zur Trolltunga zeigen). Und nun kritisierst du andere, die es im Alpenbereich ähnlich halten …

    Ich hoffe du verstehst das nicht all zu falsch – wünsche dir trotzdem viel Erholung in deiner Pause, damit es weiterhin tolle Berichte auf deinem Blog gibt 🙂

    Grüße
    Chris

  • Reply Joachim Oktober 10, 2016 at 7:13 pm

    Die besten haben kein Facebook.

  • Reply Der Fuchs Oktober 10, 2016 at 7:39 pm

    Salut Eriqua! Ich kenne das Gefühl sehr gut. Nur eben aus Wettkampfsicht. Nach dem ZUT 2014 hatte ich ein ähnliches Gefühl. Ich hab dann einfach mal fast das ganze Jahr 2015 nur die Dinge gemacht, die ich ohnehin locker gepackt hab und mir keine Gedanken zu Zeiten gemacht. Und schwupps – Motivation wieder ein.

    Eigentlich tragisch, dass man jetzt auch von den Hobbies ein ‚Sabbatical‘ braucht…

  • Reply Moritz Oktober 10, 2016 at 7:59 pm

    Ich ziehe die Hut ! Sehr gute Entscheidung !

  • Reply Astrid Oktober 10, 2016 at 8:05 pm

    Ich finde den Artikel echt super geschrieben und msl total ehrlich. Das gleiche Problem habe ich prinzipiell auch. Der Kopf ist das Problem. Und immer unter die Nase gerieben zu bekommen, wie vermeintlich schlecht man doch klettert, macht mit der Zeit mürbe. Da kann ich wirklich mit dir mitfühlen.
    Ich wünsche dir einen erfolgreichen Social media Sabbat und dass du den Spaß nicht verlierst!

  • Reply Dennis Oktober 10, 2016 at 8:11 pm

    Hey Erika,

    ein wirklich toller, ehrlicher und schon fast ergreifender Artikel!
    Ich glaube, du vergisst aber noch einen Punkt, denn viele Leute sind gerade im Netz gaaaanz groß mit Reden schwingen, in der realen Welt dann aber doch wiederum ganz klein mit Hut. Da wird im Netz geprahlt was das Zeug hält, ob das dann in der Wirklichkeit ebenfalls alles zutrifft, die Touren wirklich so leicht von der Hand gingen oder es den Flippyfloppy vielleicht eben doch auch mal gegruselt hat, das wird auch gerne mal hinten runter fallen gelassen.

    Sicher gibt es die Obercracks, die nen Vierer generell seilfrei gehen und ich bewundere das auch ein wenig, aber ebenso bewundere ich dich z. B. für die Comici und die eine oder andere Tour, von der ich hier mit schweißnassen Fingern lesen durfte. Es gibt immer bessere Leute, damit muss man klar kommen. Aber es gibt eben auch besagte Prahler.

    Und selbst wenn man sich selbst mal einscheißt bei manchen Touren, gehört das nicht ebenso dazu? Machen einen die negativen Erfahrungen, die abgebrochenen Touren und die schweren Entscheidungen nicht auch größer und reifer?
    Lieber ein Mal zu viel umgedreht oder abgebrochen und heile wieder im Tal angekommen als ein Mal zu wenig und im Heli oder der Holzkiste, denk ich mir da.

    Nichtsdestotrotz kann ich den Hals gut nachvollziehen, den du gerade zu haben scheinst und wünsche dir viele tolle, eindrucksvolle und vor allen Dingen genießerische Touren in der nächsten Zeit!

    Liebe Grüße
    Dennis

  • Reply Anni Oktober 10, 2016 at 8:18 pm

    Hi Erika,
    einfach nur danke für diesen Artikel! Es ist einfach nur erfrischend und irgendwie erleichternd und auch sehr berührend, dass jemand mal so einen Artikel schreibt. Obwohl ich beim Lesen irgendwie zuerst nur den Kopf schütteln konnte, denn ich klettere auch gerne (alpin) und kann immer deine Routen nur bewundern, die du da machst, und denke mir die ganze Zeit „nee, mit der brauchste dich nicht vergleichen, nicht auf deinem Level“ 😉 Du bist ne Heldin nicht nur für mich, sondern für ganz viele hier, egal was du selber denkst!

    Und Facebook und Co., das ist eine Scheinwelt. Man will sich am coolsten, am geilsten, am stärksten präsentieren…immer nur das beste zeigen…alles andere fällt einfach hinten runter, man könnte ja dieses Bild zerstören, Schwäche zeigen und so schlecht dastehen. Ohne jetzt die bewundernswerten Leistungen dieser Menschen schlecht machen zu wollen, bitte nicht falsch verstehen. Aber wenn solche Leute je zu kämpfen haben, sie würden es nicht öffentlich machen. Alles was dann kommt, ist ein „ja an dieser Stelle musste man schon ein bisschen kucken“….
    Ist jetzt eine Mutmaßung, aber wer weiß, wie manch „cooler“ Bergsteiger sonst durchs Leben geht und mit was er kämpft, was für dich, Erika, eine Leichtigkeit wäre. Und ich habe festgestellt, dass das einfach für alles gilt, was man so halbwegs ambitioniert betreibt. Man vergleicht sich mit den falschen und das zieht Energie aus einem selbst, die man eigentlich dafür verwenden könnte, selbst zu wachsen und besser zu werden. Ich denke ja auch immer, dass es mehr Frauen sind, an denen solche Gedanken nagen – vielleicht nur mein Eindruck 😉

    Mach einfach dein Ding weiter,ja?
    Bewundernde Grüße,
    Anni

  • Reply Steve Oktober 10, 2016 at 9:40 pm

    Hey Erika,

    „Leidenschaft“…darauf kommt es an und auf sonst nichts Anderes.
    Wenn du mit Leidenschaft einen 3er kletterst, dann hast du mehr davon als der Crack von seinem 9er den er einfach runterspult.
    So wie Robert schon schreibt, auch bei uns der Szene stellt man einen Wandel fest und dein Artikel passt sehr gut zu dem Artikel den ich gerade schreibe und beide schlagen in die selbe Kerbe.

    Man muss sich einfach fragen, für wen man das alles macht und die Antwort muss lauten:
    Für mich!

    Ich wünsche dir eine erholsame, stärkende und leidenschaftliche Pause

    Liebe Grüße aus dem Berchtesgadener Land

    Steve

  • Reply Lisa Oktober 10, 2016 at 10:45 pm

    Danke für deine Ehrlichkeit und das Lanze brechen. „Der beste Bergsteiger ist der, der am meisten Spaß hat!“

    Lg Lisa

  • Reply Bernd | KritzelKraxel.net Oktober 11, 2016 at 3:52 am

    Ich hatte den Eindruck, Du drehtest so richtig auf!
    Ach, mach einfach, brauchst ja wirklich niemanden zu fragen. Auf bald!

  • Reply Sabrina Oktober 11, 2016 at 8:20 am

    Oh wow, hier ist was los! Danke liebes Hasi! Kopf frei und los geht’s! Für Dich, nur für Dich und Deinen Seil-/Bergpartner!

    Habt viel Spaß! Bussi!

  • Reply Dani Oktober 11, 2016 at 11:32 am

    Und jetzt weisst du, warum wir nicht mehr schreiben. 😉

    Mir gehts nämlich schon seit fast einem Jahr genauso. Philip kann ein Lied davon singen, dass ich oft beim Zustieg schon so genervt und böser Vorahnung (gut ok, manchmal bewahrheitet sie sich ja auch) bin und mir teilweise die Lust am Klettern sowas von vergangen ist.
    Und ab und an läufts wieder rund und man schafft lässige Dinge. Dann freut man sich nach einer echt gelungenen Tour und irgendwo in den weiten des Netz schreiben andere wieder darüber, dass das ja eine Baby-Route ist und überhaupt und sowieso geht man das in Laufschuhen, rückwärts und ohne Seil. Man sollte sich das nicht anhören, sollte sich nicht mit Leistungen anderer messen, aber so ist der Mensch. Und man hört hin. Auf all die anderen die besser sind – die 90% der Leut, die auf dem gleichen oder niedrigeren Niveau sind, nimmt man eh nicht wahr. Unbewusst. Und fragt sich: Warum kann ich das nicht? Warum gehts bei mir nicht voran. Werde nicht besser, schneller, fitter?

    Du bist einer der ganz wenigen Blogs, die ich noch lese (Achtung Kompliment!), die Bergruppen habe ich alle weggeblendet auf FB, genauso wie alle Leute, die privat oder als „Page“ in Social Media im Dauerlauf Bergtouren posten. Ich will’s einfach nimmer sehen. Es geht nur um Grade, Schnelligkeit und natürlich war jede Tour „HAMMERMEGASUPERGEIL!“ Haben die nix anderes im Kopf, keine Freunde, keinen Sinn für Genuß? Haben die mal keine Lust? Das frage ich mich so oft. Da läuft nie was schief, keiner gruselt sich, keiner hat je Bedenken oder einfach mal einen Tag keinen Bock. Oder doch? Aber das postet man ja nicht im Internet….

    Wir waren übrigens am FR schön essen, am SA kurz 400hm laufen und dann couchen, am SO kurz joggen und dann in Museen und Kaffeetrinken in der Sonne. Soooo entspannt und schön! Am Abend zuhause dann wieder Bilder vom Großglockner. Hab mich bei kurzen Neidgefühlen und schlechtem Gewissen ertappt. Damn! Stark sein du musst! Facebook abschalten du musst…

    • Reply Dani Oktober 13, 2016 at 9:27 am

      Hab noch einen Nachtrag, weil mich das Thema auch schon so oft bechäftigt hat. 😉
      Manche Leute haben einfach ein scheiss Talent für ALLES. Es gibt so Wunderwuzzis, denen Sport (egal welcher) in die Wiege gelegt wurde und die beim ersten Mal in der Halle komplett ohne Schiss einen 5er klettern und sich sogar gleich in eine toprope 6- trauen. Da stehst dann nur daneben und die Kinnlade fällt runter. Es ist echt sehr, sehr schwer sich daneben dann nicht unzulänglich vorzukommen, sowas ist einfach demoralisierend ohne Ende. Oder Menschen, die das erste Mal mit Anfang 30 auf Ski stehen, das gleich bei einer Skitour und die dann ein Jahr später im Skiwettkampf brillieren.
      Man soll sich nicht mit anderen vergleichen, aber es ist echt sauschwer, wenn solche Beispiele mit einer Leichtigkeit an einem vorbeitanzen. Und in einer permanent vernetzten Welt hat man diese „Vergleichsmöglichkeiten“ ja täglich auch noch virtuell.
      Täglich die Leistung anderer sehen zu können, kann motivieren, es kann aber auch das Selbstvertrauen schwächen. Natürlich kommt es auf die eigene Persönlichkeit an, wie sehr man sich mit anderen messen will/soll und wie sehr man sich von den Leistungen anderer abgrenzen kann.
      Neben dem Leistungsdruck und falschem Ehrgeiz steht das eigene Selbst nicht mehr im Vordergrund, das ist schade und macht unglücklich. Und dabei leben wir in einer Welt, in der wir so viel freie Zeit haben wie noch nie, um uns zu verwirklichen und die Dinge zu tun, die wir lieben und die uns erfüllen.
      Das sollten wir wertschätzen und nützen.

      Man soll nicht wollen müssen, sondern dürfen.
      Das höchste Gut im Leben ist Glück.

      Vielleicht sollte man sich davon ein Mantra schreiben und aufs Klo hängen oder so… 😉

      Mach weiter so, denn es muss nicht besser, gruseliger oder schwerer werden, wenn das Glück während der Tour passt, dann war es eh schon goldrichtig! 🙂

      (http://www.dogehtsauffi.at/2015/03/gedanken-leistungsdruck-Freizeit.html)

  • Reply Schober Veronika Oktober 11, 2016 at 5:53 pm

    Ich denke, es ist einfach abhängig vom Motiv, mit dem ich Beiträge/Bilder/Blogs ins Netz stelle.
    Wenn ich aufzeigen möchte, welch tolle Touren ich mache und mir zutraue, dann kann es schon sein, dass mich „überlegene“ Touren anderer etwas verunsichern, mir das Gefühl geben, nicht so toll zu sein. Ein „Wettbewerbsdenken“ ist die Folge, und bei Wettbewerben kann man gewinnen oder verlieren.
    Wenn ich meine Touren poste, weil ich meine Berg-Erlebnisse und meine Freude daran festhalten und dokumentieren möchte, dann entsteht kein Erfolgsdruck. Es ist egal, welche Touren andere Menschen machen, welche Routen welchen Grades von anderen geklettert werden.
    Wenn der narzisstische Anteil als Motiv überwiegt, dann wirst du die Freude am Bloggen verlieren – weil es immer jemand gibt, der besser ist. Wenn du das Bloggen als Dokumentation deiner Bergerlebnisse, als dein „Tagebuch“ – quasi für dich, deine Freunde, an deinen Touren Interessierte – betrachtest, wirst du weiter große Freude daran haben.

    • Reply ulligunde Oktober 13, 2016 at 9:57 am

      Hi Veronika,
      vielen Dank für Deine Zeilen! Es ist schon immer so, dass ich meine Artikel veröffentliche, weil ich einfach gerne schreibe – es geht in keiner Weise um Leistung – dafür gibt es auch zu wenig vorzuweisen 😉 . Und trotzdem bin ich in diese Sache reingeraten, was mich umso mehr ärgert. Ich glaube, dass es im Menschen selbst liegt, sich zu vergleichen, selbst wenn man es nicht will. Das auszublenden fällt zumindest mir scheinbar manchmal schon schwer. Aber jetzt weiß ich immerhin, woran ich arbeiten möchte.

      Liebe Grüße!

      Erika

  • Reply Manu Oktober 12, 2016 at 6:51 am

    Toller Artikel und mir geht es wie Dani. Ich habe die ganzen Blogs abgemeldet, weil ich es für mich machen will. Nicht für andere.
    Umdrehen ist keine Schande auch wenn es 50hm vorm Gipfel ist.
    Was zählt ist das Erleben und die Menschen die einen begleiten.

  • Reply Thomas Oktober 12, 2016 at 9:30 am

    Hallo Ulligunde,

    Schöner Artikel, kann deine Eindrücke aus dem Netz und Facebook auch teilen, allerdings steht es doch jedem frei, sich seine Touren selbst auszusuchen, das zu machen, was einem Spass macht und manchmal auch die Dinge, die einen (über)fordern. Nur so kann man ja auch wachsen. Mit deiner Selbständigkeit und deinem Blog ist es natürlich nochmal eine andere Situation.
    Eine Auszeit ist aber manchmal mehr Wert als jede Tour… manchmal muss man auch Touren einfach für sich machen, nicht für Facebook und nicht für den Blog. und manchmal auch einfach Touren zum Entspannen 😉 Wünsch dir eine gute Zeit und etwas Entspannung!

    Liebe Grüße
    Thomas

  • Reply Michael Prittwitz Oktober 13, 2016 at 12:53 am

    Liebe Erika, mir gefällt Dein Blogpost und ich kann ihn soooo gut nachempfinden. Auch die Antwort von Dani fällt in diese Sparte. Wir spielen ja inzwsichen in einer anderen Liga, sind gerade erstmals Großeltern geworden (so ein Neugeborenes berüht doch sehr), und haben nach den (bewegungsmäßig!) faulen Tagen in Barcelona heute endlich mal wieder die Bergschuhe angezogen udn sind bei Nebel und beginnendem Regen auf einen wunderschönen und völlig unbedeutenden 1700m hohen Gipfel im Hinterland der Stadt gestiegen, sind sogar ein bisschen in wunderschönem Gneis geklettert.
    Viele Tourenwünsche sind dieses Jahr unerfüllt geblieben, und ein gesundheitliches Problem meinerseits (man wird halt älter) wird uns da auch noch ein wenig bremsen. aber es waren auch tolle Touren dabei und letztlich sind wir dankbar für den schönen Bergsommer.
    In Chile haben wir 2015 gelernt, dass es ein großes Glück ist, einfach los laufen, los steigen zu können, keinen Vortrag der durchaus netten Guardas beim Eintritt in einen Nationalpark anhören zu müssen, nicht vor Stacheldrahtzäunen, die riesige (für uns hier unvorstellbar große) Privatgrundstücke umzäunen, nicht auf der Autobahn joggen zu müssen, einfach am Abend um halb zwölf entscheiden, wohin wir morgen wollen – oder vielleicht auch einfach ausschlafen und später ein wenig laufen. Alles so kleine Highlights, die unser Leben bereichern. Und die (für uns!) großen Touren, die es dann doch immer wieder gibt, sind halt die Zuckerl, der Suchtstoff, der abends beim Glas Rotwein wieder unrrealistsch große Pläne schmeiden lässt …
    Einige Gedanken, die Dein Artikel in mir angeregt hat. Ähnlich wie Dani lese ich nur noch sehr wenige Blogs regelmäßig: Danis http://www.dogehtsauffi.at, Steve Auchs http://www.uptothetop.de und Deinen! Alles sehr persönliche und ehrliche, sehr liebevoll geschriebene und mit tollen Bildern illustrierte Webprojekte.

    Liebe Grüße, schaff‘ Dir ein bisschen Abstand – und mach‘ ansonsten weiter so!

    Michael

  • Reply Tom Oktober 13, 2016 at 11:18 am

    Letztes Wochenende war Hawaii und die Anzahl der Blogbeiträge in meinem Feed entsprechend gigantisch. Die schreiben dann auch bei den Trainingseinheiten einfach von einem anderen Niveau. Die sind auf der Langdistanz dann halt mal alle eine oder zwei Stunden schneller als ich, von den Pros ganz zu schweigen. Davon muss man sich einfach frei machen. Schön wenn die das können, für einen selbst heißt es eben, sich dort zu bewegen, wo man sich wohl fühlt oder die Leisungsgrenze liegt. Weder musst du denen was beweisen, noch musst du sie dafür bewundern, was sie können. Mach deine Dinger und schreib weiter. Deine Leser sind ja bei dir, weil du eben nicht so bist, wie FlippiFloppi.

  • Reply Stefan Oktober 13, 2016 at 7:47 pm

    Hallo,

    Ist ja auch ganz klar, dass mal im Herbst die Lust vergeht und man es ein wenig ruhiger angeht! Ich bin nicht in Deinen Schwierigkeitsgraden unterwegs, aber hochtourenmässig hab ich schon einiges gemacht. Ich hab diesen Sommer 12h lang Similaun und Hintere Schwärze überschritten und danach beinahe einen fatalen Steinschlag mitansehen müssen (wenn es interessiert, hier ist der Bericht: http://www.austrianmountainnews.at/similaun-und-hintere-schwaerze-ueberschreitung/

    Danach waren die Akkus leer uns ich habe zum Seekajakfahren angefangen! Total entspannend und trotzdem Bewegung. Blogger wie wir haben ja auch immer den Stress, mit tollen Fotos und Berichten zurückzukommen!

    Kein Stress! Deine Berichte und die Seite ist wirklich toll! Manchmal muss man auch auf sich schauen!

    LG, Stefan

  • Reply STEFF Oktober 17, 2016 at 11:45 am

    Sehr wahre Worte von einer ganz starken Frau, Bergsteigerin und Kletterin.
    Liebe Ulligunde 🙂 stehts „Berg heil“ und weiter so. Du hast das Pappnasengeschwafel nicht nötig.

    Und wie sagte mein grosses Bergsteigervorbild: „Man muss kein guter Bergsteiger werden sondern ein alter“.

    Sollen doch alle überheblich durch die 3.000 oder 4.000 rennen – irgendwann verzeiht der Berg keinen Fehler mehr. Und übrigens schreiben und sagen kann man im „ich-bin-wichtig-Portal“ vieles, dabei waren ja die Leser nicht.

    Gute Zeit und ich freu mich von Dir zu lesen. Vg…

  • Reply Hannes Oktober 19, 2016 at 2:38 pm

    Ich hoffe, Du machst dann aber nicht nur vom Schreiben eine Pause, sondern vor allem vom Lesen bei all den Wunderwuzzis.

    Ich lese kaum Bergblogs – Deiner ist einer der wenigen, die ich interessant finde, gerade weil Du Erlebnisse transportierst und auch offen über Schwächen schreibst. Ohne Angst, Zweifel und Erschöpfung ist Bergsteigen wie normaler Sport: Laufen, Bodenturnen oder so was. Dementsprechend uninteressant finde ich die klassischen Wunderwuzzi-Berichte.

    Wie schon in einem anderen Kommentar erwähnt ist natürlich auch zweifelhaft, ob all diese Supertypen wirklich nie Angst haben. Falls sie es sich nicht zuzugeben trauen, ist das traurig. Und falls sie wirklich nie angst haben, dann gehen sie auch nie an ihre persönlichen Grenzen? Und macht nicht das das Bergsteigen aus? Dass man – unabhängig von der absoluten Schwierigkeiten – seinen Komfortbereich verlässt und sich dadurch erst so richtig selbst kennen lernt?

    Auf jeden Fall wünsche ich Dir gute Erholung. Und uns, dass du die Freude am Schreiben wiederfindest. Schade genug, dass Dani ihren Blog eingestellt hat.

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